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Bundesbankchef für weitere EZB-Zinsschritte

?Die Europäische Zentralbank sollte die Leitzinsen nach Ansicht des Präsidenten der Deutschen Bundesbank weiter erhöhen. Bei einer Eskalation der Energiesituation rechnet Joachim Nagel in Deutschland mit einer Rezession.

Dr. Joachim Nagel, Präsident der Deutschen Bundesbank und Mitglied des EZB-Rats 
Dr. Joachim Nagel, Präsident der Deutschen Bundesbank und Mitglied des EZB-Rats © Frank Rumpenhorst

„Bei den hohen Inflationsraten müssen weitere Zinsschritte folgen”, sagte Nagel der Rheinischen Post in einem Interview, aus dem Bloomberg News zitiert. Zu seinen Erwartungen für die nächste Zinsentscheidung im September wollte er sich dabei nicht äußern. “Die vergangenen Monate haben gezeigt, dass wir bei der Geldpolitik von Sitzung zu Sitzung entscheiden müssen.”

Fahren auf kurze Sicht
Die EZB hat die Zinsen im letzten Monat um 50 Basispunkte erhöht und signalisiert, sie erneut anheben zu wollen. Seither haben Verbraucherpreisdaten eine Inflation knapp unter neun Prozent gezeigt. Damit liegt die Teuerung bei mehr als dem Vierfachen des Zentralbank-Zielwertes.

Stabilisierung mittelfristiger Inflationserwartungen bei zwei Prozent als Ziel
“Entscheidend wird sein, die mittelfristigen Inflationserwartungen stabil bei zwei Prozent zu halten”, sagte Nagel, der in dieser Woche am Fed-Symposium in Jackson Hole teilnehmen wird. „Ich bin davon überzeugt, dass der EZB-Rat die dafür notwendigen geldpolitischen Maßnahmen ergreift.”

Rezessionsbefürchtungen
“Wenn sich die Energiekrise zuspitzt, erscheint eine Rezession im kommenden Winter wahrscheinlich”, so Nagel. “Die deutsche Wirtschaft lief im ersten Halbjahr unter schwierigen Bedingungen noch ganz passabel. Kommen jetzt aber weitere Lieferprobleme etwa durch langanhaltendes Niedrigwasser hinzu, würden sich die Wirtschaftsaussichten für das zweite Halbjahr weiter eintrüben.”

Zehnprozentige Inflationsrate nicht ausgeschlossen
In den Herbstmonaten könnte die Inflation nach Ansicht Nagels zehn Prozent erreichen. Dabei verwies er auf das Ende von Sondereffekten wie dem Neun-Euro-Ticket und dem Tankrabatt. Für 2023 steige die Wahrscheinlichkeit, dass die Teuerung im Durchschnitt über sechs Prozent liegen werde, so der Bundesbankchef.

Maßvolle Lohnerhöhungen gefordert
Nagel forderte die Arbeitnehmer auf, bei Lohnverhandlungen die wirtschaftliche Lage im Auge zu behalten. “Weil wir mehr unserer Wirtschaftsleistung für den Import von Energieträgern aufwenden müssen, ist der Verteilungsspielraum im Inland nicht so groß.”

Immobilienmarkt
In Bezug auf den Boom am Immobilienmarkt zeichnet sich laut Nagel “an einigen Stellen eine Normalisierung der Verhältnisse” ab. Das Zinsniveau sei immer noch sehr moderat. “Es ist aber möglich, dass der eine oder andere nun in Schwierigkeiten gerät”, sagte der Chef der Bundesbank der Rheinischen Post. “Eine lawinenartige Entwicklung erwarte ich allerdings nicht.” (kb)

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