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Goldman, JPMorgan & Co. gehen bei russischen Bonds auf Schnäppchenjagd

Während viele Investoren aus ethischen Gründen ihre russischen Wertpapiere trotz ausgebombter Kurse verschleudern wollen oder müssen, nutzen Investmentbanken und Hedgefonds die (mögliche) Gunst der Stunde, gehen ins Risiko und hoffen auf eine Kurserholung in der Zukunft.

© sdecoret / stock.adobe.com

Banken wie Goldman Sachs Group und JPMorgan Chase & Co, aber auch viele Hedgefonds, haben informierten Kreisen zufolge begonnen, gebeutelte Anleihen von Firmen zu kaufen, die für ihren Bezug zu Russland abgestraft wurden. Darüber informiert Bloomberg.

Wie zu hören sei, ist Goldman in erster Linie auf Anleihen von Unternehmen wie dem Stahlkonzern Evraz, Gazprom und Russian Railways aus, die innerhalb der nächsten zwei Jahre fällig werden. Auch Angebote für russische Staatsanleihen habe die Bank abgegeben, hieß es.

JPMorgan erwarb unter anderem Papiere von Kunden, die sich aus Positionen zurückziehen wollten. Nach eigener Angabe handelte die Bank am Donnerstag russische und ukrainische Unternehmensanleihen im Wert von etwa 200 Millionenen Dollar (180 Millionen Euro).

Die Suche nach Chancen bei notleidenden Wertpapieren gehört an der Wall Street zum Standardgeschäft. Russlands weithin verurteilte Invasion der Ukraine birgt jedoch besondere Risiken. Einige Banken und Fondsmanager sind angesichts dessen vorsichtig und halten sich wegen der sehr dynamischen Entwicklung der Lage mit solchen Transaktionen zurück.

"This time is different..."
“Der ganze Sinn der Sanktionen besteht darin, sie und ihre Instrumente uninvestierbar zu machen”, sagte Athanassios Diplas, ein Veteran im Derivatehandel, der während der russischen Finanzkrise 1998 bei Goldman Sachs tätig war, mit Blick auf Russland. “Ich habe kein Problem mit Arbitrage in Krisensituationen, wie damals 1998. Aber das hier ist anders.”

Bei einem großen US-Hedgefonds wurde beschlossen, russische Anleihen vorerst ganz zu meiden. Das Schreckgespenst ist der Besitz von Schuldtiteln, die bei einer weiteren Runde von Sanktionen nicht mehr handelbar sein könnten. Bei einem anderen Hedgefonds wurde beschlossen, nur Anleihen von Unternehmen in Betracht zu ziehen, die nicht mehrheitlich im Besitz des russischen Staates sind.

“Wir sehen eine gewisse Abscheu - immer mehr Institutionen meiden Russland aufgrund von Reputationsrisiken und der Schwierigkeiten beim Clearing und bei der Ausführung von Transaktionen”, sagte Sally Greig, Portfoliomanagerin bei Baillie Gifford in Edinburgh. Die Spielregeln für normale Notfälle würden nicht mehr gelten, denn dies sei keins der üblichen Szenarien. “Dies ist eine sehr schwierige Zeit.”

Hohe Ausfallsrisiken
Kreditausfall-Swaps, oder CDS, für russische Staatsanleihen signalisierten in dieser Woche laut ICE Data Services eine Wahrscheinlichkeit von 65 Prozent, dass es binnen von fünf Jahren zu Zahlungsausfällen kommt. Das implizierte Risiko für die Ein-Jahres-Sicht lag bei 40 Prozent. Goldman Sachs investierte, wie zu hören ist, auch in CDS für Firmen wie Evraz und Gazprom.

S&P Global Ratings hat Russland am Donnerstag auf CCC- herabgestuft, drei Stufen über dem Niveau eines Zahlungsausfalls. Als Begründung wurden die Sanktionen angeführt, die die verfügbaren Devisenreserven drastisch reduziert haben. Für Anleihegläubiger könnte es dadurch zu lediglich eingeschränkten Zins- und Tilgungszahlungen kommen. (aa)

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