Logo von Institutional Money
| Märkte

Hält die Fed die Zügel zu locker oder noch zu stramm?

Die Fed steht vor einem Dilemma. Während die Geldpolitik der USA einigen noch immer nicht locker genug erscheint, ist sie für andere bereits zu weit in Richtung Lockerung gegangen. Für letztere sind es nicht die aktuellen Zinssätze, die zu niedrig sind, sondern die „Dot Plot“-Projektionen des FOMC.

Eric Vanraes, Head of Fixed Income bei Eric Sturdza Investments
Eric Vanraes, Head of Fixed Income bei Eric Sturdza Investments© Eric Sturdza Investments

Diejenigen, die eine stärkere Lockerung fordern, verweisen auf das Risiko einer ausgeprägten Konjunkturabschwächung, wenn es keine größeren geldpolitischen Anreize gibt. Hier scheint die Furcht vor einer Rezession immer im Raum zu stehen, die durch den Anstieg der Anträge auf Arbeitslosenunterstützung in der vergangenen Woche noch weiter angefacht wurde. "Die Anhänger dieses Szenarios fürchten eine Fed, die zu spät in einer Zeit reagiert, in der die Inflation nicht mehr die Hauptsorge sein sollte", analysiert Eric Vanraes, Head of Fixed Income bei Eric Sturdza Investments.

Umgesattelt
Vor der Zinswende im September gehörte Eric Sturdza Investments zu denjenigen, die forderten, dass die Fed rasch ihre geldpolitischen Zügel lockern sollte. Vanraes dazu: "Wir haben unsere Meinung aus zwei Gründen geändert. Erstens hat die Fed die Zinsen bereits um 50 statt 25 Basispunkte gesenkt, was den Märkten signalisiert, dass sie sich des Risikos bewusst ist, hinter der Kurve zu liegen. Zweitens ist die Inflation nicht besiegt, und sie zu schnell abzuhaken, wäre ein möglicher Fehler. Während die Gesamtinflation weiter zurückgeht, schwächt sich die Kerninflation nicht mehr ab, sondern steigt sogar an. Mehrere Monate lang kritisierten die Marktteilnehmer der Fixed Income-Märkte die Fed dafür, dass sie ihr doppeltes Mandat vergisst, weil sie weiterhin auf die Inflation fixiert sei. Heute handelt die US-Notenbank, allerdings mit Verzögerung. Leider ist dies genau der Zeitpunkt, an dem die Inflation wieder auflebt. Aber für wie lange? Und auf welchem Niveau? Als ob die Gleichung nicht schon kompliziert genug wäre, ist China eine weitere Variable geworden."

Der Anstieg der Zinskurve ist noch nicht vorbei
Die Anleihemärkte sind nicht übergeschnappt. Wenn die Verzinsung der Treasuries mit einer Laufzeit von zehn und 30 Jahren innerhalb eines Monats von 3,6 auf 4,1 Prozent beziehungsweise von 3,9 auf 4,4 Prozent gestiegen ist, dann deshalb, weil sich das Marktumfeld in nur wenigen Wochen so stark verändert hat, dass ein solcher Anstieg um 50 Basispunkte gerechtfertigt ist.

Die „Jumbo“-Zinssenkung hat manche verdrießlich gestimmt
Die Makro-Daten weisen nicht alle in dieselbe Richtung, aber selbst die negativsten Zahlen sind nicht alarmierend. Die langfristigen Zinssätze hätten weiter sinken können, aber dazu hätte das Rezessionsrisiko steigen müssen, wobei die Fed die Zinsen kaum gesenkt hätte... bevor sie sie 2025-2026 auf ein unvorstellbares Niveau (zwei Prozent oder noch weniger) gesenkt hätte. Indem sie einen geldpolitischen Fehler vermieden hat, hat die Fed die langfristigen Zinssätze (zumindest vorübergehend) auf unter 3,5 Prozent gedrückt.

Sollten Investoren die Duration erhöhen?
Vanraes dazu: "Vorläufig halten wir das für verfrüht. Nach dem unerwarteten Rückgang der langfristigen Renditen zwischen Ende April und Mitte September wird sich die Korrektur wahrscheinlich fortsetzen. Neben dem Fed-Inflationswachstum sind vor allem andere Faktoren im Spiel. Die unhaltbare Schuldenlast, die unaufhaltsam steigt, Trumps möglicher Wahlsieg und die Konkurrenz durch attraktivere Anleihenstrategien sind keine guten Argumente für langlaufende Anleihen."

Trumps Einfluss auf die Langfristzinsen
Es wird erwartet, dass das Wahlprogramm von Donald Trump Druck auf die langfristigen Zinssätze ausüben wird, vor allem durch eine etwas höhere Inflation. Sollte Trump jedoch die Präsidentschaftswahlen gewinnen, aber die Demokraten den Kongress dominieren, würde sein Programm nicht vollständig umgesetzt werden. Für die Märkte ist die Besetzung des Senats und des Repräsentantenhauses für die langfristigen Renditen ebenso wichtig oder sogar wichtiger als die Frage, wer die Präsidentschaftswahlen gewinnt. Das Ausmaß der nächsten Zinssenkung der Fed am 7. November (zwei Tage nach den Präsidentschaftswahlen) wird ein guter Test sein, vermutet Vanraes. (kb)

Dieses Seite teilen