Heiß, heißer, der globale IPO Markt: Er ist am heißesten
Der globale IPO-Markt war noch nie heißer als derzeit. Angesichts beispiellos hoher Aktienkurse drängen so viele Unternehmen an die Börse wie nie zuvor. Laut Bloomberg-Daten wurden in den ersten sechs Monaten des Jahres fast 350 Milliarden US- Dollar über Börsengänge beschafft.
Als der Ansturm auf die Börse im letzten Jahr begann, dominierte die Technologiebranche die Szene. In diesem Jahr wagen vermehrt auch Unternehmen aus dem Bereich erneuerbarer Energien und Online-Händler den Sprung aufs Handelsparkett. Der bisherige Rekord stammt im Übrigen aus dem zweiten Halbjahr 2020 lag bei 282 Milliarden US-Dollar.
Die Liste der Börsendebüttanten umfasst 2021 so unterschiedliche Firmen wie den schwedischen Hafermilchproduzenten Oatly Gruppe und den Schuhhersteller Dr. Martens. In den USA zeichnet sich mit dem IPO von Didi Global einer der größten Börsen-Deals des vergangenen Jahrzehnts ab. Der chinesische Uber-Konkurrent will Aktien über bis zu vier Milliarden US-Dollar begeben, wobei die Unternehmenbewertung bei 67 Milliarden US-Dollar liegen könnte.
Dotcom-Boom war nichts im Vergleich mit heute
An den Märkten von New York bis Hongkong habe es in der ersten Jahreshälfte einen Boom gegeben, der sogar die Dotcom-Boom-Ära der späten 1990er Jahre in den Schatten stelle, sagte Aaron Arth, der im Finanzierungssegment der Goldman Sachs Group den Asien-Bereich ex-Japan leitet. Dazu trug auch die Geldflut bei, mit der die Notenbanken der Welt die Wirtschaft zur Corona-Überwindung stützten.
Überflieger
Aktien aus den heißen Sektoren wie Tech und Erneuerbare Energien führen die Charts dieses Jahr an.
Investmentbanker jubilieren
Den Investmentbanken der Welt beschert der IPO-Boom sprudelnde Einnahmen im Emissions- und Beratungsgeschäft. Die Plätze 1 und 2 gehen in diesem Jahr an Goldman und Citigroup.
Käufer werden wählerischer
Mit der Flut an Börsengängen werden Anleger zunehmend wählerisch, und es wird auch für wachstumsstarke Unternehmen schwieriger, hohe Bewertungen durchzusetzen. Die Aktie des Restaurant-Lieferdiensts Deliveroo stürzte an ihrem ersten Handelstag in London um 26 Prozent ab. Für die Titel des Versicherungs-Startups Oscar Health ging es beim Debüt in in New York 40 Prozent abwärts, wie auch die nachstehende Grafik verdeutlicht.
Ordentlich abgestürzt
Erste Rückschläge
Vergangenen Dienstag nahm der russische Bergbaukonzern Nord Gold seine Börsenpläne zurück. Dabei verwies er auf Unsicherheiten beim Marktumfeld und Schwankungen beim Goldpreis. Im Mai hatte Genworth Financial die Notiz seiner Hypothekenversicherungssparte Enact Holdings verschoben. Am Freitag zog die an der Börse Hongkong gelistete Geely Automobile Holdings den Antrag auf eine Notierung in Schanghai zurück.
Erschöpfte Investorenschaft
Bei den Anlegern gibt es eine “gewisse Erschöpfung” und sie seien nun wählerischer, sagt Saadi Soudavar, Co-Chef des EMEA-Bereich Equity Capital Markets bei der Deutschen Bank im Talk mit Bloomberg. „Es ist immerhin ein Rekordjahr, so dass sie unter den zahlreichen Transaktionen, die auf sie zukommen, ihre Wahl treffen können.“
SPACs im Abwärtstrend
Bei der Notierung von Blankoscheck-Gesellschaften weist der Trend deutlich abwärts. Hatten SPACs im ersten Quartal an den durch IPOs beschafften Geldern noch einen Anteil von knapp der Hälfte, lag dieser im zweiten Quartal nur noch bei rund 13 Prozent. Ein Index, der die Börsenperformace von SPACs abbildet, ist gegenüber dem Hoch vom Februar um 23 Prozent gefallen. Die Bilanzierungspraktiken im Segment sind in den Fokus der US-Aufsicht gerückt, die Anleger diesbezüglich zur Vorsicht gemahnt hat.
IPO-Boom wird wohl fortgeschrieben werden
Solange der Aktienmarkt steigt, ist es unwahrscheinlich, dass der Strom der Börsengänge versiegt. Die Gesamteinnahmen im Bereich sind in diesem Jahr auf bestem Weg, den Rekord von 420,1 Milliarden US-Dollar aus dem Jahr 2007 in den Schatten zu stellen. Auch in den nächsten sechs bis zwölf Monaten werde der Boom weitergehen, erwartet Rob Leach, Europa-Chef der Equity Capital Markets bei Jefferies.
Pipeline gut gefüllt
In den USA plant die Trading-App Robinhood Markets einen IPO. In Frankreich will das Cloud-Storage-Unternehmen OVHCloud an die Börse gehen, und in Schweden erwägt Volvo Cars einen IPO. An der Börse Abu Dhabi steht mit Al Yah Satellite Communications der erste Börsengang seit 2017 an. “Es besteht eine gewisse Unsicherheit darüber, wie lange die Party noch weitergeht, aber wir erwarten ein sehr geschäftiges drittes Quartal”, sagt Soudavar von der Deutschen Bank. Die Pipeline für die Zeit nach dem Sommer sei gut gefüllt. (kb)