Institutional Money, Ausgabe 4 | 2023

gemischt genutztes Gewerbequartier entwickeln“, sagt Plück- hahn. Zunächst müsse dort aber noch viel an der Infra- struktur gemacht werden. Ähnlich wie beim Carlswerk will man auch hier die alten, oft noch schön in Ziegelsteinbauweise erstellen Indus- trieanlagen nicht komplett abreißen und neu erstellen. „Wir machen uns Gedanken, wie man bestehende bauliche Strukturen in eine neue Nutzung überführen kann“, erklärt Plückhahn. Mit einem Kulturspektakel hat man zum Auf- takt das Gelände schon einmal belebt und dabei auch Presse und Publikum positiv gestimmt: Von Juli bis September 2023 fand auf dem Industriegelände am Mainufer der „Westside Summer“ mit Livemusik, Performances, DJ-Sets, Freiluftkino etc. statt. Lässig und modern soll sie werden, die neue Frankfurt Westside. Neben Gewerbe und durchaus sichtbarer Indus- trie soll es Co-Working-Spaces, Büros, Freiflächen mit „Crea- tive Hubs“ sowie ein interessantes Gastronomieangebot und Sportmöglichkeiten geben, zum Beispiel einen Skatepark und Radwege. „Unsere Erfahrung und Überzeugung ist, dass die sich ergänzende Nutzung eines Quartiers mehr ist als die Summe aller Einzelteile. Ein Quartier ist eine Art ,Brand‘, ein städtischer Ort, an dem man sich gern aufhält“, berichtet Plückhahn. Ob BEOS noch weitere Quartiere plant? „Erst einmal nicht.Das,was wir derzeit in Arbeit haben, sind schon große Aufgaben. Da brauchen wir mehr als ein oder zwei Projekt- entwickler. Für Frankfurt Westside haben wir ein Team von zehn Leuten aufgebaut“,macht Plückhahn deutlich, wie viel Aufwand eine Quartiersentwicklung ist.Doch eigentlich hat BEOS mit Berlin Decks schon die nächste Quartier-Baustelle eröffnet. Ob BEOS die Quartiere nur für seine Muttergesell- schaft, die Swiss Life, entwickelt? „Beim Carlswerk sind wir nicht im offiziellen Vertrieb, aber bei Frankfurt Westside werden wir uns öffnen. Die entwickeln wir jetzt an, und in ein bis zwei Jahren werden wir hier in den Vertrieb gehen“, verrät Plückhahn. Welfenhof in Braunschweig Es fällt auf, dass Quartiersentwickler für ihre Bauvorhaben brennen. „Quartiere sind immer eine Story. Entweder han- delt es sich um einen Neubau oder um ein großvolumiges Revitalisierungsprojekt. Auf jeden Fall wird ein Quartier emotionalisiert. Gelingt dies, schafft man einen echten Brand“, sagt Moritz Kraneis. Gemeinsammit seinem Bruder Philipp Kraneis ist er Geschäftsführer des inhabergeführten Wohnungsunternehmens Deutsche Zinshaus Gesellschaft. Er verweist darauf, dass Stadtentwickler und Immobilisten bei einer Quartiersentwicklung gemeinsam arbeiten, um et- was zu entwickeln, das an diesem Standort benötigt wird. „Ein Quartier ist ein Block, der in sich allein funktioniert. Daher braucht es dort auch Dinge des täglichen Bedarfs, vielleicht auch Kitas oder einen Spielplatz, wenn es die Ent- wicklungsfläche hergibt. „Für eine Quartiersentwicklung brauchen Sie langjährige Erfahrung in der Immobilienent- wicklung“, sagt Kraneis, „denn es handelt sich meist um grö- ßere Ensembles, wo alles gut aufeinander abgestimmt wer- den muss.“ Aktuell nimmt ihn die Entwicklung des Welfenhofs in Braunschweig in Beschlag. Die planungsrechtliche Grund- lage ist bereits geschaffen, und 2024 sollen die weiteren Revitalisierungsarbeiten im bereits voll vermieteten Be- standsgebäude nach nun erfolgtem Passagenabriss losgehen. Dabei soll neben dem bereits fertiggestellten Premier Inn Hotel eine gemischt genutzte Liegenschaft entstehen – mit Wohnungen und Büros in den Obergeschossen und Einzel- handelsflächen sowie Gastronomiekonzepten in den Erdge- schosszonen. Die auf gewerbliche Immobilien spezialisierte Schwestergesellschaft der Deutsche Zinshaus,DIO Deutsche Immobilien Opportunitäten AG, agiert hier als Projektent- wickler und Bestandshalter. Dafür beschäftigt die Unterneh- mensgruppe 25 Mitarbeiter im Entwicklungs- und Asset- Management-Team. „Wir konzentrieren uns seit jeher auf bezahlbares Wohnen, aber in einemQuartier gibt es immer unterschiedliche Nutzungsarten, zum Beispiel auch Restau- rants, Nahversorger, Kitas und Schulen“, sagt Kraneis. „Wenn das Quartier am Ende kommunikativ ist und richtig lebt, können wir stolz sein. Quartiere sind immer auch ein Stück weit Stadtentwicklung“ Insbesondere in die Planungs- bezie- hungsweise Umnutzungsphase müssen die örtlichen Ent- scheider mit eingebunden werden. „Dies hat in Braun- schweig hervorragend funktioniert“, führt Kraneis aus. Königsdisziplin mit Mobilitätskonzept Die Begeisterung ist auch Philipp Pferschy anzumerken, wenn er erzählt. „Quartiersentwicklungen sind die Königs- disziplin der Projektentwicklung“, bestätigt er, „sie erfordern viel Erfahrung mit unterschiedlichen Immobiliensegmenten und ein gutes Fingerspitzengefühl, damit das Quartier eine hohe Aufenthaltsqualität und eine positiv besetzte Identität erhält.“Gemeinsammit seinem Vater Alexander Pferschy lei- tet er als Vorstand das familiengeführte börsennotierte Un- ternehmen GIEAG Immobilien AG. „Ein Quartier muss le- ben und mit seinemUmfeld zusammen funktionieren. Da- her beinhaltet es nicht nur unterschiedliche Nutzungsarten, sondern immer auch ein Mobilitätskonzept“, sagt Pferschy. Er hat gerade zwei Quartiere in Arbeit: An einem alten Industriestandort eines Textilunternehmens in Reutlingen entwickelt die GIEAG das Heinzelmann-Areal mit 1.830 Quadratmetern vermietbarer Fläche. „Einige Gebäude ste- FOTO: © KPMG LAW N o . 4/2023 | institutional-money.com 253 Immo-Quartierfonds | PRODUKTE & STRATEGIEN Mit einer Quartiers- entwicklung wird mehr als eine schöne Fassade geschaffen, nämlich etwas Erlebbares. » Die Nutzungsmischung verschiedener Assetklassen macht ein Quartier aus. « Dr. Rainer Algermissen, Sector Head Real Estate bei KPMG Law

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