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Bewertung von Assets in Schwellenländern auf Tiefstand

Bereits vor den Verwerfungen der Kapitalmärkte im 1. Quartal dieses Jahres wiesen viele Vermögenswerte in den Schwellenländern eher niedrige Bewertungen auf. Zudem hielten sich internationale Investoren seit 2014 bei lokalen Schwellenländer-Anleihen und -Aktien (mit Ausnahme von China) eher zurück.

Peter Eerdmans, Head of Fixed Income bei Ninety One 
Peter Eerdmans, Head of Fixed Income bei Ninety One © Ninety One (vormals Investec) AM

Nun, da sich die Liquiditätslage stabilisiert und sich die kurzfristigen Fundamentaldaten langsam wieder erholen, sollten nach Auffassung des Asset Managers Ninety One langfristig denkende Investoren eine Rückkehr in die Schwellenländer in Betracht ziehen und dabei insbesondere die Bottom-up-Chancen nutzen, die diese historischen Marktverschiebungen mit sich bringen.

Bewertungsniveau deutet auf attraktive Einstiegschance hin
Die hohen Schwankungen der Vermögenswertpreise in den Schwellenländern im März haben die Aufmerksamkeit der Investoren geweckt. Peter Eerdmans, Head of Fixed Income, Ninety One, sagt dazu: "Der Abstand zwischen den High Yield-Realzinsen des repräsentativen Currency-Debt-Index von J.P. Morgan und den Realzinsen in den USA betrug 450 Basispunkte (bps) - ein Wert, der während der globalen Finanzkrise nicht erreicht wurde. Der reale effektive Wechselkurs (REER) des J.P. Morgan Government Bond Index-Emerging Markets befindet sich auf einem Niveau, das zuletzt 2003 vor dem chinesischen/Rohstoff-Superzyklus gemessen wurde. Der US-Dollar ist dagegen immer stärker überbewertet".

Spreadanalyse
Die Spreads der Unternehmensanleihen in Schwellenländern verzeichneten nur 60 Prozent der Zuwächse, die sie während der globalen Finanzkrise aufwiesen. Insgesamt nahmen die Spreads für Emerging Market Hard Currency Sovereign Assets im Vergleich zu 2008/2009 um 65 Prozent zu, während sie sich auf den High-Yield-Märkten um 95 Prozent und für Investment-Grade-Anleihen um 55 Prozent erhöhten. "Mehr als 16 Länder innerhalb des EMBI Global Diversified-Index von J.P. Morgan für Hartwährungsanleihen verzeichneten Spreads in Höhe von mehr als 1.000 bps", weiß Peter Eerdmans. "Während manche dieser Länder vor einem aktiven Zahlungsausfall oder einer Umschuldung stehen, ist es in der Vergangenheit immer wieder vorgekommen, dass sich die Spreads auf derartig aus dem Gleichgewicht geratenen Märkten rasant wieder umkehren, sobald die Krise abgeklungen ist."

Verwerfungen trotz April-Erholung
Auch wenn der April in vielen Märkten eine willkommene Erholung brachte, sehen die Experten von Ninety One bei einer Reihe von Schuldtiteln aus Schwellenländern nach wie vor erhebliche Verwerfungen zwischen Marktpreisen und Fundamentaldaten.

Fundamentaldaten wesentlich stärker als in früheren Krisen
Viele Schwellenmärkte sind deutlich stabiler als in den letzten zwei Krisen in den Jahren 1998 und 2008. Die starken Fundamentaldaten wurden nach Auffassung von Ninety One bereits vor der aktuellen Dislokation nicht ausreichend in den Bewertungen miteinbezogen. Beispielsweise erreichte die Inflation in den Schwellenländern einen historischen Tiefstand und es wurde insgesamt - mit Ausnahme von China - ein Leistungsbilanzüberschuss erzielt, der über dem langfristigen Durchschnitt liegt.

Fiskalprobleme wegen Corona in einingen Staaten
Einige wenige Schwellenländer sehen sich angesichts der hohen Haushaltsausgaben zur Abfederung der Corona-bedingten Konjunkturabkühlung mit fiskalpolitischen Problemen konfrontiert. "Allerdings haben viele der Länder mit einer hohen Staatsschuldenquote bereits erfolgreiche IWF-Programme implementiert. Zudem weisen zahlreiche Geschäftsmodelle der Schwellenländer signifikante Verbesserungen auf und es wurden in diversen Sektoren bereits strukturelle Reformen angestrengt", analysiert Peter Eerdmans. Dies zeige sich im CEMBI-Index von J.P. Morgan für Unternehmensanleihen, laut dem die Verschuldungsquote von Unternehmen in Schwellenländern durchschnittlich um 0,5 Prozentpunkte niedriger als in vergleichbaren US-amerikanischen Unternehme sein. Banken und Institutionen vor Ort unterstützten außerdem eine Refinanzierung in lokaler Währung, was während der letzten Krisen nicht unbedingt der Fall gewesen sei.

Eindämmung des Virus kann die Konjunkturerholung beschleunigen
COVID-19 ist auch weiterhin der Hauptgrund für den weltweiten Wirtschaftsschock. Die weitere Erholung der chinesischen Konjunktur und die Vermeidung eines erneuten Ausbruchs des Virus in China sind für einen Aufschwung entscheidend, genauso wie die Überwindung der Corona-Krise in Italien und anderen europäischen Ländern. Hierbei kommt es vor allem darauf an, kurzfristige Behandlungsmethoden zur Milderung des Krankheitsverlaufes zu finden, schnellere Tests herzustellen und so bald wie möglich einen Impfstoff zu entwickeln. Flächendeckende Corona-Tests würden eine Rückkehr zum normalen Arbeitsalltag nach dem Abklingen der Krise beschleunigen und eine schnellere Erholung der Weltkonjunktur unterstützen.

Positiv würde sich außerdem eine Normalisierung der Ölmärkte auswirken
Ein noch nie dagewesener Nachfrageschock ist nun mit einer noch nie dagewesenen Angebotsreaktion beantwortet worden. Wir glauben, dass es hier zu einer Neuausrichtung des Ölmarktes im Laufe des Sommers auf der Grundlage einer allmählichen Erholung der Nachfrage und materieller freiwilliger und unfreiwilliger Begrenzung der Ölförderung kommen könnte. Beispielsweise schätzt die IEA für die zweite Jahreshälfte eine Reduktion der Lagerbestände von fast 5 Millionen Barrel pro Tag. Dies dürfte zu einer allmählichen Preiserholung beitragen, auch wenn es viele Monate dauern wird, bis sich das Ausmaß des Bestandsüberhangs entspannt.

Positive Rahmenbedingungen erlauben Fokus auf die Zukunft
Es bleiben erhebliche Risiken bestehen. Die Märkte könnten in den kommenden Wochen weitere Einbußen verzeichnen. Peter Eerdmans dazu: "Wir sind jedoch der Auffassung, dass es gute Gründe dafür gibt, über die aktuelle Situation hinauszudenken. Während ein selektives Vorgehen für langfristige Investoren nach wie vor Priorität haben sollte, ergeben sich unserer Auffassung nach aktuell attraktive Einstiegschancen in den Schwellenländern. Unserer Einschätzung nach könnten gerade Pensionsfonds zu Nachfragetreibern werden. Viele Investoren weisen ein größeres Finanzierungsdefizit auf und die Zinsen in den Industrienationen werden in den kommenden Jahren wahrscheinlich unverändert bei maximal null Prozent belassen."

Mit normalisierter Marktliquidität sind Emerging Market Bonds interessant
Daher ist man bei Ninety One der Auffassung, dass Anleihen aus Schwellenländern eine wichtige Ertragsquelle für eine Reihe von institutionellen Investoren darstellen werden, sobald sich die Marktliquidität normalisiert hat. Da sich die Finanzmärkte seit der globalen Finanzkrise strukturell grundlegend verändert haben und der Bankensektor wesentlich stabiler ist, könnte diese Normalisierung schneller als nach manchen anderen ausgedehnten Krisen geschehen. (kb)

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