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Ampeln springen auf Rot: Bei Eigenanlagen drohen nun hohe Abschreibungen

Eine bekannte Sparkassenpräsidentin aus dem Westen Deutschlands warnt vor Wertberichtigungen aufgrund gefallener Kurse vieler Wertpapiere. Das kann u.a. dazu führen, dass jedes zweite Haus des Sektors höhere Berichtspflichten hat. Die Hoffnung liegen nun auf zukünftigen Zuschreibungen.

© fotomek / stock.adobe.com

Die westfälische Sparkassenpräsidentin Liane Buchholz warnt in einem Bloomberg-Interview vor hohen Abschreibungen auf Eigenanlagen. Bei jedem zweiten ihrer Institute stehe die Risikoampel derzeit auf Gelb oder Rot. Unabhängig davon fordert Buchholz mehr Konsolidierung im Sektor. Chancen für eine große Fusion von DekaBank und Helaba sieht sie derzeit aber nicht. Das ist einem Bloomberg-Bericht zu entnehmen.

Buchholz leitet mit dem SVWL einen Sparkassenverband, dem 50 Institute mit einer Gesamtbilanzsumme von rund 160 Milliarden Euro angehören. Der Verband hält Anteile an DekaBank, Helaba und dem Versicherer Provinzial.

SVWL-Präsidentin ist die 57-Jährige seit 2017. Sie kam damals vom Bundesverband Öffentlicher Banken, wo sie Hauptgeschäftsführerin war. Sie soll sich auch für den Chefposten beim Deutschen Sparkassen- und Giroverband interessiert haben, wozu sie sich aber nicht äußern wollte.

Schwarzer Schwan in Form eines Zinsschocks kommt teuer
Den wahrscheinlichen Abschreibungsbedarf auf Eigenanlagen verortete sie im “oberen dreistelligen” Millionen-Euro-Bereich, bezogen auf 2022 und ihr Verbandsgebiet. “Die Zinsen sind um mehr als zwei Prozent nach oben geschnellt, was sich auf die aktuellen Bewertungen von Anleihen auswirkt”, erklärte Buchholz. “Einen solchen Zinsschock hatten wir selbst in unseren extremsten Simulationen nicht durchgerechnet.”

Viele Sparkassen hatten in den vergangenen Jahren überschüssige Mittel in festverzinslichen Wertpapieren angelegt, die mit der Zinswende massiv an Wert verloren haben. Das schlägt auch beim Ampelsystem durch, mit dem intern die Risikolage bei Sparkassen überwacht wird.

“Vor allem wegen der Abschreibungen auf Eigenanlagen steht bei jeder zweiten unserer Sparkassen die Ampel derzeit auf Gelb oder Rot”, sagte Buchholz. Das ziehe unter anderem erweiterte Berichtspflichten gegenüber dem Sicherungssystem nach sich.

Die Präsidentin des Sparkassenverbands Westfalen-Lippe (SVWL) gibt sich dennoch bezüglich der Abschreibungen gelassen. Sie würden in den nächsten drei Jahren durch Zuschreibungen wahrscheinlich wieder ausgeglichen werden, sagte sie, da die Anleihen bis zum Ende der Laufzeit gehalten würden. Andere Regionalverbände argumentieren ganz ähnlich.

Andere Regionalverbände und Helmut Schleweis, Präsident des Deutschen Sparkassen-und Giroverbands (DSGV), argumentieren ganz ähnlich. Schleweis sagte am Rande einer Veranstaltung am Mittwoch, dass die Sparkassen in den vergangenen zehn Jahren riesige Reserven aufgebaut hätten, was nun helfen werde, die Kursreaktionen aufzufangen.

Kreditausfälle dürften zunehmen, dafür steigen andere Einnahmen
Buchholz verwies auch darauf, dass es operativ im vergangenen Jahr gut gelaufen sei. Der Zinsüberschuss der SVWL-Sparkassen sei um rund 100 Millionen Euro gestiegen, das Provisionsergebnis um etwa 50 Millionen Euro.

Unterdessen rücken neue Herausforderungen in den Blick. Buchholz erwartet für das laufende Jahr einen Anstieg der Unternehmenspleiten und damit auch einen Anstieg der Kreditausfälle. “2023 wird einiges auf uns zukommen, da muss man realistisch sein”, sagte sie. In gewisser Weise handele es sich aber auch um eine Normalisierung, da die Zahlen während der Pandemie sehr niedrig gewesen seien.

Nicht zuletzt vor diesem Hintergrund versichert sie, dass die Sparkassen ihre Vergabestandards für Unternehmenskredite nicht verschärft hätten.

“Da fummeln teils zu viele Hände mit rum”
Buchholz hat klare Vorstellungen dazu, wie es im Sparkassen-Sektor weitergehen soll. “Es ist wichtig, dass wir Doppelstrukturen im Sektor abbauen”, sagte sie. “Es gibt zu viele Überschneidungen in der Gruppe, viele zanken sich um dasselbe Stück Kuchen.”Ausdrücklich lobte sie die jüngste Vereinbarung von Helaba und LBBW, bestimmte Dienste, die von beiden angeboten wurden, bei jeweils einem Haus zusammenzuführen.

Auch anderswo könnten Buchholz zufolge Kompetenzen gebündelt werden, etwa bei Kreditkarten und Payments. “Da fummeln teils zu viele Hände mit rum”, sagte sie. Die Regionalverbände hätten deshalb den Dachverband DSGV gebeten, die Wertschöpfungskette im Bereich Payments zu überprüfen. “Ich gehe davon aus, dass wir das Thema dieses Jahr angehen”, so Buchholz.

Keine Fusion von Deka und Helaba
Dass sie die diskutierte Fusion von DekaBank und Helaba “in den nächsten Jahren” nicht erwartet, begründet sie auch mit der Eigentümerstruktur der Helaba. Während die DekaBank den Sparkassen ganz gehört, zählt zu den Trägern der Helaba unter anderem das Land Hessen. Viele Sparkassen-Chefs sind gegen Bundesländer im Eigentümerkreis. “Ich sehe in der Gruppe derzeit keine Mehrheit dafür, dem Land seine Anteile abzukaufen”, sagte sie.

Ein weiterer Bereich, für den Buchholz um Anpassungen wirbt, betrifft das Sicherungssystem der Sparkassen. Die Rettung der NordLB hatte den Sektor viel Geld gekostet. Buchholz zufolge habe sich der Sektor darauf verständigt, künftig auch Abwicklungen als Alternative für Stützungen vorzusehen. Für solche Abwicklungen seien aber noch keine Strukturen und Verfahren festgelegt worden. Das müsse nun geschehen. Buchholz schlägt eine Art Bad Bank vor.

Die NordLB “hat seinerzeit Schiffe zum damaligen Marktpreis verkauft”, so Buchholz. “Angesichts steigender Preise hätte es offensichtlich mehr Sinn gemacht, die Portfolien liegenzulassen und erst später zu verkaufen.” (aa)

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