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| Kommentar

Ifo-Chef Fuest für weiteres "Sondervermögen" mit Verfassungsrang

Die Bundesregierung kann laut Ifo-Chef Clemens Fuest ihre Investitions- und Klimaziele nicht ohne die Aufnahme neuer Schulden erreichen und sollte zu diesem Zweck ein weiteres Sondervermögen im Grundgesetz verankern.

Ifo-Chef Clemens Fuest 
Ifo-Chef Clemens Fuest © Nikola Haubner / Institutional Money

Zwar könne die Regierungskoalition ihre Subventionspläne überarbeiten und die CO2-Abgabe erhöhen, um die Auswirkungen des Gerichtsurteils von letzter Woche abzumildern, aber “ich halte es für unmöglich, die notwendigen Mittel allein durch Kürzungen und Steuererhöhungen aufzubringen”, sagte Fuest am Freitag im Interview auf Bloomberg TV.

Defizitfinanzierung unumgänglich
“Wir brauchen eine Defizitfinanzierung, um den Investitionsbedarf und die Infrastruktur der Energiewende zu finanzieren”, sagte Fuest. “Die Frage ist, wie das erreicht werden kann. Eine Möglichkeit ist die Verschuldung öffentlicher Unternehmen”, der bessere Ansatz bestehe aber darin, “einen neuen Fonds einzurichten und ihn im Grundgesetz zu verankern.”

Ohne CDU/CSU geht nichts
Dazu müsste sich die Ampelkoalition von Bundeskanzler Olaf Scholz im Bundestag die Unterstützung der CDU/CSU-Opposition sichern, wie bereits bei der Einrichtung des Sondervermögens Bundeswehr nach dem Einmarsch Russlands in der Ukraine. Fuest zufolge sei dies kurzfristig nicht möglich, “aber vielleicht nach Verhandlungen”.

Bundesregierung wird die Schuldenbremse in diesem Jahr aussetzen
Dies tut sie, nachdem Finanzminister Christian Lindner durch das Gerichtsurteil gezwungen wurde, rückwirkend mindestens 37 Milliarden Euro an Schulden umzubuchen, mit denen die Strom- und Gaspreisbremse finanziert wurde und die bislang aus dem Sondervermögen Wirtschafts- und Stabilisierungsfonds gezahlt werden sollten.

Bloomberg Economics schätzt, dass die prekäre Lage das Wirtschaftswachstum im nächsten Jahr um 0,5 Prozentpunkte verringern könnte, da sie mehrere große Investitionsprojekte in Frage stellt.

Szenarien
Das Worst Case-Szenario wäre für Fuest, wenn das Haushaltsloch “mit Ausgabenkürzungen und Steuererhöhungen gestopft würde”, sagte er. “Das hätte sehr negative Auswirkungen auf das Wachstum. Es könnte Deutschland im nächsten Jahr zurück in die Rezession stürzen.” “Mein Hauptszenario wäre, dass die Regierung es schafft, andere Lösungen zu finden”, so Fuest. Verbleibende Unsicherheit würde das Wachstum dann nur ein wenig dämpfen. “Ich denke, wir werden ein Wachstum sehen, wenn auch ein eher schwaches Wachstum — etwas zwischen vielleicht einem halben Prozent und einem Prozent.” (kb)

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