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2/2024 | Produkte & Strategien

Schwellenangst vermeiden

Einen innovativen Diversifikationsansatz präsentierte Robeco auf dem Institutional Money Kongress 2024 für Investoren, die ein Engagement in den ­Emerging Markets in Betracht ziehen.

Emerging Markets gelten nunmehr schon seit Jahrzehnten als potenzielles Wachstumssegment. Volatilitäten, regionale und länderspezifische Risken dieser äußerst ­inhomogenen Investmentregion lassen passive Investments aber äußerst schwierig erscheinen. 
Emerging Markets gelten nunmehr schon seit Jahrzehnten als potenzielles Wachstumssegment. Volatilitäten, regionale und länderspezifische Risken dieser äußerst ­inhomogenen Investmentregion lassen passive Investments aber äußerst schwierig erscheinen. © Lila Patel | stock.adobe.com

Schwellenländer befinden sich dieser Tage im Fokus der Nachrichtenlage. Unglücklicherweise ist diese enorm negativ. Im Osten Europas herrscht Krieg, im Nahen Osten ebenso. Die Nachrichten aus Lateinamerika sind wiederum von Drogenkonflikten wie etwa in Ecuador oder fragwürdigen ökonomisch-sozialen Experimenten wie in Argentinien bestimmt.

Bekanntlich bedeutet das aber nicht zwingend, dass ein Investment in diesen Regionen unprofitabel sein muss, wie etwa die niederländische Robeco auf dem Institutional ­Money Kongress 2024 im Rahmen ihres Workshops zum Thema Emerging Markets herausarbeitete. „Der prinzipielle Reiz von Emerging Markets ist der einer klassischen Wachstumsgeschichte. Im Vergleich zu den Developed Markets starten Emerging Markets derzeit von einer niedrigeren ­Basis und könnten daher ein höheres wirtschaftliches Wachstum erzielen. Dabei profitieren Emerging Markets auch von ihren demografischen Gegebenheiten und weisen grundsätzlich jüngere und schneller wachsende Bevölkerungen auf, die auch zur höheren Vitalität ihrer Wirtschaften bei­tragen. Dennoch sind Anlagen in Schwellenländern nicht ­ohne Herausforderungen. Historisch gesehen waren diese Märkte riskanter als entwickelte Märkte, was sich in einer höheren Volatilität und stärkeren Kursrückgängen ausdrückte. Zusätzlich können in einzelnen Ländern weitere Risiken wie Währungsschwankungen, geopolitische Probleme oder staatliche Interventionen auftreten“, erklärte Jan de Bruijn, der die Runde gemeinsam mit Wilma de Groot bestritt.

Was am Setting des Workshops herausstach, war der ­Ansatz, quantitative und qualitative Ansätze desselben Hauses gegeneinander antreten zu lassen und herauszuarbeiten, welcher Ansatz in welchem Umfeld am besten performt.

Außer Spesen …?

Ein Blick auf die zehnjährige Entwicklung des MSCI Emerging Markets (siehe Chart „Höhen und Tiefen“) zeigt jedenfalls, dass ein sophistizierter und hochaktiver Ansatz not­wendig ist, um aus der Region ein rentables Investment ­herauszukitzeln. Blieb man jedoch bei einem passiven Buy-and-Hold-Ansatz, heißt es nach zehn Jahren: Außer Spesen nichts gewesen.

Aus Sicht der Quant-Spezialistin de Groot bedeutet das jedenfalls, dass „sich die länderspezifischen Risiken in einem globalen Emerging-Markets-Portfolio weitgehend diversifizieren lassen“. Weiters weist die Quant-Spezialistin darauf hin, dass „die Volatilität von Emerging Markets in den letzten Jahren auf das Niveau von entwickelten Märkten gesunken ist“. Demnach haben Emerging Markets von 1999 bis 2011 eine bessere Performance erzielt als die Börsen der ent­wickelten Länder, hinken diesen aber hinterher (siehe Chart „Emerging Markets im Vergleich zu Industrienationen“).

De Groot weist auch darauf hin, dass Emerging Markets tendenziell eine überdurchschnittliche Performance erzielen, wenn sie relativ gesehen teurer werden als die Aktienmärkte der Industrieländer, und eine unterdurchschnittliche Performance, wenn sie billiger werden als diese (Anm.:?rote Linie im Chart „Emerging Markets im Vergleich zu Industrienationen“ sowie im Chart „Teuer oder billig?“).

Insgesamt erklären aus Robecos Sicht überwiegend unterschiedliche Bewertungsniveaus und nicht Fundamental­daten die Underperformance von Emerging Markets in den letzten Jahren. „Dies führt dazu, dass Emerging Markets ­aktuell einen Bewertungsabschlag aufweisen, der so zuletzt vor 20 Jahren gesehen wurde – genau zu dem Zeitpunkt, als sie begannen, Developed Markets zu übertreffen“, erklärt der auf fundamentale Ansätze spezialisierte de Bruijn.

Konkret sind Emerging Markets mit einem erwarteten Kurs-Gewinn-Verhältnis (KGV) von 11,3 (Stand: Ende Januar 2024) um mehr als 35 Prozent günstiger als entwickelte Märkte mit einem erwarteten KGV von 17,7. Zudem gehen die Robeco-Manager davon aus, dass die entwickelten Märkte mit ihrem Kampf gegen die Inflation viele makroökonomische Vorteile der letzten Jahre verlieren. „Die quantitative Lockerung ist Geschichte, die Realzinsen normalisieren sich, während Emerging Markets von niedrigerer Kerninflation, wachsenden Devisenreserven, Handelsüberschüssen und umsichtiger Fiskalpolitik profitieren. Möglicherweise haben Investoren auch Bedenken hinsichtlich nachhaltiger Investitionen in Emerging Markets“, so de Bruijn. Auch aus Sicht der Governance gibt es laut Robeco bezüglich der Emerging Markets relative Entwarnung – demnach befänden sich die nachhaltigsten Unternehmen in den Emerging Markets auf Augenhöhe mit jenen in entwickelten Märkten.

Quantitativ versus fundamental

Vor diesem Hintergrund hat Robeco die Performance von quantitativen und fundamentalen Investmentstilen in den Emerging Markets untersucht. Muss man fundamental vorgehen, um in Schwellenmärkten erfolgreich zu sein? Oder sind fundamentale Investoren nur verkappte Faktorinvestoren? Oder bietet die Kombination das Beste beider Welten? Um diese Fragen zu ergründen, zog die Analyseabteilung die Datenbank von eVestment, einem führenden Datenanbieter für institutionelle Vermögensverwalter, die mehr als 27.000 institutionelle Strategien in über 700 Universen abdeckt, heran. Die Analysten wenden dabei mehrere Filter an, um sicherzustellen, dass nur Strategien Eingang finden, die in Large- und Mid-Cap-Aktien von Emerging Markets ­investieren. Dazu schließen sie etwa Mischfonds oder Stra­tegien aus, die nur in einzelne Länder investieren.

Der Start der Analyse ist auf April 2011 festgelegt – das entspricht dem ersten Monat der Emerging-Markets-Conservative-Equities-Strategie von Robeco in der eVestment-Datenbank. Die Stichprobe umfasst auch vier weitere EM-Aktienstrategien von Robeco: die zwei fundamentalen Strategien EM Core und EM Stars sowie die zwei quantitativen Strategien EM Enhanced Indexing und EM Active Quant. Insgesamt umfasst die Auswertung 162 Strategien, bestehend aus 123 fundamentalen und 39 quantitativen Strategien. Das Ergebnis hat das Haus in seinem Anfang 2024 erschienenen White Paper „Embracing fundamental and quant investing in emerging markets“ zusammengefasst.

Information Ratio

Insgesamt zeigt sich in der Arbeit, dass beide Gruppen mit einer durchschnittlichen Überperformance von rund zwei Prozent per annum den Markt schlagen. Eine weitergehende Analyse zeigt jedoch auch Unterschiede zwischen den beiden Anlagestilen. So gehen fundamentale Manager typischerweise höhere aktive Risiken (Tracking Error, TE) ein, was zu relativ höheren Information Ratios (IRs) für quan­titative Strategien wie Robeco Emerging Markets Enhanced Indexing oder Robeco Emerging Markets Active Quant führt. „Höhere TEs sind jedoch meist eine Voraussetzung für hohe Outperformance. Interessanterweise leiten sich die ­hohen TEs der leistungsstärksten Strategien oft von einer ­unterdurchschnittlichen absoluten Volatilität ab, was die Wirksamkeit von Low-Risk-Strategien in Schwellenländern hervorhebt“, erklärt de Bruijn.

Risikoreduzierung

Bei der Betrachtung der Investmentstile zeigt sich, dass quantitative Strategien typischerweise durch die vier Stilfaktoren „Size“, „Value“, „Quality“ und „Momentum“ getrieben sind. Dagegen weisen fundamentale Strategien oftmals ein negatives Value-Exposure auf, was eher einem Growth-Anlagestil entspricht. Diese Unterschiede unterstreichen die strategische Möglichkeit, die Portfoliodiversifikation durch die Kom­bination von quantitativen und fundamentalen Stilen zu verbessern.

Tatsächlich ist die durchschnittliche Outperformance-Korrelation von Strategien innerhalb der Gruppe fundamentaler Strategien mit 0,21 oder quantitativer Strategien mit 0,28 deutlich höher als die durchschnittliche Korrelation zwischen fundamentalen und quantitativen Strategien, die nur bei 0,06 liegt. Eine derart niedrige Korrelation legt laut ­Robeco nahe, dass die Kombination von fundamentalen und quantitativen Strategien durch die Reduzierung des ­aktiven Risikos eine stabilere Outperformance generieren kann.

Das Chartbild, wie es sich in „Eine Frage des Mixes“ darstellt, zeigt demzufolge, wie die Performance aller möglichen 50/50-Kombinationen aus fundamentalen und quantitativen Strategien (rot) im Vergleich zu den rein fundamentalen (hellblau) und rein quantitativen (dunkelblau) Strategien.

Dabei führt die Kombination der beiden Strategien zu ­einem Anstieg der IR, die rund 25 Prozent höher ist als die durchschnittliche IR der beiden Untergruppen. Die weiteren Darstellungen verdeutlichen, dass diese Verbesserung aus einer Reduktion des TE folgt und dass die Kombination von fundamentalen und quantitativen Strategien auch die relativen Drawdowns reduziert.

Fazit und Schlussfolgerungen

Schlussendlich weist das Robeco-Paper aus, dass sowohl ­fundamentale als auch quantitative Strategien in Schwellenländern Alpha erzielen können. Während die beiden Anlagestile ähnliche durchschnittliche Renditen erzielen, unterscheiden sie sich in puncto Risiko. Gemäß diesen Ergebnissen weisen quantitative Fonds in der Regel geringere aktive Risiken auf. Beide Anlagestile sind komplementär, sodass ­eine strategische Kombination Diversifikationsvorteile birgt, die nicht nur zu einer höheren Information Ratio, sondern auch zu einem ausgewogeneren Risikoprofil führen.

„Die Kombination von fundamentalen und quantitativen Strategien sollte jedoch nicht willkürlich, sondern nach Maß erfolgen. Beispielsweise sollte die Kombination die Erfüllung eines gegebenen Anlageziels verstärken, zum Beispiel das Übertreffen des MSCI EM Index in klar definierten Risikogrenzen. Dabei ergibt es Sinn, fundamentale und quantitative Strategien mit einem ähnlichem Tracking Error, aber unterschiedlichen Faktor-Exposures zu kombinieren“, fasst de Groot zusammen.

„Alternativ kann das Hinzufügen einer Low-Risk-Strategie zu einer überdurchschnittlich risikoreichen fundamentalen Strategie das Risikoprofil des Gesamtportfolios abrunden. Insgesamt unterstreicht unsere Studie die komplementäre Natur von quantitativen und fundamentalen Strategien und die damit verbundenen Vorteile von Schwellenländeran­lagen“, wie das Fazit von de Bruijn lautet.

Fest steht angesichts der Erfahrungswerte der vergangenen zehn Jahre:?Um eine aktive Strategie kommt man in den Emerging Markets so oder so nicht umhin.

Hans Weitmayr

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