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Isabella Weber: Katastrophenschutz für Inflation

Auf dem Institutional Money Kongress führte die in Massachusetts wirkende Ökonomin aus, wie es aus ihrer Sicht zu den aktuell hohen Inflationsraten gekommen ist und mit welchen wirtschaftspolitischen Maßnahmen man in Zukunft einer ähnlichen Krise schon im Vorfeld entgegenwirken könnte.

Einer der Höhepunkte des Institutional Money Kongresses war sicherlich der Auftritt von Isabella Weber, die landläufig als "Erfinderin der Gaspreisbremse" bekannt ist. Die in Massachusetts wirkende Ökonomin legte dar, wir sie zu ihrer zunächst extrem angefeindeten Forderung nach einer Gaspreisbremse gekommen ist. Die Ökonomin hatte sich ursprünglich auf das Studium der chinesischen Ökonomie und Wirtschaftsgeschichte spezialisiert – eine Aktivität, die schlussendlich in den Bestseller "How China Escaped Shock Therapy" gemündet ist. In ihrer Arbeit fielen der Ökonomin Parallelitäten zu Entwicklungen rund um die Covid-Pandemie und die steigenden Teuerungsraten auf. Weber forschte weiter und kam zu dem Schluss, dass sich die westlichen Wirtschaftssysteme bei Weg aus dem pandemiebedingten Shut Down ähnlichen Herausforderungen gegenübersahen wie Europa unmittelbar nach dem 2. Weltkrieg – das traf insbesondere auf die Effekte von Lieferengpässen und die Umstellung der Produktionsketten zu.

Demnach käme es zu informellen und nicht abgesprochenen kartellähnlichen Zuständen bei der Preisbildung. Da allen Produzenten einer betroffenen Branche bekannt ist, dass der gesamte Mitbewerb unter Lieferengpässen leidet und die bestehende Nachfrage nicht bedienen kann, können alle Marktteilnehmer sanktionslos die Preis anheben. Das ist marktwirtschaftlich natürlich in Ordnung, kann aber zu starken sozialen Spannungen führen.

Zusammenhängende Sektoren & Schocksimulationen
Unterschätzt habe man in diesem Zusammenhang die Interdependenzen der einzelnen Sektoren. So wirken sich Preissteigerungen in machen Industrien unverhältnismäßig stark auf die Preise anderer Branchen aus – um diese Einflüsse für die USA zu messen, bediente sich Weber des "Leontief Preis Modells", benannt nach Wassily Leontief, einem US-Ökonom, der vor allem in den 1940er-, und 1950er-Jahren des vorigen Jahrhunderts gewirkt hat und die Wirtschaft als Kreislauf-Input-Output-System verstanden hat.

Entlang Leontief-Modells simulierte Weber einen Preisschock auf 72 Sektoren und in wie weit diese Sektoren die Preisbewegungen in anderen Sektoren beeinflusst haben. Untersucht hat sie dabei die Zeit vor der Pandemie, die des Lockdowns und die der russischen Invasion. Die Ergebnisse sind markant und weisen einen deutlich höheren Einfluss von Energieträgern bei der Preisbildung aus, als es die herkömmlichen Modelle tun (Anm.: Spezifische Resultate siehe Chart-Serie oben).

Weber ortet vor diesem Hintergrund eine Problem bei der seit Volcker üblichen Vorgehensweise zur Inflationsbekämpfung. Denn "wenn Preisschocks systemisch werden, ist es nicht möglich, jedes Mal mit Zinserhöhungen zu reagieren, insbesondere dann nicht wenn die Wirtschaft bereits kurz vor einer Rezession steht, eine Bankenkrise droht und in der Zukunft die Zinsen gegebenenfalls bereits hoch sind wenn der Schock eintritt."

Forderung nach Inflations-Katastrophenschutz
Demzufolge brauche es "ein neues wirtschaftliches Stabilisierungsparadigma, das vom Katastrophenschutz in anderen Bereichen lernen kann. Das heißt: Monitoring und Vorbereitung auf Schocks in systemisch relevanten Bereichen sowie Verbesserung der Resilienz, so dass Schocks da absorbiert werden können wo sie treffen."

Preiskontrollen, wie eben der von Weber mit verhandelte Gaspreisdeckel sind schließlich nur "ein Notfallmittel wenn der Katastrophenschutz versagt. Sie können Zeit kaufen für Maßnahmen, die den Schock ausbügeln. Ihre Effektivität kommt darauf an wie die gekaufte Zeit genutzt wird." (hw)

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