Institutional Money, Ausgabe 4 | 2023

schläge (siehe oberer Chart aus „Differenzierte Schiefe“) . In drei Episoden war RSK deutlich negativ: in der Dotcom-Blase 1998 bis 2000, in der Finanzkrise von 2007 bis 2009 und in der Zeit seit 2015, als die Fed ihren Leitzins von der Null- zinsgrenze weg anhob. Die Schiefe nimmt nach dem Aus- bruch der Covid-19-Pandemie Anfang 2020 stark ab, erreicht jedoch dann nach den globalen fiskalischen und monetären Anreizen historisch hohe Werte. RSK erweist sich zwar als „eine einfache und nützliche Messgröße, die leicht zugänglich, aber von einem relativ hohen statistischen Rauschen begleitet ist und als Indikator nur in der Rückschau funktioniert. Implizierte Schiefe (Implied Skewness, ISK) leidet laut den Autoren nicht unter diesen Nachteilen. Über die gesamte Stichprobe hinweg ist das durchschnittliche Niveau der ISK leicht positiv mit einem Mittelwert von 0,10 und einer Standardabweichung von 0,30 (siehe unterer Chart aus „Differenzierte Schiefe“) . „Es gibt erhebliche, anhaltende Ausschläge in der bedingten Schiefe, die auf sich verändernde Risikowahrnehmungen für zukünftige Renditen hinweisen“, erklärt Bauer. Ähnlich wie die realisierte Schiefe zeigt ISK ausgeprägte zyklische Schwankungen im Verlauf der Stichprobe – aber die Ausschläge der Kurve sind viel persistenter: Die Auto- korrelation erster Ordnung zwischen monatlicher ISK und den Renditen auf dem Anleihenmarkt beträgt 0,95, wäh- rend sie für RSK nur 0,42 beträgt. Besonders auffällig ist das Verhalten während der ersten Episode der Nullzinsphase, als der Leitzins der Fed nahe null lag. Zwischen 2009 und 2014 betrug der Durchschnitt von ISK 0,35, während dieser außerhalb dieses Zeitraums nur 0,04 betrug. Kurz vor dem Abheben der Zinsen im Jahr 2015 verschob sich die Schiefe deutlich in negatives Terri- torium – womit der Zusammenhang zwischen Schiefe und diversen makroökonomischen Größen sowie der Fed-Politik nachgewiesen ist (siehe Grafik und Tabelle „Beweis eines Zusammenhangs“) . Prognosekraft Nachdem die Korrelation zwischen ISK und diversen Ma- kro-Faktoren wie Zinsen oder Arbeitsmarkt belegt ist, stellt sich die entscheidende Frage, ob ISK Prognosekraft inne- wohnt oder nicht.Um das zu prüfen, stellen die Autoren für Renditen am Bondmarkt folgende prädiktive Regression auf: wobei die gewichtete durchschnittliche loga- rithmierte Überschussrendite über Laufzeiten von einem bis zehn Jahren darstellt und der seriell korrelierte Vorhersagefehler ist. Gemäß der Arbeit von Cieslak und Povala, “Expected Returns in Treasury Bonds,” aus dem Jahr 2015 skalieren die Autoren die Überschussrenditen nach der Laufzeit, damit alle Überschussrenditen die gleiche Laufzeit und eine ähnliche Volatilität haben. Der Prognosevektor umfasst unter anderem das Niveau, die Steigung und die Krümmung der Renditekurve. Wendet man diese Pro- gnoseregression an, so erhält man über die erwähnten Para- meter des Renditeniveaus sowie der Steigung und Krüm- mung der Renditekurve statistisch belastbare Prognosen zu Überrenditen. Fügt man jedoch ISK als Erklärvariable hinzu, verdoppelt sich die Prognosekraft. RSK erhöht die Prognosekraft zwar auch, allerdings in einem deutlich geringeren Maß. Die erhöhte Prognosestärke durch ISK scheint hauptsäch- lich dann ihre Stärken auszuspielen, wenn es darum geht, das Risiko für Zinsen auf der Abwärtsseite zu erfassen. Überraschungsmomente Wenn Marktteilnehmer etwas verabscheuen, dann sind das Überraschungen – nicht zuletzt seitens der Notenbanken. Also prüfen die Autoren, ob ISK dabei helfen kann, allfällige überraschende Zinsschritte zu prognostizieren. Sie erstellen wieder eine klassische Prognoseregression mit den her- kömmlichen Erklärvariablen und kommen zu keinem sta- tistisch belastbaren Ergebnis – das ändert sich unter Hinzu- fügung von ISK: Die am R 2 gemessene Prognosekraft ver- dreifacht sich, weist ein Signifikanzniveau von 99 Prozent auf und erklärt drei Prozent der Varianz, die bei einer Über- raschung in der Geldpolitik auftritt. In der Mehrzahl der Fälle hilft ISK – und in geringerem rx t,t+3 = ß'X t + ε t,t+3 , „ rx t,t+3 “ „ ε t,t+3 “ „ X t “ Die Fed als Wundertüte Implizierte Schiefe erweist sich als teilweise valides Tool bei Fed-Überraschungen. Der Großteil der prognostischen Kraft der implizierten Schiefe (ISK) ergibt sich aus ihrer Korrelation zu überraschenden Zinslockerungen. Die Korrelation in diesem Diagramm erfasst die Informationen, die ISK zu den Informationen in der Renditekurve hinzufügt. Die acht einflussreichsten Beobachtungen, gemessen am Beitrag zum Steigungskoeffi- zienten, sind rot gekennzeichnet. Quelle: „Interest Rate Skewness and Biased Beliefs“ -1 -0,75 -0,5 -0,25 0 0,25 0,5 0,75 -0,25 -0,20 -0,15 -0,10 -0,05 0,00 0,05 0,10 Okt . 98 Jän. 01 Apr . 01 Nov . 01 Sep . 07 Jän. 08 Jän. 08 Dez . 08 Gravierende Fed-Überraschungen Fed-Überraschung log Fed-Überraschung Residuales ISK » Die bedingte Schiefe enthält Informationen über die wahrscheinliche Richtung zukünftiger Zinsänderungen. « Michael Bauer, Universität Hamburg, CEPR, CESifo 76 N o . 4/2023 | institutional-money.com THEORIE & PRAXIS | Anleihen-Skewness FOTO: © UNIVERSITÄT HAMBURG

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