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Gaspreisobergrenze: Markteingriff droht Energiekrise zu verschärfen

Die von Europa beschlossene Deckelung der Erdgaspreise droht die Versorgung der Region zu beeinträchtigen und die Energiekrise zu verschärfen.

© vladsv / stock.adobe.com

Institutionellen Investoren droht auf mittlere Sicht ein neuer, maßgeblicher Risikofaktor, der zu beachten ist: Denn die europäischen Länder einigten sich diese Woche auf eine Obergrenze für die Gaspreise und haben damit ein monatelanges politisches Tauziehen darüber beendet. Der Mechanismus kann dazu beitragen, extreme Preisschwankungen zu verhindern. Er macht den Kontinent jedoch auch anfällig für weitere Lieferengpässe und für stärkere Konkurrenz von asiatischen Abnehmern, berichtet Bloomberg.

Politik stört die Signalwirkung eines Marktpreises
Eine Preisobergrenze ohne eine damit verbundene Begrenzung der Nachfrage könnte das Defizit bei Europas Gasversorgung laut Goldman Sachs noch verschlimmern, weil sie den Verbrauch anregt. Im nächsten Jahr drohe ein angespannterer Weltmarkt. Im schlimmsten Fall sei in Europa dann eine Rationierung zu erwarten, heißt es in einem Bericht der Bank.

In Euroland könnten im Worst Case die Lieferungen ausbleiben
Der Preisdeckel wird es den europäischen Importeuren erschweren, ihre Offerten für Flüssigerdgas deutlich zu erhöhen. Sind die Preise in Asien im Vergleich höher, dürften Ladungen dorthin umgeleitet werden. Mit Pekings Entscheidung zur Lockerung der Corona-Maßnahmen zeichnet sich dort bereits eine steigende Energienachfrage ab.

Die LNG-Importeure aus Europa und Asien konkurrieren um Lieferungen der selben Exporteure, so zum Beispiel um Gas aus den USA und Katar. Die asiatischen LNG-Preise folgen eng der Entwicklung in Europa, wobei sich das Niveau im Zuge der europäischen Energiekrise hochschaukelte, da Importeure aus beiden Region um das knappe Gut wetteiferten.

Politischer Kompromiss, komplexe Regelung
Die Europäischen Union hat sich am Montag auf eine Deckelung der Erdgaspreise mit 180 Euro je Megawattstunde geeinigt. Der so genannte Korrekturmechanismus für den Gasmarkt — eine vorübergehende Maßnahme zur Verhinderung extremer Preisschwankungen — wird ab dem 15. Februar für ein Jahr gelten. Der Preisdeckel ist deutlich niedriger als ein früherer Vorschlag der Europäischen Kommission, der die heurigen Preisspitzen nach den russischen Lieferstopps nicht verhindert hätte.

Damit die Obergrenze in Kraft tritt, müssen mehrere Voraussetzungen erfüllt sein: Die niederländischen TTF-Gaspreise müssen über 180 Euro pro Megawattstunde liegen und mindestens 35 Euro über den Weltmarktpreisen für Flüssiggas. Beide Obergrenzen müssen drei Tage lang überschritten werden, damit der Mechanismus aktiviert wird. Sobald er ausgelöst wurde, bleibt er für mindestens 20 Arbeitstage in Kraft. Er gilt auch für alle Gashandelsplätze in der EU.

Das Niveau der beschlossenen Deckelung entspricht etwa 56 Dollar pro Million britischer Wärmeeinheiten. In Asien lagen die LNG-Prise zwischen August und September rund zwei Wochen über diesem Preis. Händlern zufolge betrachten asiatische LNG-Abnehmer die europäische Maßnahme als glückliche Fügung. Russlands Krieg in der Ukraine hatte sie in Bedrängnis gebracht, da am Flüssiggas-Markt plötzlich zahlungskräftige Konkurrenz aus Europa auftauchte. (aa)

Die "Erfinderin" der "Gaspreisbremse", Prof. Isabella Weber, wird in der aktuellen Printausgabe 4/2022 von "Institutional Money" ausführlich portraitiert und ist auch Starreferentin am 14. Institutional Money Kongress, der von 18. bis 19. April in Frankfurt stattfindet. Mehr Informationen finden Sie HIER.

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