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Adler versus Fraser Perring/ Viceroy: Das ist Brutalität

Adler-Großaktionär Aggregate Holdings versucht, den durch die Anschuldigungen von Leerverkäufer Fraser Perring hervorgerufenen Vertrauensverlust bei Banken und Investoren mit einem tieferen Blick in das eigens beauftragte Gutachten zu zerstreuen. Wird die Übung gelingen?

© olly / stock.adobe.com

Seit einigen Tagen hat Aggregate mehr als ein Dutzend Exemplare einer 15-seitigen Zusammenfassung eines Berichts der Kanzlei Hogan Lovells an inzwischen weit mehr als ein Dutzend Banken und Investoren ausgehändigt. Im Gegenzug mussten diese eine Verschwiegenheitserklärung unterschreiben. Dies geht aus einem Brief hervor, der Bloomberg vorliegt. In den Bericht selbst hatte Bloomberg ebenfalls Einblick.

Tiefergehende Einblicke
Bislang hatte Aggregate in einer knappen Mitteilung bloß verlauten lassen, dass die von Hogan Lovells angestellte Untersuchung keinerlei Hinweise auf unbotmäßiges Verhalten ergeben habe, ohne jedoch Einzelheiten zu nennen. Die Vorwürfe von Perrings Viceroy Research zielen im Kern auf Immobiliendeals der Adler Group mit Großaktionär Aggregate und auf die Rolle des österreichischen Immobilienmagnaten Cevdet Caner ab.

Adler gehört zu den größten Investments von Aggregate
Die Viceroy-Vorwürfe haben in den vergangenen Monaten nicht nur das Unternehmen selbst, sondern auch Firmeneigner Günther Walcher unter Druck gebracht. Perring beschuldigt Caner, dessen Frau Gerda zweitgrößte Adler-Aktionärin ist, eine “Kabale von Kleptokraten” anzuführen.

‘Geschäftliche Gründe’
Im Zentrum der Vorwürfe steht die von Viceroy als tragend beschriebene Rolle Caners in Entscheidungsprozessen. Er und seine Vertrauten sollen über Transaktionen mit Aggregate außenstehende Aktionäre von Unternehmen der Adler-Gruppe geschädigt haben. Im Bericht von Hogan Lovells heißt es, für “wichtige Anschuldigen” im Bezug auf Caner und die Deals seien “keine Beweise” gefunden worden. Die Transaktionen hätten “geschäftliche Gründe”. Einige der Fragen, die in dem Perring-Bericht aufgeworfen wurden, reichte die Kanzlei an Adler und andere an dem Deals beteiligt Firmen weiter.

Im Folgenden die wichtigsten Transaktionen, die von Viceroy kritisiert und von Hogan Lovells überprüft wurden:
Aggregates Verkauf der CG Group an Consus Real Estate, ein Unternehmen, das Aggregate kontrolliert hat, bevor es 2020 mit Adler Real Estate fusioniert wurde
Aggregate hat 2016 eine Beteiligung an dem Unternehmen für 49 Millionen Euro erworben und sie ein Jahr später an Consus verkauft, für Consus-Aktien im Wert von 870 Millionen Euro. Laut Viceroy hat sich Aggregate bei dem Deal zu Lasten anderer Aktionäre bereichert.
Hogan Lovells erklärte hingegen, der Preisanstieg sei “zwar sehr erheblich, CG Group hatte sich jedoch in einer Notsituation befunden, dabei aber über exzellente und unterbewertete Projekte in den Geschäfts- und Wohnimmobilien verfügt”.

Ein Investment der Adler-Sparte Brack Capital in Consus
2018 beteiligte sich Brack mit 35 Millionen Euro an Consus; laut Viceroy profitierte Aggregate “erheblich von diesem Kauf”. Hogan Lovells merkt an, Viceroy habe nicht ausgeführt, in welcher Weise Aggregate profitiert habe oder die Transaktion unangemessen gewesen sei. Deshalb seien weitere Nachforschungen schlicht unmöglich.

Aggregates Optionsvereinbarungen mit Ado Properties
Laut Viceroy erhielt Aggregate 2019 eine Put-Option zum Verkauf ihres Consus-Anteils an Ado Properties. Für die Aktionäre der Ado sei der Kauf nachteilhaft gewesen, argumentiert Viceroy. Die Transaktion war bereits vor Viceroy von Investoren und auch vom damaligen Bundestagsabgeordneten Fabio De Masi kritisiert worden. Ado fusionierte letztlich im Jahr 2020 mit Consus und Adler Real Estate zur Adler Group. Hogan Lovells erklärte, die Mehrzahl der Beschuldigungen richte sich an Adler, Consus und Ado. Aggregate habe zu diesen Unternehmen keine bevorzugten oder besonderen Zugang gehabt.

Verkauf von Consus-Immobilienprojekten
Laut Viceroy seien auch beim Verkauf von Consus-Entwicklungsprojekten an die Partners Immobilien Capital Management und an die von einem ehemaligen Consus-Chef kontrollierte Groener Group die Aktionäre von Consus benachteiligt worden. cHogan Lovells erklärt hingegen, dass es “keine Beteiligung von Aggregate” an den Consus-Verkäufen zu geben scheine und dass Aggregate und Walcher diese als ordnungsgemäßen Verkaufsprozess zu marktüblichen Bedingungen betrachteten.

Vorwürfe gegen den Leerverkäufer erhoben
In ihrem Brief an die Banken und Investoren verwies Aggregate auch auf eine einstweilige Verfügung des Landgerichts Berlin vom November, das Viceroy auferlegt, einige Textpassagen aus ihrem Bericht zu streichen, in denen es um die Beziehung Walchers zu Caner geht. Zugleich erhebt der Bericht von Hogan Lovells Vorwürfe gegen Viceroy Research selbst. Die Qualität des Berichts sei “sehr wechselhaft” und einige Aspekte beruhten auf “bloßen Anekdoten und Hetzkampagnen”. Der Bericht sagt auch, dass die Ziele von Viceroy die Umsetzung erheblicher Leerverkäufe gewesen seien, bevor die Studie veröffentlicht wurde, in erster Linie durch Viceroy selbst oder verbundene Parteien.

Adler bestreitet die von Viceroy erhobenen Vorwürfe
Aber Adler hat noch nicht umfassend auf die Anschuldigungen geantwortet. Das Unternehmen hat die Veröffentlichung seiner Geschäftszahlen verschoben, um dem Wirtschaftsprüfer KPMG mehr Zeit zu geben, einen forensischen Bericht zu den Vorwürfen zu erstellen.

Was sagt die Gegenseite?
Fraser Perring erklärte, zu dem Hogan-Lovells-Bericht nicht Stellung beziehen zu können. “Wir stehen zu unserem Bericht, der ausführliche Verweise enthält, und halten es für bedeutsam, dass eine Reaktion des Unternehmens ausbleibt. Der Bericht und das Mandat von Hogan Lovells sollten vollständig öffentlich gemacht werden.” (kb)

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