Institutional Money, Ausgabe 4 | 2023

Mitunter solche Auszeichnungen sorgen dafür, dass „Quartier“ gut klingt, denn es schwingt etwas von weitsich- tiger Stadtentwicklung und Stadtteilprägung mit. Derzeit sind zahlreiche Quartiersentwicklungen zu beobachten, die auch institutionellen Investoren angeboten werden. Viele Quartiersentwickler waren auf der diesjährigen Immobilien- messe ExpoReal vertreten, und an ihren Ständen schienen die Gesichter dieses Jahr zufriedener als an anderen Ständen, obwohl natürlich auch die Quartiersentwickler ein heraus- forderndes Umfeld haben. Oft attraktive Innenstadtlagen Manche Quartiere haben es zu regelrechter Berühmtheit gebracht: Canary Wharf in London, Potsdamer Platz in Berlin oder das Stadtquartier München Riem. „Die allge- meine Flächenerdichtung spricht dagegen, immer weitere Quartiere auf der grünen Wiese zu entwickeln.Daher ist die Quartiersentwicklung in zentralen Stadtlagen, in denen es normalerweise so gut wie keine freien Grundstücke mehr gibt, die man bebauen könnte, besonders attraktiv“, findet Jovy: „Oft ergibt sich die Möglichkeit zu einer solchen Quar- tiersentwicklung in der Innenstadt, wenn ein Bahn-, Hafen- oder Industrieareal, das an dem Standort nicht mehr benö- tigt wird, aufgegeben wird.“ Als Beispiel aus der jüngeren Vergangenheit nennt er das Europaviertel in Frankfurt, das auf dem ehemaligen Güterbahnhof entstanden ist. Carlswerk in Köln-Mülheim Plückhahn erzählt, dass sein Unternehmen BEOS und er mit der Entwicklung des Carlswerks eigentlich per Zufall auf den Geschmack gekommen sind. „Wir haben das rechts- rheinisch gelegene Industriegelände 2007 vom Kabelwerk MKT erworben. Früher war es das Werksgelände des Kabel- werks Felten & Guilleaume, das dort 1890 seinen Hauptsitz hatte.MKT wollte einen Sale-and-Lease-Back-Vertrag mit uns abschließen, und mittelfristig sollte das Gelände von einer klassischen industriellen Nutzung einer neuen Nutzung zu- geführt werden“, erzählt Plückhahn. Als Herausforderung kam hinzu, dass sich der Hauptnutzer MKT über die nächs- ten fünf Jahre aus dem Gelände zurückziehen wollte. Inso- fern mussten die bestehenden baulichen Strukturen in eine neue Nutzung überführt werden. „Wir haben ein Konzept mit einem groben Rahmen entwickelt und waren sehr offen für die Art der Nutzung.“ Schließlich verlegte das Theater der Stadt Köln seine Hauptspielstätte ins Carlswerk, was das Quartier jetzt auch abends belebt. „Herausgekom- men ist ein wirklich tolles Viertel, das mittlerweile jeder Köl- ner kennt. Es vereint Verwaltungsgebäude, Produktionshal- len, hochwertige Loft-Büros, aber auch viele Freizeitnutzun- gen wie Restaurants oder eine Boulderhalle auf seinem Ge- lände.Dieses Zusammenspiel hat dazu geführt, dass sich das in sich geschlossene Industrieareal zu einem auf Austausch ausgelegten Quartier entwickelt hat“, ist Plückhahn stolz auf das gelungene Konzept. Er gibt aber zu: „Beim Ankauf des Geländes war uns damals nicht klar, dass aus diesem Repo- sitionierungobjekt ein Quartier entstehen würde.“ Frankfurt Westside Seit BEOS die Erfahrung gemacht hat, dass man in der Lage ist,Quartiere gut entwickeln und managen zu können, traut sich der Projektentwickler so etwas auch an anderen Stand- orten zu. „Vor zwei Jahren haben wir in Frankfurt-Griesheim ein Gelände erworben, auf dem bereits in den 1850er-Jahren chemische Erzeugnisse hergestellt wurden. Dort wollen wir mit dem Frankfurt Westside ein modernes, offenes und Vorteile und Herausforderungen bei der Quartiersentwicklung Vorteile einer Investition in ein Quartier: • Krisenfestigkeit durch Diversifikation über verschiedene Nutzungs- arten und eine diversifizierte Mieterstruktur • Die einzelnen Nutzungsarten ergänzen sich nicht nur, sondern befruchten sich auch gegenseitig. • Beliebte urbane Anziehungspunkte, die auch in Krisenzeiten funktionieren (Verweilqualität). Dies hat eine Bindungswirkung auf die Mieter. • Die Interaktion in Quartieren hat eine wichtige soziale Komponente (wichtig bei ESG). • Oft attraktive Innenstadtlagen, in denen es normalerweise so gut wie keine freien Grundstücke mehr gibt, die man bebauen könnte • Ein gewisser Stolz schwingt mit, wenn das Quartier gut funktio- niert und einen Stadtteil prägt („Brand“-Entwicklung). Herausforderungen bei einer Investition in ein Quartier: • Ein Quartier erfordert viel Kapital, weil es sich oft um großvolumige Revitalisierungsprojekte handelt. • Erfahrung mit unterschiedlichen Immobiliensegmenten ist Voraussetzung. • Geschick und Fingerspitzengefühl werden benötigt bei der oft vielschichtigen Zusammensetzung der Nutzungsmöglichkeiten und der Mieter, • In der Bestandsverwaltung ist das Quartiersmanagement komplex und managementintensiv. Es erfordert enormes Verhandlungsgeschick. FOTO: © ERWIN WENZEL 252 N o . 4/2023 | institutional-money.com PRODUKTE & STRATEGIEN | Immo-Quartierfonds » Wenn das Quartier am Ende kommunikativ ist und richtig lebt, können wir stolz sein. Quartiere sind immer auch ein Stück weit Stadtentwicklung. « Moritz Kraneis, Geschäftsführer Deutsche Zinshaus Gesellschaft mbH Aktuell finden meh- rere Quartiersent- wicklungen statt. Das Interesse ist hoch.

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