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Jahr des Tigers: Was die Märkte zum chinesischen Neujahr erwartet

Mit Blick auf die Unsicherheit an den Märkten müssen Investoren im Jahr des Tigers umsichtig agieren. Eine Analyse von Ninety One zeigt aber auch, dass das Jahr reichlich Chancen birgt.

© Steve Munro / stock.adobe.com

Welche Entwicklungen im (laut chinesischen Horoskop) "Jahr des Tigers" auf Investoren zukommen könnten, erklären drei Fondsmanager von Ninety One:

Für Philip Saunders, Co-Head of Multi-Asset Growth, Ninety One, hat sich die Geschwindigkeit, mit der die chinesische Regierung handelt, grundlegend geändert. Xi Jinpings neue Agenda, die 2020 formuliert wurde, muss bis vor dem 20. Parteitag im Herbst dieses Jahres umgesetzt werden. Die fünf postulierten Richtungswechsel (siehe weiter unten) sorgten 2021 für Unsicherheit und wirkten sich negativ auf chinesische Aktien aus. Die Konjunktur blieb angetrieben durch die lebhafte Exportnachfrage stark, zeigte aber Anzeichen einer wesentlichen Verlangsamung in der zweiten Jahreshälfte.

Die fünf neuen Prioritäten:
Einkommens-/Vermögensverteilung: Der Vorstoß in diesem Bereich wird durch die Formulierung "allgemeiner Wohlstand für alle und eine gleichmäßigere Verteilung des Reichtums" festgehalten.
Umwelt: China verfolgt eine grüne Agenda. Das Land hat sich verpflichtet, bis 2030 den maximalen Kohlenstoffausstoss und bis 2060 Kohlenstoffneutralität zu erreichen.
Nationale Sicherheit und wirtschaftliche Unabhängigkeit: Dies zielt darauf ab, die chinesische Wirtschaft stärker auf den inländischen Produktions-, Vertriebs- und Verbrauchskreislauf zu fokussieren, anstatt auf ausländische Märkte und Technologien. Das zeigt auch das Streben nach Unabhängigkeit im Technologie- und Energiebereich.
Finanzielle Risiken eindämmen: Pekings Bestreben, ein größeres Finanzdebakel zu verhindern, steht hinter dem harten Durchgreifen gegen einzelne Sektoren. Dazu zählen unter anderem das Bankenwesen, Kryptowährungen und die Immobilienbranche.
Anti-Monopolismus und Regulierung: Dieser Ansatz hat zu einem harten Durchgreifen in Bereichen wie Bildung und Internet geführt.

Die Prioritäten stehen zwar fest, aber das Tempo noch nicht. Ende 2021 hat sich die chinesische Regierung stark auf die Stabilisierung des Wachstums konzentriert, so dass drei der fünf Prioritäten – allgemeiner Wohlstand, Eindämmung finanzieller Risiken und Anti-Monopolismus – wahrscheinlich weniger Gewicht erhalten werden. Im Gegensatz dazu werden die Anstrengungen, die Binnenwirtschaft zu stärken, fortgesetzt. Zudem werden Investitionen in Umwelttechnik das Wachstum erheblich beschleunigen und unterstützen", merkt Saunders an.

Binnenmarktfokussierte Unternehmen kaufen
Für Wenchang Ma, Co-Portfoliomanager, All China Equity, haben Aktien ausgewählter chinesischer Unternehmen, die in erster Linie den Binnenmarkt bedienen, das Potenzial, sich im kommenden Jahr relativ gut zu entwickeln.

Erstens sehe das makroökonomische Umfeld günstiger aus. Nachdem sich die chinesische Wirtschaft von dem anfänglichen Ausbruch des Rinderwahns erholt hatte, hat sie eine schwierigere Phase durchlaufen. Eine Politik des Schuldenabbaus führte zu einer Abwicklung unter einigen hoch verschuldeten Immobilienentwicklern, während ein langsameres Investitionswachstum – in Verbindung mit Energieengpässen und gelegentlichen lokalen Covid-Lockdowns – zu einer stärkeren Konjunkturverlangsamung führte, als das viele erwartet hatten. "Nun aber dürfte die Umstellung der chinesischen Politik hin zu einer stärkeren Unterstützung der Binnenwirtschaft den chinesischen Aktien Rückenwind geben", sagt Ma.

Innerhalb der Anlageklasse kann die Konzentration auf den Binnenmarkt orientierte chinesische Unternehmen ein kluger Weg sein, um eines der wahrscheinlich grössten Risiken dieses Jahres zu umgehen – das mögliche Wiederaufflammen der geopolitischen Spannungen, insbesondere mit den USA. Sollten Washington und Peking in Fragen des Handels und der nationalen Sicherheit die Klingen kreuzen, sind auf den Binnenmarkt ausgerichtete Unternehmen wahrscheinlich besser geschützt als Exporteure.

Ma warnt: "Allerdings ist bei den Bewertungen Vorsicht geboten. Einige chinesische Unternehmen werden zu überhöhten Multiples gehandelt, die weit über ihrem Gewinnpotenzial liegen. Mit Blick auf die sich verbessernde Gewinndynamik und das zunehmende Marktinteresse an einer breiteren Palette von Aktien sowie vor dem Hintergrund des wirtschaftlichen Aufschwungs dürften sich jedoch gute Gelegenheiten ergeben."

"Tigerhaftes" Vertrauen könnte angebracht sein
Charlie Dutton, Portfoliomanager, Asia Pacific Franchise, erklärt: "Zuversicht ist eine der bemerkenswerten Eigenschaften von Menschen, die in Tigerjahren geboren wurden. Investoren in Chinas Technologiesektoren und anderen Bereichen sollten 2022 mehr davon spüren. Das harte Durchgreifen der Regulierungsbehörden in den Bereichen Technologie, Bildung und anderen Branchen hat in den vergangenen zwölf Monaten selbst die Nerven der standhaftesten Investoren auf die Probe gestellt. Aber jetzt, wo sich der Staub gelegt hat, lassen sich die wirtschaftlichen Auswirkungen der neuen Vorschriften abschätzen."

In dem Masse, in dem der kurzfristige regulatorische Lärm verstummt, rücken die langfristigen Treiber des strukturellen Wachstums wieder in den Fokus. Diese Trends – darunter der steigende Wohlstand und die Ausweitung der Mittelschicht, die Digitalisierung und Chinas Bestreben nach Eigenständigkeit in bestimmten Technologiesektoren – sind nach wie vor intakt und bieten daher weiterhin Rückenwind für ausgewählte chinesische Unternehmen.

"Als qualitätsorientierte Aktienanleger finden wir weiterhin starke chinesische Titel, insbesondere in den Bereichen Gesundheitswesen, IT und Konsumgüter. Die insgesamt schlechte Stimmung gegenüber chinesischen Aktien im Jahr 2021 führte dazu, dass Anlegerinnen und Anleger weltweit ihre Risikobereitschaft gegenüber China reduzierten. Das hat bei einigen Titeln Gelegenheiten eröffnet, auf die sich selbstbewusste Tiger stürzen können", erklärt Dutton abschließend. (aa)

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