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ESG-Investing erreicht kritische Masse. Droht jetzt eine grüne Blase?

Die Anzahl professioneller Investoren mit ESG-Ansatz steigt um 18 Prozent seit 2018. Dazu kommt: Drei Viertel der professionellen Investoren weltweit erachten ESG als guten Beitrag zur Schaffung stabiler Portfolios. Und die Zahl der Investoren mit einem Active Ownership-Ansatz steigt um 51 Prozent.

Harald Walkate, ESG-Chef bei Natixis Investment Managers 
Harald Walkate, ESG-Chef bei Natixis Investment Managers © Natixis IM

Immer mehr Finanzinstitutionen reagieren mit einem breiteren Spektrum von ESG-Strategien auf das gesteigerte Interesse an nachhaltigen Investments. Zu diesem Ergebnis gelangt eine Studie von Natixis Investment Managers (Natixis IM), zu der 2020 weltweit 3.600 professionelle Investoren wie Großanleger, Fondsselektoren oder Finanzberater befragt worden sind.

Mit Geld zugeschüttet
72 Prozent der institutionellen Investoren sowie 77 Prozent der Fondsselektoren nutzen danach inzwischen nachhaltig ausgerichtete Investmentstrategien. Vor allem im vergangenen Jahr machte das ESG-Wachstumstempo mit Rekordzuflüssen in entsprechende Fonds und eine bis dahin beispiellose Auflage neuer ESG-Fonds einen erheblichen Sprung. So dürfte es auch in diesem Jahr weitergehen.

68 Prozent der Fondsselektoren planen für 2021 Erweiterung ihres ESG-Engagements
Sie reagieren damit auf die erhöhte Nachfrage von Investoren, für die sie vor allem folgende Gründe sehen: 36 Prozent der Anleger würden sich zunehmend Sorgen über den Klimawandel machen und 42 Prozent wollten sich auf den Übergang zu einer grünen Ökonomie vorbereiten. 50 Prozent der Investoren würden nun, da sie die kritische Masse für erreicht hielten, auf den ESG-Zug aufspringen. Und bei 75 Prozent der Investoren sei das Bewusstsein für ESG-Fragen in den vergangenen Monaten allgemein gewachsen.

Kann das grüne Momentum weiter anhalten?
«Angesichts dieser Entwicklung stellt sich die Frage, ob das bestehende Momentum künftig anhalten wird oder ob es zu einer grünen Blase kommen könnte», kommentierte Harald Walkate, ESG-Chef bei Natixis Investment Managers das Ergebnis. Um diese Frage zu beantworten, bedürfe es mehr Klarheit bei den Anlegern, was sie mit ESG-Investments tatsächlich erreichen wollen und können. «Es geht um realistische Erwartungen sowohl über den finanziellen, als auch über den gesellschaftlichen Ertrag von ESG-Investments», so Walkate.

Klare Performance-Erwartung
Obwohl die genaue Messung von ESG-Investments nach wie vor als Herausforderung angesehen wird, finden es 83 Prozent der Fondsselektoren und 79 Prozent der institutionellen Investoren inzwischen leichter, die Performance von ESG-Investments gegenüber einer Benchmark zu vergleichen. Bessere ESG-Daten und zunehmend standardisierte Reportings hätten dazu beigetragen.

ESG zur Alphagenerierung eingesetzt
53 Prozent der befragten institutionellen Investoren und 55 der Fondsselektoren stimmen in der Aussage überein, dass Unternehmen mit einem besseren ESG-Track Record zu besseren Investmentergebnissen führen. 70 Prozent der Fondsselektoren und 62 Prozent der institutionellen Investoren sehen die Berücksichtigung von ESG-Kriterien als einen wichtigen Beitrag zur Generierung von Alpha an. Mit Blick auf die Analyse von Unternehmen und Branchen erachten 48 Prozent der professionellen Investoren nichtfinanzielle Kriterien als genauso wichtig wie klassische Finanzkennziffern. Allerdings herrscht bei 67 Prozent der Fondsselektoren und bei 74 Prozent der Institutionellen Unsicherheit darüber vor, welche nichtfinanziellen Kriterien tatsächlich relevant für die Investmentanalyse seien.

ESG-Verständnis der Anleger abklären
Die meisten institutionellen Investoren haben eine klare Vorstellung darüber, wie sie die Werte ihrer Organisation mit verschiedenen Investmentansätzen verknüpfen können. Dieser Aspekt spielt auch für Privatanleger eine herausgehobene Rolle. 77 Prozent der von Natixis in anderem Zusammenhang befragten Anleger gaben an, dass die Verknüpfung ihrer persönlichen Werte mit einem Investment wichtig für sie sei. Hilfe dabei erwarten sie vor allem von ihren Finanzberatern. Für diese ist es daher wichtig, die genaue Erwartungshaltung ihrer Kunden zu kennen, um Missverständnissen vorzubeugen. "Für Berater ist nicht immer klar, was Kunden mit persönlichen Werten meinen, und ob sie in erster Linie durch den Wunsch nach einer besseren Welt, nach einer besseren Rendite oder gar durch beides motiviert sind", sagte Dave Goodsell, Executive Director, Natixis Center for Investor Insight. "Diese Dinge müssen aber zwingend geklärt sein, bevor Empfehlungen ausgesprochen werden. Die ansonsten nicht ausbleibende Unzufriedenheit könnte sonst schnell zu einem Vertrauensverlust in die nach-haltige Geldanlage insgesamt und damit zu einem Problem für die weitere Entwicklung dieses noch jungen Investmentbereichs führen.»

Übereinstimmung mit persönlichen Werten
«In der Schweiz ist es für 78 Prozent der Anleger entscheidend, dass die getätigten Investitionen auch mit den persönlichen Werten übereinstimmen», sagt Timo H. Paul, Head German-speaking Switzerland bei Natixis IM. «Darüber hinaus haben 25 Prozent der Finanzfachleute festgestellt, dass Schweizer Kunden in den letzten 12 Monaten verstärkt nach ESG gefragt haben.»

Viele Wege führen zur Nachhaltigkeit
Bei den Methoden der Implementierung von ESG-Kriterien verfolgen die Investoren keinen Königsweg. Vielmehr nutzen sie unterschiedliche Ansätze mit speziellen Risiko/Rendite-Eigenschaften, die ihnen je nach Zielsetzung ein individuelles Vorgehen ermöglichen.

ESG-Integration gehört zu den meistpräferierten Methoden der Implementierung
54 Prozent der Fondsselektoren und 48 Prozent der institutionellen Investoren befürworten diesen Ansatz, bei dem ESG-Kriterien in den gesamten Investmentprozess eingebunden werden. Das Negative-Screening findet Zustimmung bei 42 Prozent der Fondsselektoren und bei 40 Prozent der institutionellen Investoren. Der seit den 1970er Jahren betriebene Ausschluss von Unternehmen oder Branchen, die als unethisch oder schädlich eingestuft werden, hat zuletzt etwas an Attraktivität verloren, da es keine zwingenden Beweise dafür gibt, dass er entweder einen finanziellen oder gesellschaftlichen Nutzen bringt. Er findet sich dennoch nach wie vor im Werkzeugkasten von Fondsselektoren und Großanlegern.

Aktive Ownership und Impact Investing am Weg nach oben
Aktive Ownership, also der Versuch, über direkte Gespräche mit der Unternehmensleitung ESG-Kriterien zu berücksichtigen, hat in den vergangenen Jahren beständig an Zuspruch gewonnen. 35 Prozent der Fondsselektoren und 34 Prozent der Großanleger befürworten diesen Weg. Inzwischen betrachtet ein gutes Drittel der institutionellen Investoren Active Ownership als Hauptmittel bei der Umsetzung von ESG-Interessen. Impact Investing hat ebenfalls eine signifikante Bedeutungszunahme erfahren. Die Befürworter dieser Methode haben zuletzt zugenommen. 42 Prozent der Fondsselektoren und 34 Prozent der Institutionellen sprechen sich gegenwärtig für diesen Ansatz aus. Thematisches Investieren war vor drei Jahren ein noch kaum genutztes Instrument. Inzwischen befürworten 43 Prozent der Fondsselektoren und 28 Prozent der Großanleger diese Methode. (kb)


Umfrage von Institutional Money:

Droht eine Grüne Blase?
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