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Europäische Dürren gefährden Strom- und Nahrungsmittelerzeugung

Europas Abhängigkeit von russischem Erdgas und Wladimir Putins Blockade ukrainischer Getreideexporte aus dem Schwarzen Meer sind nur ein Teil der aktuellen Energie- und Nahrungsmittelkrisen. Nun kommt eine neue Bedrohung hinzu, nämlich die Ausbreitung von Dürren.

© Adrian Ilie / stock.adobe.com

In Spanien und Südfrankreich überstiegen die Temperaturen im vergangenen Monat 43 °C - Werte, die sonst eher erst im Juli oder August zu beobachten sind. In Italien ist der Pegel des Flusses Po aufgrund geringer Niederschläge in den Westalpen auf ein 70-Jahres-Tief gefallen. Und die jüngsten Gewitter über Norditalien brachten nur vorübergehend Erleichterung.

Norditalien macht fast 50 Prozent der europäischen Reisproduktion aus
Neben den Risotto-Preisen in Supermärkten bedrohen die niedrigen Wasserstände in Stauseen und Flüssen auch die Stromerzeugung. Die italienische Wasserkraftproduktion ist in den ersten fünf Monaten des Jahres 2022 zum Vorjahr bereits um 40 Prozent gefallen. Das ist hauptsächlich darauf zurückzuführen ist, dass knappes Wasser für die Bewässerung in der Landwirtschaft umgeleitet wurde. In der Kernenergie ist die Stromerzeugung darauf angewiesen, dass die Flusspegel für Kühlzwecke hoch genug bleiben.

Der DWS-Chart zeigt den Anteil des Stroms aus Kern- und Wasserkraft in ganz Europa. Norwegen, Island, die Schweiz und Österreich sind besonders auf Wasserkraft angewiesen, während Kernkraft in Frankreich, der Slowakei, Ungarn und Slowenien hervorsticht.

Quelle: Our World in Data, DWS Group

Dürre von 2003 asd abschreckendes Beispiel
o wie beispielsweise Deutschland und die Niederlande nach Möglichkeiten suchen, die Erdgasknappheit durch eine verstärkte Kohleverstromung zu verringern, drohen ähnliche Umweltkosten, um die Kernkraftwerke in Ländern wie Frankreich am Laufen zu halten. Man erinnere sich nur an die Dürre von 2003. Damals hat die französische Regierung in etwa das Äquivalent von vier Kernreaktoren oder 4.000 MW Produktionskapazität stillgelegt. Zusätzlich wurden Vorschriften gelockert und die Rückführung von Flusswasser bei höheren Temperaturen als normal erlaubt. Frankreichs alternde Atomflotte ist seitdem nur noch anfälliger für Ausfälle jeder Art geworden.

All dies hat große Auswirkungen auf politische Entscheidungsträger und Investoren
Auf den ersten Blick scheint der Chart die länderspezifischen Risiken hervorzuheben, in denen Wasser- oder Kernkraftwerke den Großteil der Stromerzeugung ausmachen. Für längerfristige Anleger sind die Lehren ganz andere. Die europäischen Strommärkte sind weitgehend, wenn auch noch nicht vollständig, integriert. Probleme in einem Land wirken sich unweigerlich auf die Großhandelspreise im Rest des Kontinents aus.

Guter Mix aus geografisch verteilten erneuerbaren Quellen als Ziel
In Wirklichkeit zeigt der Chart vor allem die Notwendigkeit, die Versorgung europaweit zu diversifizieren und die Integration der Energiemärkte durch Investitionen in Verbindungskapazitäten zwischen einzelnen Ländern voranzutreiben. Auch im Zeitalter des Klimawandels fallen niedrige Niederschläge in einer Region typischerweise mit Wind, Regen oder Sonnenschein anderswo zusammen. Ein guter Mix aus geografisch verteilten erneuerbaren Quellen kann die daraus resultierenden Schwankungen in der Stromerzeugung ausgleichen. Das ist aber nur hilfreich, wenn Stromnetze günstige erneuerbare Energie dorthin transportieren können, wo sie gebraucht wird.

Investitionen in Verbindungskapazitäten zwischen einzelnen Ländern steigenr
Die jüngste Krise wird den langjährigen Bemühungen der Europäischen Union (EU), genau dies zu gewährleisten, zusätzlichen Auftrieb verleihen. Vor diesem Hintergrund sollten Invetsoren angesichts der drohenden Sommerhitze einen kühlen Kopf behalten und auf potentielle Schnäppchen achten. Eines Tages wird es wieder regnen. (kb)

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