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Klimapaket: ifo sieht Licht und Schatten, cep Weichen falsch gestellt

Das ifo Institut sieht im Klimapaket, das das Klimakabinett heute in Berlin vorgestellt hat, Licht und Schatten. Die CO2-Bepreisung über Zertifikate sei der richtige Weg.

Die Vorgabe von festen CO2-Preisen bis 2025 sei jedoch mit einem funktionierenden Zertifikatesystem unvereinbar, außerdem seien die Preise zu gering. Zudem dürfe man sich nicht in einzelnen flankierenden Maßnahmen mit unklarer Wirkung verzetteln, so das ifo in einer ersten Stellungnahme zu den Ergebnissen der Klimakabinettssitzung in Deutschland.

Verkehr und Gebäude in die die CO2-Bepreisung miteinbezogen
„Es ist gut, dass die CO2-Bepreisung im Mittelpunkt des Klimapakets steht und nun Verkehr und die Gebäude einbezogen werden. Gleichzeitig ist es richtig, einen Ausgleich für diejenigen herzustellen, die überproportional betroffen sind“, sagt Karen Pittel, Leiterin des Bereichs Energie, Klima und Ressourcen am ifo Institut. „Aber wenn der Preis für die Zertifikate tatsächlich bis 2025 festgelegt wird, wäre dies eine Mogelpackung. Da die CO2-Menge nicht beschränkt wird, geht der eigentliche Vorteil eines Emissionshandelssystems verloren. Wenn die Preise zudem zu niedrig sind, ist kaum mit einer substantiellen Reduktion der Emissionen zu rechnen“, mahnt sie. Ein Preiskorridor mit einem Mindest- und Höchstpreis oder der vom ifo vorgeschlagene Flexpreis-Mechanismus sei deutlich wirkungsvoller.

Ergänzungsmaßnahmen sind teuer und kosten Effizienz
„Problematisch am Klimapaket ist außerdem, dass viele ergänzende Maßnahmen getroffen wurden, die teuer sind und die Effizienzwirkungen des CO2-Zertifikatehandels beeinträchtigen können. So ist die Kombination aus dem Verbot von Ölheizungen und einem Zertifikatehandel für den Gebäudesektor inkonsistent. Positiv zu beurteilen, ist der geplante Ausbau des ÖPNV“, sagt Clemens Fuest, Präsident des ifo Instituts. Wichtig sei Verlässlichkeit. „Die Politik muss die zulässige CO2-Menge limitieren, dann aber möglichst viel Freiheit schaffen. Nur so erfolgen hinreichend private Investitionen und Technologien, die zur CO2-Reduktion beitragen“, erklärt Fuest und ergänzt: „Klimaschutz ist eine gesamtgesellschaftliche Aufgabe. Deswegen wäre ein echter parteiübergreifender Konsens wünschenswert, der über die Legislaturperiode hinaus wirkt und für verlässliche Rahmenbedingungen sorgt.“

cep zum Klimapaket: Weichen falsch gestellt!
Dr. Martin Menner (Bild links), Klimaexperte am cep (Centrum für Europäische Politik in Freiburg im Breisgau) sagt: „Pillepalle dürfe es in der Klimapolitik nicht mehr geben, hatte Bundeskanzlerin Merkel gefordert. Mit dem Klimapaket wurde sie ihrem eigenen Anspruch jedoch nicht gerecht. Das Klimapaket ist eine Mogelpackung, ein Sammelsurium aus ineffizienten Vorschriften, Verboten und Subventionen und kaum ein Paradigmenwechsel in der Klimapolitik. Zwar ist der Einstieg in eine CO2-Bepreisung durch einen Emissionshandel grundsätzlich richtig, aber die Ausgabenorgie aus Kaufprämien für Elektroautos oder Abwrackprämien für Ölheizungen degradiert ihn vom zentralen Steuerungsinstrument zum Anhängsel."

Bei Ausgestaltung des Emissionshandels die Weichen falsch gestellt
Der Einstieg in den Emissionshandel durch einen moderat ansteigenden Festpreis ist nur sinnvoll, wenn die Gültigkeit der Zertifikate auf die bis 2026 geplante Übergangsphase begrenzt wird. Sonst gibt es einen Ansturm auf die billigen Zertifikate, so dass später das Preissignal zu schwach ist.

Übergang zu Emissionshandel mit freier Preisbildung muss sehr viel schneller erfolgen
Dies soll nicht erst nach 2026 geschehen. Deutschland dürfe nicht warten, bis der Verkehrs- und Gebäudesektor in das bestehende Emissionshandelssystem (EU-ETS) integriert werden könne, so Martin Menner. Und weiter: "Ein vom EU-ETS getrennter – also ‚geschlossener‘ – Emissionshandel bleibt vorläufig notwendig. Nur so können Emissionspreissteigerungen aufgrund einer preisstarren Nachfrage in den Verkehrs- und Gebäudesektoren nicht auf den Preis im EU-ETS durchschlagen. Andernfalls würden Unternehmen wegen der Nachfrage höhere Klimaschutzkosten und damit Nachteile im globalen Wettbewerb erleiden, sowie insgesamt die globalen CO2-Emissionen steigen (Carbon Leakage)."

CO2-Mindest- und Höchstpreis unangemessen
Damit der Emissionshandel kosteneffizient und effektiv wirkt, machen ein CO2-Mindest- und Höchstpreis keinen Sinn. Ein Mindestpreis verteuert unnötig die Erreichung des CO2-Reduktionsziels, ein Höchstpreis gefährdet sie, weil die resultierende überschüssige Nachfrage über zusätzliche Emissionsrechte befriedigt werden müsste. Bei einem zu niedrig gesetzten Höchstpreis folgt auch ein Ansturm auf Zertifikate. Besser als ein ‚Höchstpreis als soziale Haltelinie‘ ist eine sozial gestaltete Rückverteilung der Einnahmen aus dem Emissionshandel.

Über die Rückverteilung der Einnahmen
Zudem mag eine Rückverteilung der Einnahmen über eine Senkung der Energiekosten zwar angesichts der hohen Strompreise in Deutschland sinnvoll erscheinen, ist aber klimapolitischer Unfug. Wie können Bürger so zum Stromsparen gebracht werden? Im Gegenteil: Es steigt die Nachfrage nach Energie! Warum lernen wir nicht von den Schweizern? Dort geschieht die Rückverteilung der Einnahmen Pro-Kopf an Haushalte und nach Bruttogehaltssumme an Unternehmen, und setzt so die richtigen Anreize.

Zug auf ein Nebengleis gelenkt
"Ein geschlossener Emissionshandel für den Verkehrs- und Gebäudesektor ohne Mindest- und Höchstpreis verbunden mit dem ‚Schweizer Modell‘ der Rückverteilung würde für wirksame, effiziente CO2-Reduktion und angemessene Entlastung sorgen," sagt Menner. Da die Reduktion von CO2-Emissionen als globales Problem ein internationales Vorgehen erfordere, fordert das cep im Rahmen der EU-Klimapolitik eine Abstimmung mit einzelnen oder allen EU-Mitgliedstaaten. Das cep habe in dieser Woche einen Fahrplan zur CO2-Bepreisung für Deutschland und Europa vorgelegt und gefordert, jetzt die Weichen richtig zu stellen. Menner abschließend: "Leider muss man heute sagen, die Bundesregierung hat den Zug auf ein Nebengleis gelenkt.“ (kb)

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