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EMD: Hartwährungsanleihen brauchen aktive Investitionsentscheidungen

2020 wird es bei Hartwährungsanleihen (Emerging Markets Debt; EMD) nicht mehr wie im Jahr zuvor ausreichen, durch gute Durationsentscheidungen Allokations-Fehlentscheidungen wegwischen zu können. Gute aktive Entscheidungen sind heute wesentlich stärker gefragt.

Peter Eerdmans, Head of Fixed Income, Investec AM
Peter Eerdmans, Head of Fixed Income, Investec AM© Investec AM

Lässt man die zweistellige Gesamtrendite einmal außer Acht, wird schnell klar, dass das Jahr 2019 für viele aktive Manager von Hartwährungsanleihen kein gewöhnliches Jahr war. "Angesichts von Krisen in Ländern wie Argentinien und dem Libanon erwiesen sich einige Allokationsentscheidungen als eher unglücklich. Sinkende Zinsen in Verbindung mit der anhaltend instabilen Weltwirtschaft trieben zwar die Gesamtrenditen unterschiedslos in die Höhe. Insgesamt lässt sich feststellen, dass im vergangenen Jahr angesichts guter Duration-basierter Renditen aktive Fehlentscheidungen unter den Teppich gekehrt werden konnten", analysiert Peter Eerdmans, Head of Fixed Income bei Investec Asset Management.

Länderauswahl wird 2020 wieder wichtiger
Vor dem Hintergrund einer sich aufhellenden Konjunkturentwicklung werden sich Asset Manager in Zukunft wohl nicht mehr darauf verlassen können, dass ihre weniger erfolgreichen Anlageentscheidungen durch fallende Zinsen aufgefangen werden. Investec AM geht davon aus, dass die Länderauswahl im Jahr 2020 wieder der entscheidende Faktor für die Erzielung attraktiver Erträge sein wird, sowohl bei aktiven Strategien (d.h. relativ zur Benchmark) als auch bei der Gesamtrendite.

Reformen und Preisdruck stehen bei der Länderauswahl im Vordergrund
1. Reformorientierte Länder - Fallbeispiele

In vielen Ländern schreiten die Wirtschaftsreformen zügig voran, und Investoren in entsprechende Anleihen erzielten in 2019 satte Renditen. Eerdmans dazu: "Nach unserer Einschätzung gibt es auch für Investoren, die auf der Suche nach attraktiven Renditen in Verbindung mit soliden Fundamentaldaten sind, weiterhin interessante Investitionsgelegenheiten." ?Die folgenden Länderbeispiele zeichnen sich durch potentiell weiter sinkende Credit Spreads aufgrund von erfolgreichen Reformbemühungen aus.

Ecuador
Nach dem erfolgreichen Abschluss der ersten Phase der Steuerreform und der Bewilligung einer zweiten und dritten Auszahlungstranche durch den IWF gehen Eerdmanns und seine Kollegen von einem Rückgang der Credit Spreads auf ein normales Niveau aus: "Wir verfolgen weiterhin die Bemühungen der Regierung um eine kontinuierliche Reduktion ihrer Treibstoffsubventionen (anderslautende Pläne wurden im vergangenen Jahr nach Protesten zurückgezogen) und die Fortschritte bei der Umsetzung eines Monetarisierungsprogramms von Vermögenswerten, das zusätzliche Haushaltseinsparungen mit sich bringen könnte."

Ägypten
Das Land verfolgt seit drei Jahren einen konsequenten Reformkurs und wird auch weiterhin die Früchte dieser Anstrengungen ernten. Eine weitere Hochstufung des Kreditratings ist wahrscheinlich. Zudem wird sich die Entwicklung des lokalen Anleihemarktes und die damit einhergehende bessere Kreditversorgung der Wirtschaft aller Voraussicht nach günstig auf die Spreads von Hartwährungsanleihen auswirken.

Ukraine
Der neue ukrainische Präsident Selenskyi hat eines der ehrgeizigsten Reformprogramme in der jüngeren Geschichte des Landes auf den Weg gebracht, das womöglich die Voraussetzungen für ein noch stärkeres und nachhaltigeres Wirtschaftswachstum schafft. Zwei wesentliche Langzeitrisiken wurden durch das kürzlich bewilligte Hilfsprogramm des IWF über 5,5 Milliarden US-Dollar und die Beilegung des Gasstreits mit Russland beseitigt, so dass aufgrund der laufenden Reformbemühungen mit einer Reduzierung der Credit Spreads zu rechnen ist. Mit den Gerichtsverfahren um die ukrainische Privatbank und dem Einfluss des ehemaligen Eigentümers und Oligarchen Igor Kolomojskyi auf Präsident Selenskyi verbleiben jedoch zwei Schlüsselrisiken, deren Entwicklung Investec AM weiterhin genau verfolgt.

2. Preisgetriebene Länder - Fallstudien
In dieser Kategorie findet Investec eine wesentlich differenziertere Ausgangssituation vor. "Die Konsequenzen ihrer verfehlten Wirtschaftspolitik wird in immer mehr Schwellenländern spürbar. Investoren sind bisher gut beraten, sich von den finanzschwächsten Märkten fernzuhalten. Jetzt gilt es zu entscheiden, welche dieser Länder ein attraktives Wertsteigerungspotenzial für Investoren bieten und wo die Risiken zu hoch sind. Aktive Manager sollten schnell auf unvorhergesehene Entwicklungen reagieren können, müssen jedoch gleichzeitig äußerst selektiv vorgehen und sich nicht von scheinbaren Schnäppchen zu Fehlentscheidungen hinreißen lassen. In den folgenden Fallbeispielen beleuchten wir die Entwicklung in den jeweiligen Ländern im Jahr 2019", sagt Eerdmans.

Argentinien
Das Ergebnis der Präsidentschaftswahlen in Argentinien im Sommer 2019 brachte die Finanzmärkte ins Wanken und führte bei Investoren und Asset Managern zu schlaflosen Nächten. Bereits vor den Wahlen hatte Investecs System zur Überwachung der Schuldenbelastbarkeit erste Warnungen angezeigt. Eerdmans dazu; "Dieser Trend und der überraschende Wahlausgang veranlassten uns zu einer Reduzierung unseres Engagements in argentinische Staatsanleihen, was sich als die richtige Entscheidung herausstellte. Während auf dem Markt das Worst-Case-Szenario nach und nach eingepreist wurde, erkannten und nutzten wir selektiv Ertragschancen für unsere Staatsanleihen-Strategien."

Es lassen sich noch keine Prognosen über den langfristigen Kurs der neuen Regierung treffen. Erste Entscheidungen wie die Förderung des aufstrebenden Öl- und Gassektors sprechen jedoch dafür, dass sie sich des finanziellen Notstands und der Notwendigkeit eines Marktzugangs bewusst ist. Mit der Verabschiedung des „Gesetzes zur sozialen Solidarität und produktiven Reaktivierung“ unter dem renommierten neuen Wirtschaftsminister Martin Guzman, das der Regierung umfassende Reformkompetenzen zuspricht, wird ein erster Maßnahmenkatalog umgesetzt. Guzman machte deutlich, dass eine exzessive Staatsverschuldung und Finanzierung des öffentlichen Defizits durch die Zentralbank die wirtschaftlichen Probleme des Landes nicht lösen wird. Unter Berücksichtigung der erst anlaufenden Umstrukturierung der Staatsschulden und der Unsicherheiten hinsichtlich des zukünftigen Verhältnisses zum IWF sehen Eerdmans und Kollegen weiterhin ein gewisses Wertsteigerungspotential bei argentinischen Staatsanleihen, mahnen jedoch Investoren zu äußerster Wachsamkeit.

Libanon
Nachdem der Libanon über zwei Jahrzehnte hinweg den wirtschaftlichen Naturgesetzen trotzte, sieht sich die dortige Wirtschaft nun heimischen und geopolitischen Herausforderungen gegenüber. Aufgrund des florierenden Schwarzmarkts für US-Dollar - das Todesurteil für jede gebundene Währung - befindet sich die libanesische Volkswirtschaft weiterhin in einem selbstverschuldeten prekären Schwebezustand und wartet auf Impulse der neuen Regierung. Diese Aspekte wirken sich negativ auf den Anleihemarkt des Landes aus. Jedoch sind die Anleihenkurse derzeit für einen Kauf einfach nicht niedrig genug, da nach Meinung von Investec das Risiko eines weiteren Kursrückgangs in diesem Jahr bestehen bleibt.

Sambia
In Sambia wurden die wirtschaftlichen Auswirkungen der übermäßigen Schuldenaufnahme und der mangelnden politischen Entschlossenheit hinsichtlich des Abbaus des Haushaltsdefizits nun durch eine schwere Dürre und die daraus folgende Energieknappheit noch weiter verschärft, da die Wirtschaft auf Wasserkraft angewiesen ist. "Auf kurze Sicht sehen wir weiterhin die Bereitschaft und Fähigkeit der Regierung, ihre Auslandsschulden zu bedienen. Damit sambische Anleihen jedoch für Investoren eine echte Einstiegsmöglichkeit darstellen, müsste angesichts des kurzfristigen Schuldenprofils des Landes eine Ankündigung in Bezug auf die lang erwartete Liste mit gekündigten Investitionsvorhaben sowie eine potenzielle Liquiditätsentlastung durch chinesische Investoren erfolgen", analysiert Eerdmans.

Fazit
Vor dem Hintergrund eines stabileren globalen Wachstums ist es unwahrscheinlich, dass sinkenden Zinsen zur Steigerung der Gesamtrenditen beitragen. Damit für Investoren solide Ergebnisse erzielt werden können, müssen aktive Manager ihre Länderauswahl noch weiter optimieren. Fehlgriffe müssen vermieden, positive Reformbemühungen erkannt und selektiv Anlagechancen unter Berücksichtigung des Risikos identifiziert werden. "Dieses Jahr sind Know-how und Investitionskompetenz gefragt", gibt Eerdmans zu bedenken. (kb)

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