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Analyse: Steigende Zinsdifferenz zwischen USA und Euro ist vielsagend

Die wieder auseinandergehende Zinsdifferenz zwischen USA und Europa spiegelt unterschiedliche Konjunkturaussichten wider, erklärt Ostrum Asset Management. Die beobachtete Divergenz hat mehrere Gründe.

Axel Botte, Ostrum AM
Axel Botte, Ostrum AM© Ostrum AM

Der Rentenmarkt könnte wieder einmal als erster darauf hinweisen, wie es um die Konjunktur bestellt ist. In seinem aktuellen „Strategy Weekly“ weist Axel Botte, Marktstratege beim französischen Vermögensverwalter Ostrum Asset Management, auf die zunehmende Divergenz zwischen deutschen Bundesanleihen und US-Staatsanleihen hin. Seit Anfang Oktober habe sich die Zinsdifferenz zwischen beiden um 19 Basispunkte ausgeweitet. Das sei besonders nach einer langen Periode des Gleichlaufs bemerkenswert. Die Aktienindizes wiesen eine ähnliche Divergenz auf. Der S&P 500 sei im Oktober um etwa fünf Prozent gestiegen, während die europäischen Indizes seitwärts tendierten.

Unterschiedliche Grade an Unsicherheit
Diese Trends an den Finanzmärkten sind laut Botte Ausdruck des unterschiedlichen Wachstumspfads sowie der Unsicherheit über die künftige Wirtschaftspolitik in beiden Regionen. In Europa stellen die neuen Maßnahmen gegen die Ausbreitung des Corona-Virus eine Bremse für die sich abzeichnende Erholung dar. "In Frankreich zum Beispiel deuten die Prognosen des INSEE auf ein Nullwachstum im vierten Quartal hin. Die Wirtschaftsaktivität stagniert bei etwa fünf Prozent unter dem Vorkrisenniveau", merkt Botte an.

USA sieht optimistischer in die Zukunft
In den USA hingegen scheint das Wachstum robuster zu sein. Das Wachstum im dritten Quartal könnte nach Einschätzung Bottes bei 35 Prozent gegenüber dem letzten Quartal liegen, und Umfragen im verarbeitenden Gewerbe deuten auf eine Fortsetzung der Erholung hin.

Der Verbrauch der privaten Haushalte habe sich als widerstandsfähig gegenüber der starken Kürzung der staatlichen Arbeitslosenunterstützung seit Ende Juli erwiesen. Die Einzelhandelsumsätze stiegen im September (+1,9% Mio.) dank der starken Nachfrage nach Automobilen, deren Verkäufe wieder das Vorkrisen-Niveau erreicht haben. Die verfügbaren Ersparnisse und die Refinanzierung von Hypothekenschulden zu Tiefstzinsen haben die Verbrauchernachfrage trotz der gestiegenen Zahl von Konkursen und dauerhaften Arbeitsplatzverlusten angekurbelt.

"Was die zukünftige Wirtschaftspolitik betrifft, so ebnet die steigende Wahrscheinlichkeit eines Sieges des Demokraten Joe Biden den Weg für eine fiskalische Lockerung. Umgekehrt könnte der Europäische Konjunkturfonds durch Regierungen, die sich der Einmischung Brüssels widersetzen, gebremst werden. Darüber hinaus lassen die derzeitigen Verhandlungen zwischen Großbritannien und der EU wenig Hoffnung auf einen positiven Ausgang der Verhandlungen über den Brexit zu," prognostiziert Botte abschließend. (aa)

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