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Investoren fühlen sich an die Handelstage vor Lehman-Kollaps erinnert

Immer niedrigere Liquidität und Kursrückgänge auf breiter Front zu Anfang dieser Woche wecken Erinnerungen an die schwierigen Handelstage vor dem Kollaps der Investmentbank Lehman Brothers im Herbst 2008.

© Eisenhans / stock.adobe.com

Die Finanzmarktverluste am Montag waren gigantisch. Nicht nur die Aktienmärkte fielen. Auch der Blick auf Anleihemärkte und Kreditausfall-Swaps zeigten Verwerfungen, die selbst gemessen an der bisherigen Volatilität dieses Jahres einzigartig waren, hält Bloomberg in einem Marktbericht fest. “Ich klebte am Bildschirm”, sagte Quincy Krosby, Chef-Aktienstrategin bei LPL Financial, in einem Interview. Sie wollte nur noch eins: Dass die Sitzung vorbei ist.

Die Anleihekurse fielen in den Keller. Bei zweijährigen US-Treasuries war der Kursverfall so stark, dass die Rendite um 29 Basispunkte noch oben schoss. Seit Donnerstagabend ist sie um 54 Basispunkte geklettert. Einen so starken Anstieg binnen zwei Sitzungen gab es seit 2008 nicht. Dies verdeutlicht den Umschwung in den Markterwartungen, in welche Höhen die Federal Reserve die Zinsen heben wird, wie nachfolgende Grafik zeigt:

Stark steigende Renditen bei zweijährigen US-Staatsanleihen

Schwacher Wochenauftakt
Im US-Börsenbarometer S&P 500 fielen am Montag alle Aktien bis auf fünf. Mit einem 3,9 Prozent leichteren Schluss kam der Index seit seinem Hoch vom Januar auf eine Einbuße von mehr als 20 Prozent, was einen Bärenmarkt signalisiert. Der Nasdaq Composite sackte am Montag ebenfalls stark ab.

Am Dienstagmorgen ging an den Börsen in Asien der Ausverkauf weiter. Der MSCI Asia-Pacific fiel um mehr als 1,5%.

Erste Segmente trocknen aus
Kryptowährungen stürzten so heftig ab, dass die beliebte Kreditplattform Celsius die Abhebungen einfror, um eine moderne Art von Bank Run zu verhindern. Bei den Währungen der alten Schule kletterte der US-Dollar-Index auf den höchsten Stand seit fast zwei Jahrzehnten, da die Anleger Sicherheit suchen.

„Die Liquidität am Markt ist schlechter als vor Lehman“, sagt Christian Hofmann, Portfoliomanager bei Thornburg Investment Management, mit Blick auf die dunklen Tage des Jahres 2008. “Wenn der Markt nicht über Liquidität verfügt, kann er sehr schnell durchsacken.“

Nachdem die US-Inflationszahlen am Freitag noch höher ausgefallen sind als befürchtet, geht am Markt die Erwartung um, dass die Fed ihre Geldpolitik so stark straffen muss, dass die Wirtschaft in die Rezession abgleitet.

75 Basispunkte Zinserhöhung in den USA?
Ökonomen von JPMorgan Chase & Co, Goldman Sachs Group und Nomura Holdings Inc. schlossen sich am Montag ihren Kollegen von Barclays und Jefferies mit der Prognose an, die US-Notenbank werde die Zinsen am Mittwoch um 75 Basispunkte anheben, was der größte Zinsschritt seit 1994 wäre.

Der Markt für Staatsanleihen dient inmitten der Unsicherheit nicht als Zufluchtsort, sondern hat sich zum Katalysator für den globalen Markteinbruch entwickelt. Schlechte Liquidität, Panikverkäufe und Nachschussforderungen hätten zum Kurssturz vom Montag beigetragen, meint Subadra Rajappa, Leiterin der US-Bondstrategie bei der Societe Generale. Vollständig erklärbar sei der Ausverkauf damit aber nicht.

Rajappa verbrachte den Montag im Homeoffice damit, Anrufe von Kunden zu beantworten und in internen Videomeetings die Lage zu besprechen. “Die Leute versuchen zu verstehen, was hinter diesen großen Schwankungen steckt”, sagte Rajappa. “Wissen tun wir es nicht wirklich.” (aa)

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