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BVR: Bodenbildung bei Preisen für Wohnimmobilien rückt näher

Die Präsidentin des Bundesverbandes der Deutschen Volksbanken und Raiffeisenbanken (BVR) sieht bei den Wohnimmobilienpreisen eine Bodenbildung. Bei Gewerbeimmobilien könnte dies aber noch etwas dauern. Die BVR-Chefin äußerte sich im Interview darüber hinaus zu anderen wichtigen Themen.

© Coloures-Pic / stock.adobe.com

Der Preiskorrektur bei Wohnimmobilien wird sich fortsetzen, aber nicht mehr lange. Zu dieser Einschätzung kommt Marija Kolak, Präsidentin des Bundesverbandes der Deutschen Volksbanken und Raiffeisenbanken (BVR). Mit Blick auf Gewerbeimmobilien geht sie zudem davon aus, dass die Folgen der Signa-Pleite für ihre Institute überschaubar sind.

“Die Preise für Wohnimmobilien in Deutschland dürften 2024 zwar noch weiter nachgeben, aber die Bodenbildung rückt näher aufgrund des hohen Bedarfs”, sagte Kolak in einem Interview mit Bloomberg in Berlin.

Nachfrage kehrt zurück
Seit ihrem Höchststand zur Jahresmitte 2022 sind die Preise für Wohnimmobilien um rund sieben Prozent gesunken. Dahinter stand unter anderem die Zinswende, die zu deutlich höheren Kreditkosten geführt hatte. Dadurch ließ die Nachfrage von potenziellen Käufern nach, was auf die Preise drückte. Dieser Effekt scheint sich jedoch allmählich abzumildern.

“Wir beobachten, dass die Nachfrage nach privater Wohnimmobilienfinanzierung schon langsam wieder etwas anzieht”, erklärte Kolak. “Das gilt besonders mit Blick auf Bestandsimmobilien und Sanierungen.”

Der Wunsch nach den eigenen vier Wänden ist ihren Worten zufolge ungebrochen. Kolak glaubt, dass viele Kunden ihre Ansprüche dem neuen Umfeld anpassen werden. “Für eine junge Familie bedeutet das beispielsweise, dass die erste Immobilie künftig nicht gleich das Einfamilienhaus sein wird, sondern vielleicht erst einmal eine Eigentumswohnung”, erklärte sie.

Staatliche Einmischung würde für zusätzlichen sozialpolitischen Sprengstoff sorgen
Von einkommensabhängigen Grenzen bei Wohnimmobilienkrediten, wie sie im Moment diskutiert werden, hält Kolak allerdings nichts. Sie seien “unnötig. Die bereits geltenden Regelungen reichen völlig aus”, sagte Kolak. “Gerade in der aktuellen Lage birgt das noch zusätzlichen sozialpolitischen Sprengstoff.” Der Gesetzgeber solle daher Sozialpolitik, Finanzstabilität und Verbraucherschutz gesamthaft betrachten, und nicht einzeln.

Sie kritisierte zudem, dass sich beim Neubau von Wohnraum zu wenig tue. Das hänge auch damit zusammen, dass die Regulierung die Finanzierung verteuere und es zu viele gesetzliche Vorschriften gebe. Das müsse sich ändern.

Gewerbeimmobilien: Neubewertungen
Neben dem Wohnimmobilienmarkt hat Kolak auch den Gewerbeimmobilienmarkt im Blick. Dort würden Umbrüche wie zum Beispiel der Trend zum Homeoffice zu Neubewertungen führen. Die Sicherungseinrichtung der Geno-Banken beobachte die Entwicklungen genau, weshalb es ein gutes Bild über Exposures und Risiken in der Gruppe gebe - auch mit Blick auf die Großinsolvenz Signa.

“Nach aktuellem Stand sind die Auswirkungen der Signa-Insolvenz für den genossenschaftlichen Bankensektor sehr überschaubar. Unsere Institute sind nur im Einzelfall betroffen. Das ist nichts, über das ich mir Sorgen mache”, erklärte Kolak. Dennoch findet sie es “bemerkenswert, welche Risiken aus einem eher speziellen Geschäftsmodell mit hochwertigen Gewerbeimmobilien entstanden sind”. Zu beobachten sei jetzt, ob sich die Ereignisse auf das mittelständische Bauträgersegment übertragen.

In dem umfassenden Interview mit Bloomberg äußerte sich Kolak auch noch zu weiteren Themen. Hier ein Ausschnitt:

  • Mindestreserve: “Wir sind gegen die Erhöhung der Mindestreserve, selbst auf 2,0 Prozent. Das würde die Fähigkeiten der Banken, Kredite zu vergeben, weiter einschränken. Das passt nicht in die heutige Zeit, in der private Investitionen zum Ankurbeln der Wirtschaft gebraucht werden. Wir haben das Gefühl, dass der Vorstoß für eine Erhöhung der Mindestreserve keine breite Mehrheit findet, und das ist auch gut so.”
  • Eigenanlagen: “Die genossenschaftlichen Banken werden für vergangenes Jahr in Summe Zuschreibungen bei den Wertpapier-Eigenanlagen ausweisen. Kein Wunder, der rein zinsinduzierte Effekt aus Ende des Jahrs 2022 hat sich wie erwartet umgekehrt.”
  • AT1-Anleihen: “AT1 ist ein legales und legitimes Kapitalinstrument und die Rahmenbedingungen zu dessen Nutzung sind geschaffen. Trotzdem werden AT1-Emission von genossenschaftlichen Primärbanken die Ausnahme bleiben, da uns in der Breite günstigere Instrumente zur Verfügung stehen. Das entfaltet keine Breitenwirkung.”
  • Inflation: “Der Kampf gegen die Inflation ist noch nicht gewonnen. Es gibt noch nachlaufende Effekte wie hohe Lohnabschlüsse und gestiegene Mieten, die sicherlich erst noch voll durchschlagen werden. Ich gehe davon aus, dass die EZB mit der Senkung der Zinsen gegen Ende des zweiten Halbjahres beginnen könnte, was gesamtwirtschaftlich durchaus sinnvoll sein kann.” (aa)

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