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Immobilienaktien: Das Ende der Malaise ist noch nicht in Sicht

Die Negativschlagzeilen für den Immobiliensektor reißen in Deutschland nicht ab. Aktuell teilte das Statistische Bundesamt mit, dass im März 2023 fast ein Drittel weniger Baugenehmigungen für Wohnungen erteilt wurden als im Vorjahresmonat, was durchaus als dramatisch interpretiert werden darf.

Marc Decker, Leiter Aktien bei Quintet Private Bank, der Muttergesellschaft von Merck Finck
Marc Decker, Leiter Aktien bei Quintet Private Bank, der Muttergesellschaft von Merck Finck© Quintet Private Bank

Gleichzeitig rutschten die Preisniveaus in Detschland am Immobilienmarkt auch in den Regionen und Städten ab, die die letzten Jahre zu den Hauptprofiteuren des Immobilienbooms gehörten.

Die Krise des Sektors hierzulande zeigt sich also vor allem in den Wohnimmobilien
Aber auch bei Gewerbeimmobilien hält Vorsicht Einzug. Die Gründe sind vielschichtig, aber hängen natürlich auch am strukturellen Wandel, wie dem geringeren Bedarf an Büroflächen aufgrund des zunehmenden Homeoffice-Arbeitstrends. Zwar sind bis einschließlich 2022 die Büromieten laut dem Institut der Deutschen Wirtschaft noch teils deutlich gestiegen – allein im Jahr 2022 um 5,9 Prozent - und zeigten sich damit überraschen robust, aber die strukturellen und makroökonomischen Herausforderungen empfehlen diesen Subsektor nicht für ein Investment. Gerade beim Thema Gewerbeimmobilien scheint sich das alte Mantra „Lage, Lage, Lage“ wieder zu bewahrheiten, so dass Premiumlagen in New York oder Paris nach wie vor gut unterstützt und nachgefragt werden.

Bei Wohnimmobilien findet bereits eine Marktbereinigung statt
Dabei passen sich die Preise an die veränderten Rahmenbedingungen an. "Nach jährlichen Steigerungen von circa fünf Prozent seit dem Jahr 2005 gingen im vierten Quartal 2022 die Preise für Wohnimmobilien erstmals seit einer Dekade zurück. Weil aber der durchschnittliche Preisrückgang von 3,6 Prozent die nachteiligen Effekte, wie die massiv gestiegenen Herstellungs- und Finanzierungskosten, noch längst nicht kompensiert, rechnen wir mit weiteren deutlichen Preisrückgängen im Jahresverlauf", sagt Marc Decker, Leiter Aktien bei Quintet Private Bank, der Muttergesellschaft von Merck Finck.

Börsennotierte Immobilienfirmen unter Beobachtung
Diese Entwicklungen gehen natürlich auch an börsennotierten Immobilienkonzernen wie Vonovia, TAG oder LEG nicht spurlos vorbei. So dürfte die Hauptversammlung von Vonovia sehr spannend werden, da die Stimmung der Aktionäre ohnehin schon sehr schlecht ist. Die hohen Wachstumsraten, aber auch die hohen Wachstumsziele wurden kassiert. Gerade das fremdfinanzierte Wachstum der letzten Jahre fällt diesen Gesellschaften auf die Füße, da die hohen Verschuldungsgrade sich nun aufgrund der höheren Zinsniveaus deutlich negativ in den Bilanzen widerspiegeln. Zwar verfügen diese Gesellschaften aufgrund struktureller Faktoren – wie zu wenig zur Verfügung stehender Wohnraum zu erschwinglichen Preisen, gesundes Mietwachstums und historisch niedrige Leerstände – über einen guten Kapitalzufluss. "Steigende Kosten im Unterhalt der Einheiten, energetischer Sanierungsbedarf, die angesprochenen höheren Aufwendungen für Fremdkapital, die fehlende Wachstums-Story und nicht zuletzt die Bewertungsabschläge auf die gehaltenen Immobilien-Assets sorgen aber für deutlichen Druck auf die Kurse dieser Gesellschaften. Eine aus der Sicht des Marktes offensichtlich suboptimale Kommunikation von Dividendenkürzungen oder -aussetzungen sorgte für weitere Volatilität", analysiert Marc Decker.

Der Fall Vonovia
Vonovia konnte zwar zuletzt den Verschuldungsgrad durch den Verkauf von Einheiten deutlich reduzieren und so vermitteln, dass eine Kapitalerhöhung nicht unmittelbar droht. Aber für einen Verkauf von 1.350 Einheiten in Berlin, München und Frankfurt mit einem Volumen von 560 Millionen. Euro an CBRE Investment Management musste Vonovia einen Abschlag von zirka sieben Prozent auf den Buchwert in Kauf nehmen. Darüber hinaus gab das Unternehmen den Verkauf einer Minderheitsbeteiligung an seinem "Südewo"-Portfolio an Apollo bekannt. Dass im Rahmen der gedrückten Stimmung am Immobilienmarkt für Immobilienkonzerne diese Transaktionen überhaupt stattgefunden haben, ist trotz der Bewertungsabschläge als positives Signal zu werten.

Weitere positive Signale sieht man bei Merck Finck von der Zinsfront
Decker dazu: "Wir gehen davon aus, dass die Höchststände bei den Zinsen mehr oder weniger erreicht sein sollten. Dies sollte perspektivisch Immobilienaktien wieder unterstützen. Auch gehen wir nicht von einem Platzen der „Immobilienblase“ in Deutschland aus, da gerade der strukturelle Mangel an Wohnraum hierzulande unterstützend wirken sollte. Dennoch ist der Silberstreif am Immobilienhimmel noch nicht in Sicht. Umso mehr gilt es zu differenzieren: Für die verschiedenen Marktsegmente – Gewerbe-, Büro-, Wohn-, oder Spezialitätenimmobilien – gibt es unterschiedliche Treiber, aber keine „One-Size-Fits-All“-Lösung. (kb)

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