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Federated Hermes über die Aussichten von Private Debt

Für den Head of Private Debt bei Federated Hermes sind europäische Kredite aus Investorensicht noch immer ein interessantes Anlagesegment – trotz eines intensiveren Wettbewerbs und relativ niedriger Zinsen.

Patrick Marshall, Federated Hermes, bei seinem Vortrag auf einer Veranstaltung von "Institutional Money"
Patrick Marshall, Federated Hermes, bei seinem Vortrag auf einer Veranstaltung von "Institutional Money"© Marlene Fröhlich / Institutional Money

Der Optimismus nach dem Impfstart Europa in Verbindung mit der Wiederöffnung der Wirtschaft hat den Private-Debt-Markt in der zweiten Hälfte des Jahres 2021 zunächst beflügelt. Die Anzahl der Transaktionen befindet sich in Europa auf einem Allzeithoch – auch in den südlichen Ländern, die aufgrund der weniger gläubigerfreundlichen rechtlichen Rahmenbedingungen traditionell als schwieriges Feld für Anleger gelten. Dies dürfte sich 2022 fortsetzen, auch wenn aktuell die Fallzahlen in ganz Europa erneut zunehmen und einige Länder wieder Lockdown-Maßnahmen ergreifen, rekapituliert Patrick Marshall, Head of Private Debt bei Federated Hermes, die jünsten Marktentwicklungen in einer “Institutional Money” exklusiv vorliegenden, aktuellen Markteinschätzung.

Intensiver Wettbewerb
Da Kreditgeber über ungenutzte Mittel, auch „dry powder“ genannt, in beträchtlicher Höhe verfügen, wird laut Einschätzung Marshalls der Wettbewerb um Transaktionen intensiv bleiben – voraussichtlich auch im gesamten Jahresverlauf 2022.

Unitranche-Kreditgeber würden in noch stärkeren Wettbewerb mit Banken um günstige Kreditstrukturen treten. Der Markterwartung zufolge dürfte der Fremdfinanzierungsgrad im Unitranche-Segment weiter steigen, womöglich auf einen Faktor über 7,5 EBITDA.

„Ob diese riskante Strategie für die Gläubiger von Erfolg gekrönt sein wird, bleibt abzuwarten. Wir gehen davon aus, dass sie für Kreditnehmer in stark zyklischen Sektoren der Wirtschaft attraktiv ist, die lockerere Kreditbedingungen bevorzugen, um sich für einen künftigen Abschwung zu rüsten. Darüber hinaus werden Private-Equity-Gesellschaften auf eine höhere Hebelwirkung bei Transaktionen setzen, um die Renditen auf ihre Anlagen angesichts unaufhaltsam steigender Bewertungskennzahlen, die ihre Akquisitionskosten in die Höhe treiben, zu verbessern“, merkt Marshall an.

Renditen stabil
Im Bereich der vorrangig besicherten Kredite dürften die Renditen stabil bleiben. Denn dieses Segment wird von Banken kontrolliert, die die Renditen aufgrund von regulatorischen Anforderungen nicht verringern können.

Unitranche-Kreditgeber wiederum werden die Renditen auf vorrangig besicherte Kredite aufgrund ihrer Renditeziele nicht unterbieten können. „Dennoch: Im Unitranche-Bereich wird auf lange Sicht ein leichter Renditerückgang beobachtbar sein, da der Wettstreit um das Kapital anhält. Doch dieser Rückgang wird marginal ausfallen, da sich der Wettbewerb aktuell weniger auf die Preise, sondern auf die lockereren Kreditbedingungen bezieht“, ergänzt Marshall.

Ausblick: Chancen und Risiken in 2022
Ein erhöhter Druck auf Lieferketten, der die Just-in-Time-Logistik zahlreicher europäischer Länder in Bedrängnis gebracht hat, stellt auch in Zukunft einen Risikofaktor dar. Steigenden Preise für Öl und Gas in Verbindung mit einer nachlassenden staatlichen Unterstützung im Zuge möglicher Wiederöffnungen im Laufe des Jahres 2022 in Europa könnten sich auch auf die Kreditqualität allgemein auswirken und für 2022 potenzielle Risikobereiche darstellen.

Umstieg auf Nachhaltigkeit wirkt sich auf den verrechneten Zins aus
Das Thema ESG wird Marshall zufolge bei Direktkreditgebern weiter an Bedeutung gewinnen. Kreditgeber, die einen belohnungsorientierten ESG-Ansatz verfolgen und ESG-Fortschritte mit Zinsnachlässen belohnen, werden die möglichen Nachlässe von aktuell 5 bis 15 Basispunkten auf ein wirksameres Niveau anheben. Dies sei eine direkte Folge der zunehmenden Überzeugung am Markt, dass geringfügige Nachlässe keine ESG-Fortschritte bewirken. „Wir werden dagegen weiterhin einen ESG-Ansatz verfolgen, der sich darauf konzentriert, die erforderlichen Umstellungen zu dokumentieren, anstatt Anreize zu schaffen“, merkt Marshall an.

Marshalls Fazit
Auch wenn 2022 mit einem Wachstumsmarkt zu rechnen ist, seien sich alle Marktteilnehmer der Ungewissheit und der Risiken bewusst, die im Hintergrund bestehen. „Wir sehen für das kommende Jahr Wertpotenzial im gläubigerfreundlichen Nordeuropa – trotz der derzeitigen Ungewissheit angesichts einer möglicherweise nachlassenden staatlichen Unterstützung, die sich auf die Kreditqualität auswirken könnte. Ebenso ist die Vergabe vorrangig besicherter Kredite der wichtigste Schwerpunkt in einem Markt, der eine hohe Disziplin erfordert“, erklärt Marshall abschließend. (aa)

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