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Bericht vom 8. LBBW-Kapitalmarktforum + Fotogalerie

Rolf Schäffer, Leiter Strategy Research der LBBW, erklärte bei seinem Ausblick, auf welche Risiken Investoren achten sollten, wie viel Potenzial der DAX noch hat und wo dieser im Krisenfall aus fundamentaler Sicht einen tragfähigen Boden ausbilden würde.

Zahlreiche Profianleger folgten der Einladung von Panagiotis Patzartzis, Head of Institutional Clients (Bild links) bei der LBBW Asset Management Investmentgesellschaft sowie seinen LBBW-Kollegen zum mittlerweile 8. Kapitalmarktforum der LBBW in Wien, um sich ein Kapitalmarkt-Update zu holen und um sich bei dieser Gelegenheit mit Branchenkollegen auszutauschen.

Wer aller das LBBW-Kapitalmarktforum zum fachlichen „Update“ nutzte, können Sie einer exklusiven Fotogalerie entnehmen:

Nach den Begrüßungsworten von Robert Beitl, Leiter Capital Markets der LBBW-Repräsentanz in Wien, hielt Rolf Schäffer, Leiter Strategy Research der LBBW, einen ausführlichen Vortrag über die Kapitalmarktperspektiven 2019.

Mehrere Enttäuschungen
Nach einem kurzen Rückblick und einer Analyse des schwierigen Anlagejahrs 2018, erörterte Schäffer die derzeitige Entwicklung zahlreicher Frühindikatoren. Sorgen machen ihm die immer schwächer werdenden Einkaufsmanager-Indizes im Verarbeitenden Gewerbe, was Schäffer anhand einer übersichtlichen „Heat Map“ zeigte, die Sie als Grafik in der obigen Bildergalerie finden.

Selbst in Deutschland sei noch keine ernsthafte Trendwende bei den Frühindikatoren zu sehen. „Auch die harten Daten in Deutschland enttäuschen“, erklärte Schäffer, mit Verweis auf die heimische Industrieproduktion und die Auftragseingänge, die sich seit dem zweiten Halbjahr 2018 im Sinkflug befinden. Ein Grund dafür waren Probleme in der deutschen Automobilindustrie, die aufgrund fehlender WLTP-Zertifizierungen ihre Produktionsbänder temporär stilllegen mussten und Lieferverzögerungen hatten. Inzwischen sollen diese Probleme aber behoben sein und die deutschen Automobilfabriken wurden wieder hochgefahren.

Entscheidend sei laut Schäffer aber die Entwicklung am chinesischen Automarkt, der 2018 den ersten Rückgang seit 20 Jahren verzeichnete, dieses Jahr aber wieder leicht wachsen sollte. Auch aus diesem Grund ist Schäffer zumindest verhalten optimistisch für das deutsche BIP-Wachstum gestimmt: „Wir erwarten eine deutliche Wachstumsverlangsamung, aber keine Rezession!“, erklärte der LBBW-Mann bei Vorstellung der LBBW-Konjunkturprognose, die Sie der Grafik oben entnehmen können. Summa summarum erwartet Schäffer spätestens im zweiten Quartal eine Bodenbildung bei den Frühindikatoren in Europa und China.

Italien: Sterben muss man nur einmal im Leben
„Italien ist und bleibt das Sorgenkind in Europa“, betonte Schäffer bei der Analyse der relativ hohen Spreads in Höhe von rund 250 Basispunkten italienischer Staatsanleihen gegenüber Deutschen Bunds mit jenen von Ländern wie Portugal, Spanien und Irland, die aufgrund zumindest einiger angegangener Strukturreformen wesentlich niedriger sind (siehe Grafik oben). „Der Markt differenziert zwischen guten und schlechten Schuldnern, und das ist gut so.“ Noch habe der Markt aber noch gar nicht auf die immer bedrohlicher werdende Verschuldungssituation Italiens „richtig“ reagiert und noch gäbe es keine Ansteckungseffekte auf andere europäische Länder. Denn angesichts der enormen Verschuldung und der wider Erwarten doch höheren Staatsausgaben müssten die Spreads italienischer Anleihen spürbar höher als derzeit sein.

Das noch keine neue Krise ausbrach, liegt wohl an den Erwartungen der Renteninvestoren an die EZB. Denn dies hat über neue TLTROs Italien weitere Zeit für einen Kurswechsel bei seiner Verschuldungspolitik verschafft. Laut Schäffer sei Italien wie ein Zug, der auf eine Wand zufahre, wobei die Geldpolitik versuche, die Wand immer wieder ein Stück zurückzuziehen. Mit den neuen TLTRO-Geldern könnten italienische Banken weitere italienische Staatsanleihen kaufen und damit das System weiterhin am Leben erhalten und dabei noch an der Zinsspanne verdienen. Vor dem Hintergrund, dass dieses „Spielchen“ irgendwann ein Ende finden wird, erklärte Schäffer: „Sterben muss man nur einmal im Leben“.

Seiner Ansicht nach werde die italienische Regierung dieses Jahr nicht überleben. Er glaubt, dass die Fünf-Sterne-Bewegung nicht mehr Teil der zukünftigen Regierung sein werde. Italien würde zukünftig von einer Mitte-Rechts-Regierung unter der Führung der Lega Nord regiert werden, was von den Märkten aber akzeptiert werden würde. Langfristig sei Italien aber das schwächste Glied in der Kette der Eurostaaten und würde, falls nicht endlich Strukturreformen starteten, irgendwann der „Brandbeschleuniger“ in einer neuerlichen Eurokrise sein.

Im Anschluss erörterte Schäffer die verschiedensten Brexit-Szenarien „derzeit muss man diese fast täglich neu erstellen“ und die Aussichten zur Entwicklung der chinesischen Konjunktur. Während der chinesische PMI Manufacturing-Index und auch der Index für neue Export-Aufträge stark fallen, spricht interessanterweise der Li-Keqiang-Index gegen einen wirtschaftlichen Einbruch der mittlerweile zweitgrößten Volkswirtschaft der Welt. „Aus China kommen widersprüchliche Signale“, erklärte Schäffer. Da Chinas Regime aber Angst vor Revolten aufbegehrender Bürger hat, pumpt die dortige Regierung Geld in die Wirtschaft und in den Ausbau der Infrastruktur, um diese erneut anzukurbeln.

Handelskrieg trifft Deutschland
Beim Handelskrieg erwartet der LBBW-Strategie eine Einigung zwischen den USA und China. Der Grund dafür ist einfach: US-Präsident Donald Trump benötigt zur Sicherstellung seiner Wiederwahl einen „Deal“ und eine möglichst gute Wirtschaftsentwicklung. Das Problem ist, dass die meisten Marktteilnehmer diesen guten Ausgang bereits jetzt eingepreist hätten. Ein unerwartetes Scheitern an der Verhandlungsfront könnte die Märkte stark belasten. Aber auch wenn es einen Deal gäbe, sei die Gefahr vor allem für deutsche Anleger nicht vorbei.

Für die Erklärung muss man ausholen: Laut Schäffer liege der Streitpunkt der USA mit der EU derzeit hauptsächlich in der Öffnung des europäischen Agrarsektors. Da aber die EU keine genoptimierten US-Lebensmittel sowie keine „Chlor-Hühner“ aus den USA importieren will, bleibt Europas Markt für ausländische Agrarprodukte im Großen und Ganzen geschlossen. Denn der von den „Gelbwesten“-Protesten angeschlagene französische Präsident Macron will vermeiden, dass die streiklustigen, französischen Bauern zu tausenden mit ihren Traktoren die französische Hauptstadt blockieren und den Verkehr lahmlegen. Als „Strafe“ für Europas Weigerung zu kooperieren könnte Trump, der weder Deutschland, noch Merkel mag, im Laufe des Jahres die deutsche Automobilindustrie mit Strafzöllen belegen. Deutschland dürfe hier nur wenig Unterstützung von den Euro-Partnern bekommen.

Denn Frankreich hat keine von US-Exporten abhängige Autoindustrie wie Deutschland und könnte mit Autozöllen leben. Gegenmaßnahmen Europas sind wenig zu erwarten: So scheiterte die gegen die US-Technologiekonzerne gerichtete „Digitalsteuer“ am Veto Irlands und der Niederlande, die die europäischen Sitze dieser Konzerne beherbergen und von diesen zumindest ein paar Steuern erhalten. Fazit: Deutschland könnte in einem Krisenfall nur bedingt auf die Solidarität seiner europäischen "Freunde" hoffen. Aus diesem und genannten anderen Gründen billigt die LBBW dem DAX bis Ultimo 2019 nur mehr wenig Aufwärtspotenzial zu.

8.000 DAX-Punkte sind der neue Boden
Falls bis dato unbekannte, noch nicht eingepreiste, schlechte Nachrichten die Märkte treffen würden, erwartet Schäffer ein Rückschlagspotential beim DAX bis maximal 8.000 Indexpunkten. Der Grund? Bei ca. 8.000 Punkten würde der DAX zum einfachen Buchwert notieren und bei diesem Bewertungsniveau hat der DAX bei den vergangenen Krisen (2003, 2008) immer seinen Boden gefunden (siehe die Grafik oben).

Geldpolitik entscheidend
Für die USA erwartet Schäffer im Rahmen dieses Zyklus höchstens noch einen Zinsschritt nach oben und ein Auslaufen der derzeitig laufenden Quantitative-Tightening-Maßnahmen. Dabei könnte die Fed mittelfristig keine weiteren Staatsanleihen aus ihrer Bilanz auf den Markt werfen, sondern vor allem MBS-Papiere geben und im Gegenteil sogar wieder anfangen, US-Treasuries zu kaufen.

In Euroland bleiben die Leitzinsen noch längere Zeit sehr niedrig, allenfalls der für die Banken relevante Einlagesatz könnte bis 2021 aus dem Minusbereich kommen.

Der US-Dollar sollte Schäffer zufolge weiteres Aufwärtspotenzial haben. Daher lohne sich ein nicht-gehedgtes Engagement in US-Treasuries. Denn eine Absicherung des Währungspaars USD/Euro ist inzwischen mit Kosten von rund drei Prozent per anno sehr teuer und kostet mehr, als zehnjährige US-Treasuries an Rendite (ca. 2,7%) bringen (siehe Grafik oben). „Dollaranlagen machen aktuell nur Sinn, wenn auf eine Währungsabsicherung verzichtet werden kann“, betonte Schäffer.

Europäische Investoren sollten daher auf europäische IG und HY-Bonds setzen, die noch weiteres Kurssteigerungspotenzial aufweisen.

Die interessantesten Grafiken von Schäffers Präsentation finden Sie oben in einer exklusiven Bildergalerie. (aa)

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