Institutional Money, Ausgabe 4 | 2023

Hier haben kleine und mittelgroße EbAV (bis 500 Mitar- beiter) allerdings die Wahlmöglichkeit „comply or explain“. Sie können angeben, dass sie keine Nachhaltigkeitsfaktoren bei ihren Investitionsentscheidungen berücksichtigen, müs- sen dann aber erklären, warum dies nicht der Fall ist und ab wann gegebenenfalls eine Berücksichtigung erfolgen wird. WTW hat hierzu im Juni 2023 eine Untersuchung durch- geführt (siehe Chart unten) . Deren Ergebnisse zeigen, dass derzeit die meisten der von WTW befragten Pensionskassen (82 Prozent) den sogenannten Explain-Ansatz wählen und darauf verzichten, ausführlich offenzulegen, wie sie ESG-Kri- terien in ihren Anlageentscheidungen berücksichtigen. Au- ßerdem muss jeder Anschein der Werbung mit nachhalti- gen Investments vermieden werden. Erschwerend kommt hinzu, dass in den von der BaFin am 5. September 2022 ver- öffentlichten FAQ für die Offenlegungsverordnung der zen- trale Begriff „promote“ relativ weit gefasst und als „fördern“ ausgelegt wird. „Somit ist für ein ‚promote‘ nicht erforder- lich, dass Werbung im eigentlichen Sinn betrieben wird, sondern auch die bloße Erfüllung gesetzlich vorgeschriebe- ner Informationspflichten kann zu einem ‚promote‘ führen“, warnt Voetmann. „Die Angst, sich Greenwashing-Vorwürfen ausgesetzt zu sehen, weil man vielleicht nur unwissentlich eine Kleinigkeit falsch berichtet, ist unter Pensionseinrich- tungen sehr groß“, sagt Voetmann. Er rät EbAV daher, sich für den bevorstehenden Jahresabschuss wieder intensiv mit der Offenlegungsverordnung und den entsprechenden tech- nischen Regulierungsstandards auseinanderzusetzen. Daher überrasche es auch niemanden, dass die Mehrheit der Pensionskassen derzeit nicht ausführlich offenlegt, wie ESG-Kriterien in die Anlageentscheidungen eingehen. „Die EU-konforme Umsetzung des Comply-Ansatzes stellt hohe Anforderungen an Datenverfügbarkeit und Kontrollmecha- nismen. Deswegen wählen die Pensionskassen aktuell noch den Explain-Ansatz. Mittel- bis langfristig müssen sich die Pensionskassen aber auf detailliertere Offenlegungspflichten einstellen“, meint Voetmann. Er gibt zu bedenken, dass die erforderlichen Daten bislang nur teilweise vorliegen und die entsprechende Infrastruktur und Governance sowie die den Vorgaben der technischen Regulierungsstandards (RTS) ent- sprechenden erforderlichen ESG-Instrumente noch nicht voll eingerichtet beziehungsweise entwickelt sind, aber das gilt natürlich für alle berichtspflichtigen Einheiten. Eigene Risikobeurteilung (ERB) Ähnlich wie Versicherungsunternehmen ihre Risiken ken- nen und beurteilen müssen (Own Risk and Solvency Assess- ment, ORSA),müssen das auch Pensionseinrichtungen. Bei Betrachtung der eigenen Risikobeurteilung (ERB) verlangt die Aufsicht von den EbAV, dass sie sich mit den eigenen Risiken beschäftigen, sie benennen und beurteilen. Die BaFin hat dazu am 30. Dezember 2020 das ERB-Rund- schreiben „Aufsichtsrechtliche Mindestanforderungen an die eigene Risikobeurteilung von Einrichtungen der betriebli- chen Altersversorgung“ veröffentlicht. Darin heißt es: „Die ERB soll dazu beitragen, dass die Geschäftsleitung der EbAV ihre Risiken kennt und entsprechend sachgerecht handelt.“ Außerdem soll bei der Risikobetrachtung und der entspre- chenden Berichterstattung die Zusammensetzung der Bestän- de von Versorgungsberechtigten berücksichtigt werden. Das Rundschreiben führt detailliert auf, wie die Risiken im Ein- zelnen zu analysieren sind und wie darüber zu berichten ist. Die regelmäßige ERB ist mindestens alle drei Jahre durch- zuführen, wenn die Aufsichtsbehörde dies aus bestimmten Gründen verlangt, auch häufiger. Und auch wenn die EbAV selbst zu dem Ergebnis kommt, dass eine wesentliche Ände- rung eingetreten ist, muss die ERB außerhalb des planmä- ßigen Turnus durchgeführt werden.Mittlerweile haben alle EbAV in Deutschland ihre erste ERB erstellt. „Vor allem die Einrichtungen, die die erste Erstellung im Jahr 2021 vorge- nommen haben, sollten prüfen, ob im Jahr 2022 durch den beobachteten Zinsanstieg eine wesentliche Änderung des Risikoprofils eingetreten ist“, meint Voetmann. Er rät dazu, hier auf die Konsistenz zu den Ergebnissen der Prognose- rechnung 2022 zu achten und unbedingt das Ergebnis der Prüfung einschließlich der Begründung zu dokumentierten. Digitale Rentenübersicht Deutschland ist dabei, ein Onlineportal einzuführen, das Bürgern einen besseren Kenntnisstand über ihre verschiede- nen Altersvorsorge-Ansprüche ermöglichen soll. Dazu sind die jeweiligen Daten an die „Zentrale Stelle für die Digitale Rentenübersicht“ (ZfDR) zu übermitteln, die sie bündelt und den Bürgern die individuell angefragte Übersicht zur Verfügung stellt. Die Pilotphase für die „Digitale Renten- übersicht“ läuft vom 16. Dezember 2022 bis 15. Dezember 2023, zunächst mit freiwillig angebundenen Vorsorgeeinrich- tungen und freiwillig teilnehmenden Nutzern. Aber schon Ende 2023 soll der Regelbetrieb starten. „Dem Grunde nach sind EbAV zur Anbindung an die ZfDR verpflichtet. Der genaue Zeitpunkt, ab dem diese 266 N o . 4/2023 | institutional-money.com STEUER & RECHT | IORP II / EBAV-II-RL FOTO: © VEIKKO SOMERPURO, IRIS ULMER » Wir rechnen damit, dass der EbAV-II- Richtlinien-Review nicht vor der nächsten Europawahl beendet sein wird. « Matti Leppälä, Generalsekretär PensionsEurope des europäischen Dachverbands der Verbände für Pensionseinrichtungen EbAV wehren sich gegen aufwendige „Sustainable Finance Disclosure“- Verpflichtungen. » In Zeiten des Fachkräftemangels stellen Nachfolgeproblematiken die Pensionskassen vor große Herausforderungen. « Hanne Borst, Leiterin Retirement bei WTW

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