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4/2022 | Produkte & Strategien

Nischenerfolg

In Zeiten wie diesen stellen gut gemachte Long/Short-Equity-Ansätze im UCITS-Mantel – wie der Seahawk Equity Long Short Fund – eine attraktive Diversifikationshilfe dar.

Der Seahawk Equity Long Short Fund will in jeder Marktphase positive Erträge liefern. Der Fokus liegt dabei auf den Sektoren Transport und Energie.
Der Seahawk Equity Long Short Fund will in jeder Marktphase positive Erträge liefern. Der Fokus liegt dabei auf den Sektoren Transport und Energie.© hit1912 | stock.adobe.com

Wenn Aktien- und Rentenmärkte gleichzeitig abtauchen, wie dieses Jahr geschehen, wird der Ruf nach möglichst unkorrelierten Assets laut, die einen positiven Ertrag bringen. Damit gewinnt der Absolute-Return-Bereich wieder an ­Terrain. Liquid Alternatives sind dabei ­jenes Revier, wo Asset Manager zu Perlentauchern werden, um Portfoliostabilisa­toren zu finden. Eine solche Perle ist der Seahawk Equity Long Short Fund, der Mitte 2019 an den Start ging. Aufgelegt als globaler Aktien-Long/Short-Fonds, fokussiert sich der von der eigentümergeführten Seahawk Investments mit Sitz in Oberursel und ihrem Mitgründer, Geschäftsführer und Portfoliomanager Hubertus Clausius gemanagte Fonds im Wesentlichen auf zwei ­Sektoren, nämlich Transport und Energie, wo man spezielles Know-how besitzt, das bei den Eigentumsverhältnissen unmittelbar sichtbar wird. Die Muttergesellschaft von Seahawk Investments ist die 2013 gegründete Transport Capital, die im Investment und Corporate Advisory Business von Private Debt tätig ist, 28 Finanzierungsspezialisten weltweit in den beiden Sektoren Transport und Energie aufweist und über Büros in Hamburg, Athen, Singapur, Peking und New York verfügt.

Das Investmentteam besteht einmal aus Hubertus Clausius, der über 20 Jahre Erfahrung im institutionellen Portfoliomanagement verfügt und zuletzt mehr als zehn Jahre als institutioneller Fondsmanager tätig war. Dazu kommen die drei Managing Partner der in Singapur ansässigen Muttergesellschaft Transport Capital, die die Bereiche Aviation (Soeren Ferre), Schifffahrt (Philip Clausius) und Offshore Energy (Joshua Politis) verantworten und ihr Know-how und Industrienetzwerk in diesen sehr speziellen Sektoren zur Verfügung stellen. Schließlich geht es darum, Opportunitäten bei Aviation und Shipping zu identifizieren, die als Nischenmärkte weniger als ein Prozent der Marktkapitalisierung breiter Indizes ausmachen. Clausius kann auch auf eine Researchkraft in Singapur zurückgreifen, die ihm bei der Einzelsektoranalyse zuarbeitet, und dann gibt es noch einen angeschlossenen Schiffsmakler. „Das umfassende Netzwerk hat mir sehr dabei geholfen, mich in diese sehr speziellen Sektoren einzuarbeiten“, sagt Clausius, der aktuell einen Junior Portfolio Manager für Oberursel sucht.

Underresearched, ­ineffizient

Die Sektoren Transport und Energie werden nur von wenigen Analysten abgedeckt und bieten damit Ineffizienzen, die spezia­lisierte Investment Manager mit tiefem Marktverständnis ausnutzen können. Ertragsquellen können aber auch Performanceabweichungen zwischen Sektoren und Subsektoren sein. Daneben führt die ­Industrie- und Einzeltitelanalyse zur Identifikation von Fehlbewertungen, die dann zum Eingehen von Long- beziehungsweise Short-Positionen innerhalb der Kernsektoren genutzt werden. Ein Long-only-Ansatz wäre zu volatil. So kam Clausius auf die Idee, die Nische mit einem Long/Short-Ansatz mit vertretbarer Volatilität investierbar zu machen. Langfristiges Performanceziel sind acht bis zehn Prozent jährlicher Ertrag nach Kosten. Dabei soll die Volatilität des Seahawk Equity L/S Fonds niedriger ausfallen als jene der Kernmärkte. Angestrebt wird eine Sharpe Ratio von 0,75. Der Fonds versteht sich als Aktiensurrogat beziehungsweise -ergänzung, der zur Verbesserung der Effizienz eines Gesamtportfolios beiträgt, indem seine Beimischung die Efficient Frontier im Risiko-­Ertrags-Diagramm eines aus Aktien und Renten bestehenden Mischportfolios verbessert (siehe Grafik „Interessante Diversifikationseigenschaften“). Dazu kommt, dass die jeweiligen Sektoren und Subsektoren historisch betrachtet unter­­einander niedrige Korrelationskoeffizienten aufweisen. Innerhalb des Aktien-Long/Short-Fonds können in einzelnen Sektoren sowie Subsektoren sowohl Netto-Long- als auch Netto-Short-Positionen eingenommen werden. Insgesamt zielt der Fonds auf ein ausgewogenes Exposure mit einem gewichteten Aktienmarkt-Betafaktor von durchschnittlich 0,25 bis 0,65 ab.

Investmentprozess

Das Anlageuniversum ist trotz des Fokus auf zwei Sektoren einigermaßen vielfältig, subsumiert man doch unter Transport ­sowohl die Schifffahrt – mit ihren unterschiedlichen Schiffstypen von Dry-Bulk über Container bis zu LPG- und LNG-Tankern, Kreuzfahrtschiffen, Werften und Häfen – als auch Luftfrachtdienste und Logistik, Flugzeughersteller und -zulieferer, Fluglinien und -häfen, Raumfahrtindustrie und Verteidigung sowie Flugzeugleasing, nicht zu vergessen die Eisenbahnen und Spedi­tionsdienstleister. Der Energiesektor wiederum setzt sich aus den Erneuerbaren (On- und Offshore-Wind, Solar, Wasserstoff, Carbon Capture), integrierten Ölkonzernen, Explorern und Produzenten sowie Ölservices und den Versorgern zusammen. Seahawk verfolgt einen Top-down-Anlageprozess. Hier wird im ersten Schritt, abgeleitet aus dem Makro-Bild und dem Branchen-Know-how, eine Einschätzung der jeweiligen ­Attraktivität des Sektors vorgenommen und daraus eine Netto-Beta-Positionierung für Energie, See- und Luftfracht festgelegt. Diese wird dann mit Long- und Short-Positionen bestückt. Während auf der Long-Seite in aller Regel aufgrund der fundamentalen Einzeltitelanalyse Aktien inklusive Preferred Shares (eine Art Vorzugsaktien) selektiert werden, setzt Clausius auf der Short-Seite meist Futures auf Sektorindizes wie etwa den Stoxx 600 Oil & Gas ein, um konkret das Ölpreisrisiko herauszunehmen. Auf der Long-Seite wird dann beispielsweise in ausgewählte Titel aus dem Ölservicesektor allo­kiert. Aber auch Einzeltitel – wie in der Coronakrise durch Leerverkäufe von Aktien des Kreuzfahrtanbieters Carnival und im Aviation-Sektor Lufthansa – werden geshortet. Sentiment- und Chartanalysen spielen eine geringe Rolle.

Risikomanagement

Typischerweise bewegt sich das Brutto-Exposure des Fonds zwischen 165 und 225 Prozent; das Maximum beträgt 300 Prozent. Das Netto-Beta-Exposure liegt in aller ­Regel zwischen 15 und 60 Prozent, wobei die Mini-Max-Werte bei minus 15 respektive plus 85 Prozent zu liegen kommen. Was das individuelle Exposure anbelangt, so ­beträgt dies bei Longs zwischen zwei und sechs Prozent, bei Shorts zwischen 1,5 und 3,75 Prozent. Das Maximum für Long-Positionen liegt bei zehn Prozent, bei Short-Positionen sind es sechs Prozent. Seahawk führt als Subadvisor ein permanentes Risikomonitoring von Einzelrisiken und des Portfoliorisikos durch. Dazu kommen Value-at-Risk-Analysen mit Bloomberg-Unterstützung und Monte-Carlo-Simulationen, Szenarioanalysen, Stresstests und eine tourliche Liquiditätsrisikoanalyse. Fondsadministrator IP Concept wiederum führt mit IP.Risk ebensolche Tests durch, bewertet die Assets und ist für die Pre-Trade und Post-Trade Compliance zuständig. Zur aktuellen Situation hält Clausius fest: „Das übergeordnete Risikomanagement war ein starkes risikokontrollierendes Element. So haben wir im September gerade einmal 1,1 Prozent verloren, waren heuer relativ konser­vativ unterwegs und haben unser Risikobudget, gemessen am VaR, nicht voll ausgenutzt. Sonst hätten wir noch besser performt. Das ist aber nicht unsere Absicht, sondern wir wollen mit dem Ansatz die ­Volatilität auf die Hälfte des Werts beschränken, den diese beiden Sektoren ­jeweils für sich aufweisen.“ Die Tabelle „Performance- und Risikoanalyse“ vergleicht die Fonds-Live-Resultate sowohl mit den breiten Aktienindizes als auch den Sektorindizes, die teilweise Volatilitäten jenseits von 40 Prozent aufweisen.

Aktuelle Positionierung

Unter den Top-Ten-Titeln befinden sich derzeit so unterschiedliche Unternehmen wie Hafnia Limited, eine Holding in Singapur, deren Haupttätigkeit in der Erbringung globaler Seeverkehrsdienstleistungen auf dem Produktentankermarkt besteht. Ihre Schiffe befördern Erdölprodukte, Pflanzenöl und Chemikalien. Dann ist da auch Southwest Airlines, eine der führenden US-Fluggesellschaften, hoch gewichtet. Southwest konzentriert sich auf Kurzstrecken- und Point-to-Point-Flüge. Dadurch werden die Kosten gering gehalten, und die Flüge können zu günstigen Preisen angeboten werden. Heute steuert man rund 100 Flughäfen in fast allen US-Bundesstaaten sowie Mexiko und ­Jamaika an. Zu nennen ist des Weiteren Aercap Holdings, ein niederländisches Unternehmen mit Sitz am Flughafen Amsterdam. AerCap ist eine der weltweit größten Flugzeugleasinggesellschaften.

Versprochen und geliefert

Man sollte bedenken, dass die beiden Sektoren Energie und Transport in diesem Jahr aufgrund der fundamentalen Ausgangssituation und des Russland-Ukraine-Krieges ordentlich Rückenwind erfuhren. Per Ende Oktober 2022 kann der Seahawk Equity L/S auf eine kumulierte Performance von 107,4 Prozent verweisen, was einer annualisierten Wertentwicklung nach sämtlichen Kosten von 23,59 Prozent (Seed-Financing-Anteilsklasse S) entspricht. Dieser steht eine annualisierte Volatilität von 19,51 Prozent gegenüber, woraus sich eine Sharpe Ratio von beeindruckenden 1,21 errechnet. Da nimmt man auch gern die 15-prozentige Gewinnbeteiligung des Managements in Kauf. Seahawk kann offensichtlich auch mit Shorts Geld verdienen: Die Analyse zeigt, dass der Performancebeitrag der Short-Instrumente year to date per Ende September 2022 bei zirka 2,7 Prozent liegt. Clausius: „Die wesentlichen Performancetreiber der Anlagestrategie lagen jedoch auf der Long-Seite. In diesem Jahr konnte insbesondere die Bereiche Energieexploration und -produktion, Ölservices wie auch der Bereich Transportenergie (Tankschifffahrt) sehr stark zulegen. Eine dezidierte Performance-attribution wird im nächsten Jahr mit einem neuen Tool lieferbereit sein.“

Wermutstropfen für tiefe Taschen ist das relativ geringe Volumen von 47,97 Millionen US-Dollar per Anfang November 2022. Die Strategie erlaubt maximal eine Milliarde an Assets und kann damit immer nur ein Satelliteninvestment in einer institutionellen ­Asset Allocation sein. Aber sie ist auf jeden Fall einen näheren Blick wert. Von Seahawk Investments wird man übrigens künftig noch mehr hören: Konkret arbeitet man mit der Muttergesellschaft Transport Capital an einer auf den maritimen Sektor ausgerichteten Debt-Fund-Strategie, die konservativen insti­tutionellen Anlegern eine attraktive Anlagemöglichkeit als Ergänzung zu den klassischen Rentenanlagen bieten soll. Man bleibt damit in seiner Nische, die man offensichtlich gut beherrscht.

Dr. Kurt Becker

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