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Inflation? Sagen Sie nicht, Isobel Lee hätte nicht gewarnt!

Isobel Lee hat einige der schwierigste Phasen des Rentenmarkts miterlebt - vom Ende des Kalten Krieges bis zur globalen Finanzkrise. Für alle, die derzeit versuchen, ihre Portfolios durch die abklingende Pandemie zu navigieren, hat sie einen einfachen Rat: Selbstkritik.

Isobel Lee, Head of Fixed Income Bonds bei Insight Investment
Isobel Lee, Head of Fixed Income Bonds bei Insight Investment© Insight Investment

“Wir sind uns bewusst, dass dies eine beispiellose Situation ist - keiner von uns hat so etwas jemals erlebt”, sagt die Chefin des Portfolio-Bereichs Staatsanleihen beim Vermögensverwalter Insight Investment, der Aktiva von einer Billion US-Dollar betreut. “Also müssen wir demütig sein und anerkennen, dass unser Urteil falsch sein kann.”

Demut zu zeigen, kann nicht falsch sein
Ein Jahr nachdem die Pandemie die Weltwirtschaft in den tiefsten Abschwung seit Generationen getrieben hat, versuchen Anleiheinvestoren zu verstehen, wie sich die geldpolitischen Anreize und 20 Billionen US-Dollar an globaler Verschuldung im Finanzsystem niederschlagen werden. Experten wie Bond-Bulle Steven Major von HSBC haben bereits Fehleinschätzungen eingestanden und erklärt, der Markt habe sie Demut gelehrt.

Rückkehr der Inflation: dauerhaft oder nur temporär?
Das Hauptproblem ist die Frage, ob die mit der Wiederöffnung der Wirtschaft einhergehenden Preisanstiege dauerhafter Natur sein werden. Die Fed steht auf dem Standpunkt, dass sie ein vorübergehendes Phänomen sein dürften. Die US-Verbraucherpreise haben im April so stark zugelegt wie seit 2009 nicht mehr. Laut den Projektionen der Fed-Geldpolitiker könnte die Zentralbank die Zinsen bis mindestens 2023 unverändert lassen. Händler sind davon allerdings nicht überzeugt. Die Finanzmärkte preisen bereits eine gewissen Straffung Ende 2022 ein und eine Zinsanhebung um 25 Basispunkte bis März 2023, berichtet Bloomberg.

Nach der Finanzkrise habe sie den Fehler gemacht, darauf zu setzen, dass die Anleiherenditen aggressiver ansteigen würden, als die Märkte es damals impliziert hatten, so Lee. Auch dieses Mal sei die Situation womöglich schwieriger als gedacht.

Inflationssorgen
Die Rendite der US-Benchmark-Anleihen ist zu Beginn der Pandemie im vergangenen März auf ein Rekordtief von 0,31 Prozent gefallen. In diesem Jahr kletterte sie dann auf 1,77 Prozent, da Händler darauf wetten, dass die Inflation anhalten wird.

Lee sieht Zehnjährige unter einem Prozent Rendite
Lee indessen geht davon aus, dass die zehnjährigen Renditen eher dauerhaft unter ein Prozent fallen dürften als sich über drei Prozent festzusetzen. Der seit Jahrzehnten bestehende deflationäre Druck sei nicht verschwunden. Dabei verweist die Expertin, die in den 1990er Jahren bei der UBS im Bereich Bond Sales tätig war, auf zunehmende Automatisierung, alternde Bevölkerungen und sinkende globale Produktivität.

Es werde “Jahre dauern, bis wir eine Normalisierung über den Bereich von zwei bis drei Prozent hinaus sehen”, in den es nun hoffentlich gehe, sagt Lee, die an der Universität Oxford in Mathematik promoviert hat, im Talk mit Bloomberg. “So ziemlich jedes Land hat eine Schuldenlast, die Unternehmen oder Haushalte nur schwerlich bedienen könnten, wenn die Renditen nur um bescheidene Beträge anstiegen.”

Lees Strategie
Wenn nötig “eine aktive Position aussitzen”, statt Verluste zu riskieren. Sie hat die meisten übergewichteten Positionen in inflationsgeschützten Anleihen geschlossen.

Straffung 2023
Angesichts der Suche nach Schutz vor Teuerung ist die Rendite fünfjähriger inflationsindexierter US-Treasuries diesen Monat auf einen Rekordwert von minus 2,005% Prozent gefallen (siehe Grafik). Einige dieser Wertpapiere im Segment seien “zu diesem Zeitpunkt wirklich voll bewertet”, sagte Lee.

Lee ist auch untergewichtet in Gilts aufgrund ihrer Ansicht, dass die britische Wirtschaft nach der aggressiven Impfkampagne expandieren dürfte.

Anhaltende Inflation könnte ein Wunschtraum sein
In den USA schaut Lee auf Konjunkturdaten und der Fed genau auf den Mund, um ihre nächsten Schritte zu setzen. Die hinter den Erwartungen zurückgebliebenen US-Beschäftigungsdaten für April stützen ihre Ansicht, dass anhaltende Inflation ein Wunschtraum sein könnte, während die Fed die Diskussion über das Ende der quantitativen Lockerung bis 2021 aufschieben könnte.

“Falls es nicht zu einem massiven Inflationsschub kommt, ist es schwierig, einen Rahmen vorherzusehen, in dem wir vor dem ersten Halbjahr 2023 Zinserhöhungen bekommen”, so Lee. “Die Ära niedriger Realrenditen und niedriger Erträge könnte sich eher früher als später neu manifestieren.” (kb)

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