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Banken: Das M&A-Karussell geht wieder los

Die Aktien von Banken haben in den vergangenen Jahren eine beeindruckende Performance hingelegt, wie Marc Decker, Co-Aktienchef bei Quintet, der Muttergesellschaft von Merck Finck, feststellt. Der Experte sieht aber nun, auch durch die Unicredit, verstärkte M&A-Phantasien als Kurstreiber aufkommen.

Marc Decker ist Co-Leiter Aktien bei der europaweit agierenden Quintet Private Bank, zu der die deutsche Privatbank Merck Finck gehört.
Marc Decker ist Co-Leiter Aktien bei der europaweit agierenden Quintet Private Bank, zu der die deutsche Privatbank Merck Finck gehört.© Merck Finck

Die Aktien von Banken haben in den vergangenen Jahren eine beeindruckende Performance hingelegt. Mit der Zinswende läuft nun aber der Rückenwind für den Zinsertrag langsam aus, und auch makroökonomisch wird die See rauer. "Dafür könnte nun ein neuer Kurstreiber ins Spiel kommen", meint Marc Decker, Co-Aktienchef bei Quintet. "Der Einstieg der UniCredit bei der Commerzbank könnte die Initialzündung für eine weiter reichende Konsolidierung in dem Sektor sein und so für verstärkte M&A-Phantasien sein. Das könnte ein positiver Impuls für die Aktienkurse sein, doch Investoren müssen sich trotzdem jeden Einzelfall genau anschauen."

Ein kurzer Blick zurück
Die Wertentwicklung der Banken, vor allem der europäischen Titel, ist seit der Covid-Pandemie sehr stark. Auch das aktuelle Jahr ist bislang gut gelaufen. So liegen die europäischen Bankenwerte auf Indexebene seit Jahresbeginn 2024 mit rund 25 Prozent im Plus und haben seit Corona einen Zuwachs von 185 Prozent erzielt. Damit liegen sie ganz vorne in den Performancelisten. In Europa war kein anderer Sektor seit Jahresbeginn stärker. Auch gelang es den europäischen Banken in beiden Perioden die US-amerikanischen Banken hinter sich zu lassen. Letztere erzielten seit Jahresbeginn lediglich 20 Prozent und seit Corona 113 Prozent Plus. Mit einem Plus von rund 60 Prozent in diesem Jahr sage und schreibe 560 Prozent seit Corona gehört die UniCredit zu den besten Bankenaktien. Auch die Kursentwicklung der Commerzbank in diesen Betrachtungszeiträumen ist mit plus 47 Prozent und plus 440 Prozent nicht zu verachten. Diese beeindruckenden Zahlen werfen fast automatisch die Frage auf, wohin die Kurse sich nach diesem ‚Run‘ noch entwickeln sollen. Schließlich gelten Banken als zyklische Aktien mit einer entsprechend hohen Abhängigkeit von makroökonomischen Entwicklungen.

Zinssenkungszyklus eher negativ, ....
Mehrere Einflussgrößen wirken hier: Einerseits das generelle Zinsniveau, das sich auf den zumeist größten Profittreiber, den Zinsertrag, direkt auswirkt. Der nun durch die Fed und die EZB eingeschlagene Zinssenkungszyklus sollte sich zunächst einmal eher negativ auf die Zinserträge der Banken auswirken. Hier kommt jedoch auch der Form der Zinsstrukturkurve eine große Bedeutung zu. Und die war gerade im letzten Jahr für die Banken an sich eher kontraproduktiv, da wir auf beiden Seiten des Atlantiks eine inverse Zinsstrukturkurve haben, also kurzfristige Zinsen höher liegen als die langfristigen.

...... aber die Zinsstrukurkurve normalisiert sich
Für klassische Bankenbücher ist eine normale Zinsstrukturkurve mit höheren Zinsen am langen Ende besser. Innerhalb der letzten zwölf Monate zeigte sich aber immerhin in beiden Währungsräumen eine Normalisierungstendenz in den Zinsstrukturkurven an. Das bedeutet, dass in Europa der Unterschied zwischen zwei- und zehnjährigen Staatsanleihen nur noch bei minus fünf Basispunkten gegenüber minus 60 Basispunkten vor zwölf Monaten lag. In den USA reduzierte sich der Abstand von minus 72 Basispunkten auf minus 21 Basispunkte. Trotz absolut sinkender Zinsen könnte die Zinskurve am Ende sogar positive Impulse für Bankenwerte bringen.

Ausfallsrisiken unter der Lupe
Andererseits blicken Analysten auf die Kreditbücher der Banken und die gegebenenfalls notwendigen Rückstellungen für etwaige Kreditausfälle. Zwar geht die Zahl der Insolvenzen in Europa nach oben, aber noch wirkt sich das nicht merklich auf die Bankenbücher aus. Decker dazu: "Je nach Geschäftsmodell der verschiedenen Institute wird als negativer Faktor jedoch das Engagement im Bereich Gewerbeimmobilien, insbesondere in den USA, ins Feld geführt. Solche Faktoren sollten sich Anleger auf Ebene der Einzelinstitute genau ansehen. Positiv ist jedenfalls, dass angesichts sinkender Zinsen eine insgesamt wieder steigende Nachfrage nach Krediten zu erwarten sein dürfte."

M&A hebt Werte
Neben diesen fundamentalen Einflussfaktoren kommt mit der von UniCredit offenbar angestrebten Übernahme der Commerzbank noch ein anderer Faktor ins Spiel: Fusionen als Instrument zur Generierung zusätzlicher Werte für Aktionäre. Zwar gab es in den letzten Jahren auch prominente Übernahmen, darunter die Notübernahme der Credit Suisse durch die UBS oder die der First Republic Bank durch J.P. Morgan, aber diese Übernahmen waren aufgrund der krisenhaften Rahmenbedingungen keine klassischen M&A-Transaktionen. "Doch auch bei den rein durch industrielle Logiken getriebenen Fusionen kam zuletzt wieder Dynamik in den Markt, beispielsweise in Spanien, wo BBVA die Hand nach Sabadell ausstreckte", merkt Decker an.

Zweifelsohne bestehe gerade auf dem europäischen Bankenmarkt ein gewisser Druck zur Konsolidierung, da der Kontinent „overbanked“ sei und den heimischen Playern, gerade im Vergleich zu den großen US-Banken, es an internationaler Masse fehle. BBVA und UniCredit hätten sich nun aus der Deckung begeben. Damit könnte eine neue Runde an Fusionen und Übernahmen anstehen, wie wir sie seit dem Beginn des Jahrtausends nicht mehr gesehen haben, so Decker weiter.

Werteschaffung durch Effizienzsteigerung bei M&A
"Durch Fusionen und Übernahmen können zusätzliche Werte durch Effizienzsteigerungen und Kostenreduktionen entstehen – aber aus Erfahrung wissen wir, dass hier auch sehr viel schief gehen kann. Hier ist selektives Agieren das Gebot der Stunde", weiß Decker. "Wir erachten Banken nicht per se als Qualitätsgeschäftsmodelle, doch sehen weiterhin Potential im Sektor. Die M&A-Phantasien können zusätzliche Gelegenheiten entstehen lassen." (kb)

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