Institutional Money, Ausgabe 4 | 2023

Ist der Abschluss einer Lebensversicherung überhaupt noch zeit- gemäß angesichts der Tatsache, dass Kunden jetzt auch andere sehr rentierliche Anlagemöglichkeiten haben? Dr. Guido Bader: Ich halte den Abschluss einer Lebensversi- cherung jetzt für zeitgemäßer denn je.Wir müssen schlicht und ergreifend realistisch sehen, dass die Demografie die Leute zwingt, zusätzliche Altersvorsorge zu betreiben. Aber die Menschen könnten auch eine attraktive Kapitalanlage tätigen, z.B. mit Fonds. Vielleicht wären da die Renditen höher. Dr. Guido Bader: Das kommt darauf an. Wir haben viele fondsgebundene Produkte, die üblicherweise dieselben Renditen abwerfen wie Fonds – abgesehen von den zusätz- lichen Kosten des Versicherungsmantels. Was uns aber grundsätzlich unterscheidet, ist die Rentenphase. Es gibt viele Menschen in Deutschland, die wissen, dass die gesetz- liche Rente nicht reichen wird. Die brauchen eine lebens- lange Rente, die das Einkommen im Alter sicherstellt. Deswegen ist die Entsparphase so wichtig. Das ist auch der Grund, weshalb wir uns als Branche so vehement gegen die Vorschläge zur Reform der Riester-Rente wehren, die die Fokusgruppe Altersvorsorge erarbeitet hat. Darin ist das lebenslange Entsparen, also die Absicherung des Langlebig- keitsrisikos, nicht vorgeschrieben. Das halte ich für kontra- produktiv. Wir brauchen Produkte, die den Menschen ein lebenslanges Einkommen sichern. Würde das nicht auch über einen Fonds-Auszahlplan gehen? Dr. Guido Bader: Die mögliche Lebenserwartung wird gern unterschätzt, und die Menschen unterschätzen auch die Spannbreite, die es hinten haben kann. Wenn wir mal schauen, wie viele 90-Jährige und mittlerweile auch 100-Jäh- rige wir im Bestand haben! Diese mögliche Langlebigkeit müssen die Menschen absichern. Daher müssen wir Pro- dukte anbieten,mit denen sich die Menschen zusätzlich zur gesetzlichen Rente mehrere hundert oder vielleicht mehrere tausend Euro an monatlichem lebenslangem Einkommen sichern können. Deshalb halte ich Lebensversicherungs- produkte nach wie vor für so aktuell wie nie. Ihr Haus hat die Grüne Rente ins Leben gerufen. Wie kommen grüne Produkte bei den Kunden an? Ist hier tatsächlich die Nach- frage so hoch wie es sich die Ampelregierung gewünscht hat? Dr. Guido Bader: Wir sind Pionier bei nachhaltigen Altersvor- sorgeprodukten. Unsere Grüne Rente gibt es seit 2013, also noch bevor die Nachhaltigkeitsdiskussion und die Ampel- regierung überhaupt auf dem Tapet waren. Bei uns nimmt der Anteil der Grünen Rente im Neugeschäft stetig zu. In der bAV liegt er schon bei über 50 Prozent, in der privaten Altersvorsorge zwischen 25 und 35 Prozent. Was für nachhaltige Fonds haben Sie im Angebot? Da gibt es ja ganz unterschiedliche Konzepte. Dr. Guido Bader: Ja! Daher müssen wir ein breites Angebot an nachhaltigen Fonds bieten. Dem einen Kunden ist die Renewable-Energy-Seite besonders wichtig, der nächste hat den Fokus auf der sozialen Seite. Der eine stört sich nicht dran, wenn Atomenergie drin ist, der andere will sie auf jeden Fall ausschließen. Insofern ist eine breite Palette an nachhaltigen Produkten wichtig. Zu Ihrem Sicherungsvermögen: Die Branche hat die Zinswende herbeigesehnt. Sind Sie jetzt happy über das deutlich höhere Zinsniveau? Dr. Guido Bader: Wenn das Zinsniveau ein bisschen lang- samer gestiegen wäre, wäre es auch schön gewesen. Wenn ich in die Bilanzen schaue, hat jetzt fast die ganze Branche stille Lasten in ihren Büchern, auf den festverzinslichen Papieren. Schon zum Jahreswechsel 2022 auf 2023 hatten wir als Branche über zehn Prozent stille Lasten,mittlerweile dürften es mehr sein. Vor anderthalb Jahren waren da noch stille Reserven… Dr. Guido Bader: Ja, in der Spitze über 15 Prozent! In der Zwischenzeit haben wir aber die stärkste Zinssteigerung der Nachkriegswende erlebt, wenn man die Geschwindigkeit und die Höhe betrachtet. Das hat uns sehr viel Kraft ab- verlangt. Es dauert jetzt mehrere Jahre, bis die stillen Lasten aus der Kapitalanlage rausgewachsen sind und bis der laufende Ertrag wieder steigt. Lebensversicherung ist eben ein langfristiges Geschäft – in die eine wie in die andere Richtung! 62 N o . 4/2023 | institutional-money.com THEORIE & PRAXIS | Dr. Guido Bader | Stuttgarter Versicherungsgruppe FOTO: © THOMAS BERNHARDT » Im laufenden Beitrag haben wir eine deutliche Steigerung, momentan etwa von 10 bis 15 Prozent. « Dr. Guido Bader, Vorstandsvorsitzender der Stuttgarter Versicherungsgruppe

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