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Goldman Sachs AM: Dies lehrt die Corona-Krise Investoren

Nach Ansicht von Andrew Wilson von Goldman Sachs Asset Management (GSAM) fördere die Coronaseuche ein wirksames Zusammenspiel von Geld- und Fiskalpolitik und damit ein neues Inflationsregime.

Andrew Wilson, Goldman Sachs Asset Management
Andrew Wilson, Goldman Sachs Asset Management© Goldman Sachs Asset Management (GSAM)

Institutionelle Investoren können aus der Coronakrise gleicher mehrere Lehren ziehen. Dazu zählt auch ein neues Inflationsregime, wenn man das große Bild betrachtet. Die politische Reaktion und Antwort auf den Ausbruch des Coronavirus sind noch nicht abgeschlossen, aber die bisher unternommenen Maßnahmen lassen sich als schnell, weitreichend und flexibel zusammenfassen. Innerhalb weniger Wochen – oder sogar Tagen – fielen die Leitzinsen in den wichtigsten Volkswirtschaften auf ein Allzeittief und die quantitative Lockerung wurde wieder aufgenommen bzw. in einigen Ländern zum ersten Mal eingeführt. Mögliche Anleiheaufkaufprogramme wurden dafür weiter ausgeweitet. Neben umfangreichen Kredit- und Lohngarantieprogrammen wurden auch diskretionäre finanzpolitische Anreize geschaffen. Doch wie wirkt sich dies auf die Inflation und künftige politische Maßnahmen aus? Dieser Frage geht Andrew Wilson, Leiter des Global Fixed Income und Liquidity Solutions Geschäfts bei Goldman Sachs Asset Management, in einer aktuellen Einschätzung nach.

Wichtige Inflationsfaktoren
Ein einzigartiges Merkmal des wirtschaftlichen Schocks, der durch das Coronavirus ausgelöst wurde, ist, dass sowohl Nachfrage als auch Angebot zurückgegangen sind. Dies erfordere gleichermaßen monetäre als auch fiskalische Lockerungen, erzeuge jedoch gegensätzliche Kräfte, die auf die Inflation wirken, merkt Wilson an.

In den vergangenen Jahren war die Inflation in den Industriestaaten schwach, aber – mit Ausnahme von Japan – positiv. Eine Kombination von zyklischen Faktoren wie hohe Arbeitslosenraten und strukturellen Kräften hat die Inflation in Schach gehalten.

"Auf kurze Sicht erwarten wir, dass die Auswirkungen der schwächeren Nachfrage und niedrigeren Ölpreise die Angebotsknappheit überwiegen werden, wodurch Abwärtsrisiken für die Inflation entstehen. Mittelfristig wird die Inflation von der Art der Wachstumserholung abhängig sein. Darüber hinaus wird die Reaktionsfähigkeit von Regierungen, Zentralbanken, Verbrauchern und Unternehmen die Inflationsentwicklung bestimmen", erklärt Wilson.

Neues Inflationsregime
Laut Wilson heißt es, eine fiskalpolitische Lockerung erzeugt durch die angeregte Nachfrage eine höhere Inflation. "Wir sehen Grund zur Annahme, dass sowohl die Inflation eingedämmt bleiben wird als auch, dass uns ein neues, potenziell höheres Inflationsregime erwartet."

Historisch gesehen haben hohe Schuldenlasten für Regierungen Anreize geschaffen, eine höhere Inflation zu erzeugen, um den Schuldenwert zu reduzieren. Ein stärkeres Wachstum sei eine weitere Möglichkeit, die Schuldenlast zu verringern. Regierungen könnten sich auch für eine Haushaltskonsolidierung einsetzen, wie es viele nach der globalen Finanzkrise getan haben. Allerdings dürfte nach Ansicht Wilsons der politische Anreiz für Sparmaßnahmen durch die oppositionelle Wählerschaft gedämpft werden, was sich in einer Unterstützung des Populismus äußert.

Corona-Maßnahmen ebnen Weg für die Zukunft
Die Reaktion der politischen Entscheidungsträger ist laut Wilson immer von der Art des Schocks abhängig. Im Gegensatz zu früheren Abschwüngen wird die Corona-Krise nicht durch Exzesse in einem bestimmten Wirtschaftssektor verursacht. Deshalb wurde ihr sowohl mit monetären als auch fiskalischen Lockerungen begegnet. "Das Maß an Zusammenarbeit, das man während dieser Krise beobachten konnte, ist einzigartig – und auch wenn es in dieser Form vielleicht nicht mehr erreicht wird, kann es als Beispiel für künftige politische Maßnahmen dienen", merkt Wilson an.

Diese Krise hat Innovationen in allen Bereichen der Wirtschaft erforderlich gemacht. Auch in der Politik, was angesichts der Tatsache, dass die politischen Entscheidungsträger – wie viele von uns – im Homeoffice arbeiten, nicht einfach ist.

"Es ist noch zu früh, um die Wirksamkeit politischer Maßnahmen einschließlich der Kredit- und Lohngarantien für Arbeitnehmer, die in vielen Volkswirtschaften zum ersten Mal eingesetzt wurden, zu beurteilen. Aber wir können mit einem gewissen Maß an Zuversicht sagen, dass die während dieser Krise umgesetzten Maßnahmen wahrscheinlich wieder eingesetzt werden und sich die Politik weiter entwickeln wird", merkt Wilson abschließend an. (aa)

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