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3/2020 | Theorie & Praxis

»Wir sind Eine Brücke nach China«

Für Holger Sepp, Mitglied des Vorstands von Hauck & Aufhäuser, liegt die Zukunft in der Digitalisierung von Prozessen. Sein Haus arbeitet an Lösungen, die sich mit Anwendungen der Blockchain-Technologie sowie der Verwahrung von Kryptoassets befassen.

Das Bankhaus Hauck & Aufhäuser blickt auf mehr als 220 Jahre Erfahrung als Privat- und Investmentbank ­zurück. Heute liegt der Schwerpunkt des Geschäfts auf der Betreuung institutioneller Kunden, und das nicht ohne den Anschluss an die Moderne zu halten. Insgesamt werden mindestens fünf Prozent der jährlichen Bruttoerträge von Hauck & Aufhäuser in innovative Projekte investiert. Mit Holger Sepp, Vorstandsmitglied für Private Banking und Asset Services, haben wir über das Thema Asset Servicing und die weiteren Pläne seines Hauses gesprochen.

Herr Dr. Sepp, gleich zum Einstieg eine ­klärende Frage: Vermögensverwalter für die Reichen oder Dienstleister für insti­tutionelle Investoren – was trifft auf eine Privatbank wie Hauck & Aufhäuser zu?

Holger Sepp: Auf unser Haus trifft wirklich beides zu, letztlich sind das die beiden Zielgruppen, die wir bedienen. Über alle Geschäftsfelder hinweg betrachtet haben wir allerdings schon ein deutliches Übergewicht im institutionellen Geschäft. Aber es kann gut sein, dass wir von außen in erster Linie noch als eine der Top-Drei-Privatbanken in Deutschland, die wir inzwischen sind, wahrgenommen werden. Wobei sich die Vermögensverwaltung für Privatkunden und das Geschäft mit institutionellen Investoren immer stärker vermischen. Ein vermögender Privatkunde und ein Family Office stellen heute ähnlich hohe Anforderungen an eine Servicegesellschaft wie der klassische institutionelle Investor. Für uns bringt das die erfreuliche Tendenz mit, dass ein Private- Banking-Kunde, den wir heute in der Vermögensverwaltung betreuen, eventuell morgen für sein Unternehmen einen Spezialfonds in Luxemburg auflegt und umgekehrt.

Seit dem Jahr 2016 gehört Hauck & Aufhäuser zum chinesischen Fosun-Konzern. Wie hat sich das auf Ihr Haus ausgewirkt?

Ich bin zwar erst Anfang 2019 zu Hauck & Aufhäuser gestoßen, aber nach meiner eigenen Wahrnehmung kann ich nur sagen: Die neue Eigentümerschaft tut uns extrem gut. Wir haben mit Fosun einen Shareholder, der uns in den verschiedensten Bereichen unterstützt. Fosun hat zudem seine gesamten Luxemburger Beteiligungen, die früher bei verschiedenen Drittprovidern administriert wurden, unter unserem Dach in Luxemburg zusammengeführt. Und wir haben mit Unterstützung von Fosun die ehemals zu Oppenheim gehörende Fonds­plattform übernommen und erst jüngst mitten in der Coronakrise das Bankhaus Lampe. Das Netzwerk unserer chinesischen Mutter war natürlich extrem hilfreich bei der jüngst erfolgten Auflage des ersten Luxemburger Publikumsfonds unter der erst seit Januar 2019 geltenden Mutual Recognition of Funds (MRF) zwischen Hongkong und ­Luxemburg (siehe Kasten). Wir sind inzwischen so etwas wie die Brücke nach China oder, besser gesagt, zwischen China und ­Europa.

Bei einer solchen Konstellation stellt sich natürlich immer die Frage: Lässt Ihre chinesische Mutter Sie hier in Europa so agieren, wie Sie sich das vorstellen, oder greift sie stark ins Tagesgeschäft ein?

Aus den Erfahrungen heraus, die ich seit meinem Antritt bei Hauck & Aufhäuser gemacht habe, kann ich sagen: Wir haben wirklich einen sehr großen Freiraum in Bezug auf unsere unternehmerischen Entscheidungen. Man muss es sich eher so vorstellen, dass wir in Deutschland und Europa letztlich gesteuert werden wie ein Investment – über finanzielle Kennzahlen. Nun muss man fairerweise sagen, dass unsere Ergebnisse in den vergangenen drei Jahren auch wirklich gut und zunehmend besser ausgefallen sind. Das gibt sozusagen jedem Shareholder das Gefühl, dass wir die Dinge in seinem Sinne angehen.

Als Mitglied des Vorstands sind Sie neben dem Private Banking auch für das Asset Servicing verantwortlich. Was muss man sich unter einem Begriff wie Asset Servicing eigentlich genau vorstellen?

Im Grunde umfasst das jenen Bereich, der sozusagen am Ende der gesamten Wertschöpfungskette aller Prozesse im Asset Management steht. In Deutschland betrifft das die Aufgaben einer Kapitalverwaltungsgesellschaft, die Luxemburger Pendants sind der Alternative Investment Fund Manager (AIFM) und die UCITS-Management-Gesellschaft. Das ist unser Kerngeschäftsfeld und umfasst sowohl Financial Assets, also den Wertpapierbereich, als auch Real Assets, sprich die Sachwertanlagen. Hier bieten wir sämtliche Dienstleistungen rund um die Administration von Investmentprodukten für institutionelle Investoren wie auch unabhängige Vermögensverwalter und andere Finanzdienstleister. Als Gesamtanbieter aus einer Hand betreuen wir in ­Luxemburg Fondsinitiatoren bei der Konzeption, Realisierung und der ordnungsgemäßen Verwaltung ihrer Fonds­produkte bis hin zu deren Verwahrung. Die Administration umfasst neben der NAV-Kalkulation und der Abstimmung mit der Depotbank auch das gesamte Berichtswesen. Und dann gibt es mittlerweile einen ganzen Blumenstrauß an Zusatzservices drumherum.

Zum Beispiel?

Das kann zum Beispiel die ­Abwicklung der Handelsaktivitäten oder die Wertpapierleihe für einen Kunden sein, der einen Publikums- oder einen Spezialfonds mit uns aufgelegt hat. Einem Immobilienfondsinitiator bieten wir zum Beispiel die Möglichkeit der Brückenfinanzierung an, um ihm die Übergangsphase zwischen Fund­raising und Fondsauflage zu erleichtern. Zu den weiteren Zusatzservices gehört aber auch die Vertriebsunterstützung für den Fondsinitiator.

Über eine breite Aufstellung im Bereich ­Asset Servicing, die Sie betonen, verfügt auch eine Reihe Ihrer Mitbewerber. Was können Sie besser als die Konkurrenz?

Es geht gar nicht in erster Linie um die Frage besser oder schlechter. Wir haben eine Reihe verschiedener Modelle, über die wir auch heute schon mit anderen Häusern kooperieren, zum Teil auch mit ­direkten Mitbewerbern. In Deutschland zum Beispiel agieren wir heute zwar als Verwahrstelle, wir bieten hierzulande aber ­weder die KVG-Leistung noch die Fonds­administration an. Deshalb arbeiten wir hier durchaus eng mit Partnern wie Hansa-Invest oder Universal Investment zusammen oder auch mit anderen klassischen Master-KVGen. Das ist ein traditionelles Partnermodell. Wenn es um Luxemburg geht, dann werden aus diesen Partnern durchaus miteinander konkurrierende, aber immer noch befreundete Wettbewerber. In Luxemburg und seit Kurzem auch in Irland pitchen wir manchmal um die gleichen Mandate.

Irland ist ein gutes Stichwort. Hauck & Aufhäuser hat sich vor Kurzem auch an einer irischen Gesellschaft beteiligt. Warum?

Wir haben über eine unserer Luxemburger Töchter die Mehrheit an der Crossroads Capital Management Limited mit Sitz im irischen Dublin übernommen. Das Unternehmen vereinigt einen Alter­native Investment Fund Manager sowie ­eine UCITS-Management-Gesellschaft unter ­ihrem Dach. Irland ist ein wichtiger Knotenpunkt für die Auflage und den internationalen Vertrieb von Investmentfonds. Mit 4,6 Billionen Euro an Assets under ­Administration ist das Land nach Luxemburg der zweitgrößte euro­päische Hub. Daher war es für uns nur logisch, einen ersten stra­tegischen Schritt nach Irland zu gehen. Wir sehen es als Win-win-Situation für ­beide Seiten.

Die Frage ist: Können Sie da wirklich ­etwas verdienen, oder ist der Markt nicht schon zu stark besetzt?

Wir sehen in Irland durchaus gute Chancen, die sich uns eröffnen. Während die Luxemburger UCITS-Marke sich eher in Europa und auf den asiatischen Märkten etabliert hat, ist der Standort in ­Irland nach wie vor sehr attraktiv für angel­sächsische Initiatoren. Daher ist das für uns ein bedeutender Expansionsschritt. Davon abgesehen bietet der irische Markt speziell in Bezug auf das Thema Asset Servicing ­attraktive Perspektiven. Während die dortigen Management Companies, sprich die Verwaltungsgesellschaften, noch immer sehr stark in Händen der jeweiligen Asset Manager liegen, ist die Fondsadministration in der Regel zu 80, wenn nicht zu 85 Prozent an Asset Service Provider ausgelagert. Und von diesem Kuchen würden wir auch gern ein Stück haben.

Gibt es denn Pläne in Bezug auf den weiteren Ausbau Ihrer Standorte?

Wir haben seit vielen Jahren ­eine Niederlassung in der Schweiz, die sich aber auf das Asset Management und die Vermögensverwaltung konzentriert. Daneben gibt es noch Repräsentanzen in Paris und London. Und auch wenn unsere Kundschaft zunehmend internationaler wird: Was unsere Produktionsstandorte mit eigenen Teams angeht, wird es bei Deutschland, ­Luxemburg und Irland bleiben. Wir sind ein mittelständisches Haus und wollen das auch bewusst bleiben. Denn der Großteil unserer Kunden gehört dem Mittelstand an. Und auch wenn wir vielleicht nicht jedem ­Kunden jede Möglichkeit und jede Schnittstelle anbieten können: Im Vergleich zu ­einem Global Custodian können wir halt noch deutlich individueller und spezieller agieren.

Welche Themen werden Ihr Haus, vor allem aber auch Ihre institutionellen Kunden in den nächsten Monaten beschäftigen?

Es gibt natürlich eine Reihe von Themen, die die Banken und Finanzdienstleistungsbranche derzeit beschäftigen. Was im Grunde alle Institute – ob nun in Deutschland oder Luxemburg – in Atem hält, das ist die Steigerung der Transparenz in Bezug auf alles, was mit dem Thema Geldwäsche zu tun hat, und das nicht erst seit den jüngst bekannt gewordenen Ent­hüllungen rund um diesen Aspekt. Die ­Aufsichtsbehörden erwar­ten dazu inzwischen eine enorme ­Detailfülle an Informationen, was bei Anlegern zum Teil durchaus auf Fragezeichen stößt. Zumal sich mancher semiprofessionelle, aber auch viele private Anleger oft schwertun, bestimmte Infor­mationen zur Herkunft ihres Vermögens im Detail offenzulegen. Deshalb wird uns ­dieses Thema auch weiterhin begleiten. Der zweite wirklich bedeutende Komplex ist das Thema Nachhaltigkeit.

In Bezug auf Ihr eigenes Unternehmen oder Ihre Kunden?

Das betrifft weniger die Frage nach intern und extern. Das Thema Nachhaltigkeit zieht sich im Grunde durch alle Bereiche unseres Unternehmens, also ­sowohl die Ebene der Bank als auch die Ebene unserer Produkte und Dienstleistungen. Das reicht von den Anlageportfolios ­unserer Privatkunden über unser gesamtes Asset-Management-Geschäft bis hin zum Asset Servicing, wo wir sukzessive überall auf ESG-konforme Lösungen umstellen werden – allein schon um zu demonstrieren, dass wir ernsthaft Teil dieser ESG-Community sein wollen und nicht auf einen billigen Marketingeffekt aus sind. Im Hintergrund droht dabei der 10. März 2021. An diesem Tag tritt die Offenlegungsrichtlinie der EU in Kraft, und wir haben schon den Anspruch, die darin gesetzten Rahmenbedingungen vollständig zu erfüllen.

Und gleichzeitig wollen Sie jetzt auch noch in digitale Bereiche wie die Blockchain ­vordringen?

Die Digitalisierung unserer ­Prozesse findet längst statt und stellt einen bedeutenden Bereich unserer Strategie dar. Das bezieht sich nicht nur auf die Erfassung und Evaluation von Daten, zum Teil unterstützt von künstlicher Intelligenz, sondern auch auf die Verbesserung von Prozessen durch Automatisierung. Das sind inzwischen wichtige Bestandteile des technologischen Fortschritts, mit denen wir langfris­tig den steigenden digitalen Bedürfnissen unserer Kunden gerecht werden wollen. Nur so können wir ihnen helfen, ihr Geschäft zu optimieren und Wettbewerbsvorteile zu ­erzielen. Und in diesem Zusammenhang ­arbeiten wir auch an Lösungen, die sich mit Anwendungen wie der Distributed-Ledger-Technologie, der Blockchain sowie der ­Verwahrung von Kryptoassets befassen.

Haben Sie keine Angst, dass Sie sich selbst überflüssig machen durch den Einsatz von Blockchain-Technologien?

Ich habe natürlich entsprechende Berichte gelesen, wonach durch die Block­chain das Verwahrstellengeschäft demnächst überflüssig werden soll. Ich kann mir beim besten Willen nicht vorstellen, dass die Tokenisierung einen solchen Effekt ­haben wird. Die Kontrollfunktion der Verwahrstelle über den Asset Manager, aber auch über den Administrator wird auch künftig gebraucht. Aber die Prozesse und Verfahren werden sich ändern. Und bei dem Wachs­tum, das unser Haus in den vergange­nen Jahren an den Tag gelegt hat, braucht sich keiner unserer Mitarbeiter Sorgen zu machen. Und weil wir auch weiterhin wachsen wollen, wäre ich froh um jede frei werdende Kapazität, um sie an anderer Stelle sinnvoll und nutzbringend einsetzen zu können.

Wir danken für das Gespräch.

Hans Heuser


Erster Luxemburger Publikumsfonds in Hongkong zugelassen

Hauck & Aufhäuser hat über seine Luxemburger KVG den ersten Luxemburger Publikumsfonds unter der seit ­Januar 2019 geltenden Mutual Recognition of Funds (MRF) zwischen Hongkong und Luxemburg zum öffentlichen Vertrieb zugelassen. Das Bankhaus plant damit, insbesondere auch seine Drittfondspartner bei der Zulassung und beim Vertrieb ihrer Fonds in Hongkong zu unterstützen. Als ­Erstes wurde der hauseigene Fonds H & A Aktien Small Cap EMU des Asset Managers H & A Global Investment Management (HAGIM) zugelassen. Der Vertrieb von Fondsprodukten in Hongkong und China war bisher überwiegend bei großen europäischen beziehungsweise globalen Fondsanbietern im Fokus. Mit Hauck & Aufhäuser kann nun auch kleineren Fondsboutiquen der Zugang von ­Luxemburg aus nach Hongkong ermöglicht werden. Die Frankfurter Privatbank sieht in dem damit geschaffenen Zugang zum Finanzplatz Hongkong über ihre Gesellschaft in Luxemburg nach eigenen Angaben eine klare Erweiterung ihres Servicespektrums im Asset Servicing um einen echten USP. Dieser USP basiere auf der Zugehörigkeit zum chinesischen Investor Fosun, zu dem das Bankhaus seit 2016 gehört. In diesem Zusammenhang strebt Hauck & Aufhäuser an, Geschäftspartnern den Zugang nach China zu ermöglichen. Hierfür hat das Bankhaus die Abteilung China Desk eingerichtet, die den Vertriebszulassungsprozess gemeinsam mit der Hauck & Aufhäuser Fund Services S.A. verantwortet hat. Im nächsten Schritt will das Bankhaus sich darauf konzentrieren, sukzessive sein Vertriebsnetzwerk für institutionelle Investoren wie auch Privatanleger vor Ort auszubauen. Man nutze dafür im Interesse der Kunden die Synergien, die sich aus der Zusammenarbeit mit Fosun ergeben. Für Hauck & Aufhäuser ist die erfolgreiche Vertriebszulassung für Fonds in Hongkong ein Meilenstein in der eigenen Internationalisierungsstrategie.


Langjähriger Kenner der Asset-Management-Szene

Holger Sepp (Jahrgang 1965) ist promovierter Volkswirt mit Stationen im Asset Management, Private Banking und Asset Servicing. Seit dem 1. Februar 2019 ist er Mitglied des Vorstands bei Hauck & Aufhäuser und verantwortet die Bereiche Asset Servicing und Private Banking. Zuvor verantwortete er bei der Caceis Bank seit 2010 zum einen als Geschäftsführer und Mitglied der Niederlassungsleitung das Asset Servicing der Gruppe in Deutschland. Zum anderen war er für alle deutschen und österreichischen Kunden der Gruppe weltweit verantwortlich. Dabei agierte er von den Standorten Frankfurt, München und Luxemburg aus. ­Davor war Sepp von 2006 bis 2010 als COO/CFO und CRO für das Asset Management und Private Banking bei Sal. Oppenheim verantwortlich. Zwischen 2000 und 2005 war er zuerst Leiter Konzernentwicklung der DekaBank und später Geschäftsführer der Deka Investment KAG. Nach einer Banklehre, seinem Studium der Volkswirtschaftslehre und einer Dissertation an der ­Albert-Ludwig-Universität in Freiburg sammelte Sepp seit 1993 weitere Berufserfahrungen im Bereich der Managementberatung und war bis 1999 Partner und Mitinhaber einer auf ­Financial Services spezialisierten Unternehmensberatung.

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