Institutional Money, Ausgabe 4 | 2023

Einige Investoren haben auch hohe Bestände an Häuslebau- krediten. Haben Sie die auch im Portfolio? Dr. Guido Bader: Ja, wir haben einen Hypothekenbereich, der etwa fünf bis sechs Prozent unserer Assets ausmacht. In den letzten Jahren sind wir da eher im gewerblichen Bereich ge- wachsen. Wenn ich viel Liquidität für die Neuanlage hätte, würde ich das gern verstärkt machen, denn momentan be- kommt man Anfragen im gewerblichen Bereich zu wirklich guten Konditionen hinsichtlich der Beleihungsausläufe. Und wie sieht die Laufzeit dieser Immobilienkredite aus? Dr. Guido Bader: Die Banken sind ja momentan sehr zurück- haltend im Hypothekenbereich. Und lange Laufzeiten mögen die Banken ohnehin nicht. Daher können wir tat- sächlich Realkredite mit Laufzeiten von 15 oder 20 Jahren mit 4,5 bis 5,0 Prozent reinnehmen. Der Markt ist da, aber so viel Neuanlage haben wir leider nicht. Deswegen sind wir an der Stelle momentan ein bisschen gebremst, obwohl wir es eigentlich gern machen würden. Sind Kryptowerte ein Thema für Sie? Insbesondere da jetzt durch die MiCA-Verordnung ein harmonisierter europäischer Regulie- rungsrahmen dafür geschaffen wurde? Dr. Guido Bader: Nein, überhaupt nicht. Jegliche Form von Währung hat ja erst mal einen Riesennachteil: Es gibt keinen laufenden Ertrag. Ich habe aber eine Garantieverzinsung, die ich bedienen muss.Daher brauche ich laufende Erträge.Der zweite Punkt ist – das gebe ich offen zu: Wir haben von Kryptowährung keine Ahnung. Ein kleiner Versicherer wie wir sollte nur dort investieren, wo er Ahnung hat. Bedeutet der Aufbau von stillen Lasten eine Verringerung der Risikotragfähigkeit der Stuttgarter? Dr. Guido Bader: Wenn wir den Blick auf Solvency II legen, hat sich durch den Zinsanstieg die Risikotragfähigkeit mas- siv erhöht.Während vor zwei Jahren Solvency II noch gesagt hat: Oh, der Zins ist niedrig, das kann ganz böse enden, sagt Solvency II jetzt: Oh, der Zins ist hoch, ihr werdet künftig eure Garantien problemlos bedienen können.Nach Solven- cy II hat die Stuttgarter aktuell eine Solvabilitätsquote von über 400 Prozent – und das ohne Übergangsmaßnahmen! Und bei realistischer Betrachtung? Dr. Guido Bader: Zurzeit schwenkt der Fokus wieder weg von Solvency II hin zu HGB.Nach HGB kommen dann Fragen wie: Wie viele Reserven habe ich tatsächlich noch, um Schwankungen auszugleichen? Welchen Liquiditätsbedarf habe ich? Da ist man dann schon vorsichtiger. Auch die Aufsicht, die vor zwei Jahren einen starken Solvency-II-Fokus und eine sehr langfristige Sicht hatte, hat jetzt – zu Recht – wieder einen HGB-Fokus. Sie fragt: Wie kriegt ihr die nächs- ten zwei, drei Jahre die Bilanzen zu? Für unser Haus bin ich entspannt, weil wir eben keine hohen Mittelabflüsse haben. Außerdem haben wir noch drei- bis vierhundert Millionen stille Reserven auf unseren Aktien und Immobilien. Kleine- re Schwankungen können wir da locker ausgleichen. Des- wegen bin ich momentan sehr entspannt, was unsere Risi- kotragfähigkeit angeht. Wie sieht es aus, wenn Sie die Gesamtbranche betrachten? Dr. Guido Bader: In Summe, würde ich sagen, ähnlich. Punk- tuell kann es natürlich schon Unternehmen geben, die durch Mittelabflüsse hohen Liquiditätsbedarf haben. Das sind die, die viele Einmalbeiträge gezeichnet und das unvor- sichtig gemacht haben. Und dann gibt es natürlich Häuser, die traditionell eine sehr geringe Aktien- und Immobilien- quote fahren. Die haben jetzt keine stillen Reserven, mit denen sie Schwankungen notfalls ausgleichen könnten. Sie machen viel fondsgebundenes Geschäft … Dr. Guido Bader: Ja, fondsgebundenes Geschäft machen wir schon seit 2000. Die alte Klassik haben wir heute nur noch bei unserer Tochter Direkte Leben und ein bisschen in der bAV. Ansonsten bieten wir keine alte Klassik mehr an. Wir haben noch eine Indexpolice, die aber im Neugeschäft momentan nur leicht unter zehn Prozent ausmacht. Wenn ich Biometrie, also Berufsunfähigkeit, Risiko Leben und Grundfähigkeiten, abziehe, ist der Rest eigentlich alles fonds- 66 N o . 4/2023 | institutional-money.com THEORIE & PRAXIS | Dr. Guido Bader | Stuttgarter Versicherungsgruppe FOTO: © THOMAS BERNHARDT » Wenn ich in die Bilanzen schaue, hat fast die ganze Branche jetzt stille Lasten in ihren Büchern, auf den festverzinslichen Papieren. « Dr. Guido Bader, Vorstandsvorsitzender der Stuttgarter Versicherungsgruppe

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