Logo von Institutional Money
| Märkte

Atomfonds: Medien kritisieren selbst marginales Öl- und Russland-Exposure

Der Atomfonds verwaltet 25 Milliarden Euro, die nach nachhaltigen Kriterien angelegt werden sollen. Nach Recherchen des "Handelsblattes" werfen einige Investments aber Fragen diesbezüglich auf oder sorgen für Stirnrunzeln.

© hamara / stock.adobe.com

Der "Fonds zur Finanzierung der kerntechnischen Entsorgung" oder auch nur Kenfo oder Atomfonds wurde 2017 gegründet, um die dauerhafte Entsorgung und Lagerung von Atommüll zu finanzieren. Der Fonds ist die größte öffentlich-rechtliche Stiftung Deutschlands und verwaltet mehr als 25 Milliarden Euro, die laut Gesetz nachhaltig angelegt werden sollen, also nach ökologischen, sozialen und ethischen Kriterien. Recherchen des "Handelsblattes" haben aber ergeben, dass das Fondsmanagement die Vorgaben nicht so ernst nimmt, wie das Blatt schreibt. Aber auch die großen deutschen Fondshäuser stehen hierbei in der Kritik.

Im Nachhinein ist man immer schlauer...
Der Zeitung zufolge, die das Portfolio zum Stichtag 31. Dezember 2021 analysierte, hat der Fonds unbemerkt Hunderte Millionen Euro in "demokratisch zweifelhafte Staaten und Unternehmen mit problematischen Geschäftspraktiken gesteckt". So hatte der Atomfonds Ende 2021 mehr als 200 Millionen Euro in russische (zum damaligen Zeitpunkt hochrentable) Aktien und Staatsanleihen investiert – zu einem Zeitpunkt, als der Aufmarsch der russischen Truppen in vollem Gange war. Der Fonds hielt auch Anteile im Wert von 35 Millionen Euro an der Sberbank sowie 49 Millionen Euro an dem Ölkonzern Lukoil.

Mini-Investments in Unternehmen von Putin-Freunden
Neu im Portfolio waren 2021 der russische Stahlkonzern Magnitogorsk Iron & Steel Works (3,5 Mio. Euro), der größte Mobilfunker des Landes, Mobile Telesystems, sowie der Düngemittelhersteller Phos-Agro (jeweils rund 4,5 Mio.Euro). Hinter Magnitogorsk steht der Kreml-nahe Oligarch Wiktor Raschnikow, hinter Phos-Agro Wladimir Putins Freund Andrej Gurjew. Beide stehen inzwischen auch auf internationalen Sanktionslisten.

Russland-Exposure wird abgebaut
Auf Anfrage des "Handelsblatts" teilte ein Sprecher des Kenfo aber mit, dass man Investments in Russland angesichts des Angriffskriegs auf die Ukraine abgebaut habe. Der Fonds halte lediglich einen Restbestand an Anteilen an russischen Unternehmen, deren Wert sich auf etwa drei Millionen Euro belaufe. Ferner versicherte der Sprecher, dass der Fonds seine Investments in Russland komplett abbauen wolle, sobald der eingeschränkte Handel dies zulasse. Ein erneutes Investment in der Zukunft schloss er aber nicht aus.

Öl- und Gasfirmen im Portfolio
Zudem hatte der Kenfo noch Ende 2021 neben BP und Shell mehr als 18 Millionen Euro in den Staatskonzern China Petroleum & Chemical Corporation (Sinopec) investiert. Sinopec hat sich laut "Handelsblatt" einen Ruf als besonders schmutziges Unternehmen erarbeitet. Allerdings hat der Fonds die Anteile an Sinopec im Jahresverlauf abgestoßen. Dem Sprecher zufolge schließt der Fonds aber im Bereich der konventionellen Öl- und Gasförderung kein Unternehmen "per se von seinen Anlagen" aus. Stattdessen wolle er "die Transformation von besonders emissionsintensiven Branchen unterstützen".

Kritik an Adler-Exposure
Für Stirnrunzeln bei Beobachtern sorge auch, dass der Fonds jahrelang in die Luxemburger Adler Group investierte. Der Immobilienkonzern steht seit Monaten wegen fragwürdiger Deals in der Kritik, Kommunen werfen ihm Bodenspekulation vor. Der Aktienkurs ist mittlerweile um 86 Prozent eingebrochen. Die Finanzaufsicht Bafin prüft die Adler-Bilanzen und hat millionenschwere Fehler bei Immobilienbewertungen festgestellt. Seit der Abschlussprüfer KPMG das Testat für 2021 verweigert hat, sucht der Konzern verzweifelt nach einem neuen Prüfer. Und inzwischen ermittelt auch die Staatsanwaltschaft, so das "Handelsblatt". (jb)

Dieses Seite teilen