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EMD: Investoren benötigen neuen Bewertungsrahmen für Umweltrisiken

?Stakeholder aus sämtlichen Bereichen, insbesondere Investoren und politische Entscheidungsträger, benötigen dringend einen einheitlichen und kohärenten Bewertungsrahmen für langfristige Klima- und Umweltrisiken auf Staatenebene. Das gilt ganz besonders auch für Emerging Markets Debt Investoren.

Peter Eerdmans
Peter Eerdmans© Ninety One

Damit hätten Investoren eine Grundlage für die feste Verankerung von Umweltrisiken in ihre Risikomanagement-Systeme und Investment-Entscheidungsprozesse. "Dies wiederum würde Staaten darin bestärken, institutionelle und politische Mechanismen für den verantwortungsvollen Umgang mit der Umwelt zu etablieren und damit ins Land fließende Investitionen sowie die Kreditvergabe attraktiver zu machen", sagt Peter Eerdmans von Ninety One. "Ein solcher Bewertungsrahmen würde auch wesentlich dazu beitragen, dass die enormen Summen, die in Staatsanleihen investiert werden, einen Beitrag zu den Bemühungen leisten, unseren Planeten auf einen nachhaltigen Weg zu bringen."

Climate & Nature Sovereign Index
Der vom WWF und Ninety One gemeinsam entwickelte „Climate & Nature Sovereign Index” (CNSI) stellt, soweit dies möglich ist, Echtzeitdaten und Prognosen für Industrie- und Schwellenländer bereit. Insbesondere in Verbindung mit Staatsanleihen wird der Mangel an belastbaren Umwelt- und Klimadaten für den Finanzsektor oft beklagt. Das ist nur teilweise berechtigt, denn durch die wachsende Verfügbarkeit neuer Geodaten verändert sich die Situation im Eiltempo. Der zunehmende Einsatz von Satelliten und Machine-Learning-Technologien ermöglichen die Erhebung aktueller und konsistenter globaler Datensätze in einer neuen Qualität. Gleichzeitig sorgen Fortschritte bei der Entwicklung von integrierten umweltökonomischen Modellen für ein besseres Verständnis der Auswirkungen von Umweltschäden auf makroökonomische Kennzahlen, wie beispielsweise das BIP-Wachstum.

CNSI hat seine Meriten
Der CNSI bildet nicht nur Umwelt- und Übergangsrisiken und die für Indizes traditionell gängigen Klimarisiken ab, sondern zeigt auch wirtschaftliche und finanzielle Zusammenhänge auf. Der Fokus liegt dabei auf Kennzahlen des Klimamodell-Vergleichsprojekts „CMIP5” des Weltklimarats IPCC. Soweit möglich, nutzt der Index keine Kennzahlen älterer Klimamodelle. Neben der Breite und zukunftsorientierten Ausrichtung des Index macht dies den CNSI zu einer innovativen Ergänzung bestehender Ansätze zur Abbildung von Umweltrisiken.

Anwendbarkeit des Index geht über die bloße Risikobewertung hinaus
Der CNSI kann Investoren auch dabei unterstützen, die „besten” Investitionsmöglichkeiten mit Umweltorientierung zu identifizieren. Qualitätskriterien sind zum einen potentielle Effekte auf Umweltrisiken sowie das Wachstumspotential eines Landes und zum anderen das Ertragspotential für Investoren. Diese Aspekte werden miteinander verknüpft.

Hilfe bei Aufspüren von Opportunitäten
Der CNSI zeigt auf, wo Investitionsgelegenheiten zu finden sind und wo ein dringender Bedarf an neuen Finanzierungslösungen auf den Anleihenmärkten besteht. Zudem ermöglicht er einen neuen Blickwinkel auf Klima- und Umweltrisiken auf Staatenebene von Industrie- und Schwellenländern.

Ausgewählte Erkenntnisse aus dem „Climate & Nature Sovereign Index”
Indien
und die Mitgliedsländer des Golf-Kooperationsrats sind die gefährdetsten Länder unter den wichtigsten aufstrebenden Volkswirtschaften. Indien ist Risiken in fast allen Unterkategorien ausgesetzt, unter anderem betreffend Wasserknappheit und extremer Hitze. Sogar in den Kategorien Artenvielfalt und Naturkapital erzielt Indien eines der schlechtesten Ergebnisse. Wenig überraschend bestehen in den Ländern des Golf-Kooperationsrats ebenfalls Risiken in Verbindung mit Wasserknappheit und extremer Hitze. Zudem erzielen sie äußerst schlechte Ergebnisse bei den Übergangsrisiken.

Costa Rica hingegen gehört in mehreren Kategorien, unter anderem Artenvielfalt und Naturkapital, zu den Schwellenländern mit den höchsten Punktzahlen und weist zudem ein geringes Übergangsrisiko auf. Auch andere Top-Performer wie die zentral- und osteuropäischen Länder oder Uruguay weisen insgesamt ein geringes Risiko auf. Doch auch in diesen Fällen besteht Verbesserungspotenzial in bestimmten Bereichen.

Industriestaaten
Unter den Industrieländern sind insbesondere die europäischen Mittelmeerländer wie Griechenland, Zypern und Portugal erhöhten Wasserrisiken und steigenden atmosphärisch-physischen Risiken aufgrund höherer Temperaturen ausgesetzt. Dies zeigt die große Bedeutung des European Green Deal und des Maßnahmenpakets infolge der COVID-19-Pandemie, da die Probleme in diesem Rahmen gezielt angegangen werden können. Australien gehört zu den Industrienationen mit dem größten Übergangsrisiko und liegt im Ranking gleichauf mit vielen der anfälligeren Schwellenländer.

Green Bonds
Die CSNI-Kennzahlen zeigen potentielle Chancen und dringende Probleme, die in den Anleihemärkten adressiert werden müssen. Chile gehört beispielsweise zu den ersten Schwellenländern, die grüne Anleihen emittiert haben. Angesichts der physischen Risiken (u.a. Dürre, Verschmutzung) des Landes könnten derartige Finanzinstrumente einen Beitrag zu nachhaltigem Wachstum in Chile leisten. Eerdmans dazu: "Auch andere Schwellenländer planen die Emission von grünen Anleihen und Anleihen für eine nachhaltige Entwicklung (Sustainable Development Goal). Wir sind davon überzeugt, dass der CNSI Regierungen aufzeigt, welche Bereiche sie priorisieren sollten, um die jeweiligen Märkte nachhaltig weiterzuentwickeln. Wir hoffen, dass diese Initiative Investoren, Staatsfonds, internationale Finanzinstitute und andere Stakeholder dabei unterstützt, einen Beitrag zum Umweltschutz, zur Schaffung einer nachhaltigen und widerstandsfähigen Weltwirtschaft sowie zur Vermeidung der dramatischen wirtschaftlichen und humanitären Folgen eines Scheiterns zu leisten." (kb)

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