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Gertrud Traud, Helaba: Gerade Solidarität gefährdet den Euro

Die Chefvolkswirtin und Leiterin des Researchs der Helaba zieht ein Fazit aus 20 Jahre Euro und warnt vor einer europaweiten Vergemeinschaftung diverser Systeme und vor zu hohen Transferzahlungen. Denn genau diese würden die Existenz des Euros gefährden. Trauds Argumente sind äußerst plausibel.

Eine zu starke Harmonisierung der europäischen Fiskal-, Lohn,- und Sozialpolitik könnte dem europäischen Gedanken zu wider laufen. Warum dem so ist, erklärt Dr. Getrud Traud, Chefvolkswirtin und Leiterin des Researchs der Helaba, in einem aktuellen Kommentar anlässlich des 20-jährigen Euro-Einführungsjubiläums, in dem sie die Lehren aus 20 Jahre Euro zieht.

Dreijährige Übergangsphase
Zur Erinnerung: Der Januar 1999 markierte den Start der Europäischen Währungsunion. In einer Übergangsphase von drei Jahren blieben die nationalen Währungen jedoch noch offizielles Zahlungsmittel. Erst 2002 ersetzte der Euro die nationalen Währungen und das Euro-Bargeld gelangte in den Umlauf. Bereits 1999 ging die Verantwortung für die Geldpolitik auf die Europäische Zentralbank (EZB) über.

Frankfurt gewann an Bedeutung
Als Konsequenz der Euro-Staatsschuldenkrise wurde die EZB im November 2014 zusätzlich mit der Aufsicht systemrelevanter Banken im Euro-Raum betraut. Obwohl sich erst mit der Errichtung des neuen EZB-Gebäudes im Ostend das Stadtbild Frankfurts wesentlich veränderte, führte diese Entscheidung unmittelbar zu einem starken Beschäftigungseffekt bei der EZB. Mittlerweile beschäftigt die EZB fast 3.400 Mitarbeiter. Frankfurt ist somit eindeutig ein Gewinner der Europäischen Währungsunion. Wie sieht es aber ansonsten aus?

Weniger Wachstum, weniger Inflation
Befürchtungen, dass durch die Einführung des Euro die Inflation ansteigen würde, haben sich laut Traud nicht bewahrheitet. Dabei müsse jedoch beachtet werden, dass die Inflationsraten weltweit in den letzten Jahrzehnten einem fallenden Trend folgten.

Mit Blick auf das Wachstum ist die Beurteilung der Europäischen Währungsunion laut der Helaba-Chefvolkswirtin umstritten. Bis zur Finanzkrise profitierten viele Länder von der Zinskonvergenz auf das niedrige deutsche Niveau. „Der Wachstumsschub und die Zinsersparnis wurden aber nicht genutzt, um die Verschuldung zurückzufahren. Ganz im Gegenteil, so dass mit der Finanzkrise die Probleme offengelegt und letztendlich in der Staatsschuldenkrise der Eurozone gipfelten“, erinnert Traud.

In Deutschland verlief die Entwicklung genau umgekehrt. In den ersten Jahren der Eurozone war es noch der kranke Mann Europas. Nach 2008 entwickelte sich das größte Land der Eurozone zur Wachstumslokomotive. Gerade mit Blick auf die Verschuldung hat sich gezeigt, dass manche Erwartungen an den Euro zu blauäugig waren –insbesondere, dass eine exzessive Fiskalpolitik unterbunden werden könnte.

Südländer wollen ans deutsche Geld
Bedauerlicherweise sei der Stabilitätspakt laut Traud aber so konstruiert, dass letztendlich nur der politische Wille der Länder entscheidend ist: „Die Geschichte des Euro lehrt, dass solide Finanzen nicht vorrangig sind. Dies hat auch der jüngste Haushaltsstreit Italiens mit der EU deutlich gemacht.“

Manch einer wünscht sich eine gemeinsame Fiskalpolitik, um diese Probleme zu beheben. Dies wäre nach Ansicht Trauds jedoch der falsche Weg.

Ihre Argumente sind schlüssig: Mit dem Verlust des Wechselkurses als Anpassungsinstrument innerhalb einer Währungsunion müssen die anderen Politikbereiche wie Finanz-, Sozial-und Lohnpolitik in nationaler Verantwortung bleiben. Nur dann hat das jeweilige Land die Chance zu reagieren und seine Wettbewerbsfähigkeit zu erhalten.

Je geringer die Möglichkeit der nationalen Anpassung, desto stärker wird der Ruf nach mehr Solidarität mit entsprechenden Transferleistungen. „Dies führt jedoch zu einem Nachlassen der eigenen Anstrengungen und letztendlich zu einer Gefährdung der Währungsunion insgesamt“, warnt Traud, um abschließend zu fordern: „Die Kapitalmarktzinsen müssen wieder ganz den Marktkräften überlassen werden, damit sie ihre steuernde Wirkung entfalten können. Nur so ist sichergestellt, dass es die EZB auch in 20 Jahren noch in Frankfurt geben wird. (aa)

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