Institutional Money, Ausgabe 4 | 2023

D ie Vorstellung, dass Immobilien eine risikoarme Anlageklasse sind, haben die meisten Investoren längst abgelegt. Vom Mietendeckel bei Wohnim- mobilien reicht die Bandbreite der Bedrohungen über das Homeoffice, das die Büroimmobilien gefährdet, und den Onlinehandel, der früher florierende Einkaufsstraßen leer- fegt, bis zu möglicherweise langfristig hohen Zinsen, die bei allen Immobilieninvestments Neubewertungen erzwingen. Da sich nicht vorhersagen lässt, wie sich die Trends in den einzelnen Marktsegmenten mittel- und längerfristig entwi- ckeln werden, kam man auf der Suche nach Lösungen auf den „Quartiers-Ansatz“.Das Risiko wird diversifiziert und die Hoffnung, dass zumindest „gute Lagen“auch in Zukunft als solche wahrgenommen werden, hat man – bisher jedenfalls – noch nicht aufgegeben. Vielfalt sorgt für Attraktivität „Aktuell ist das Interesse der Investoren an Investitionen in Quartiere hoch“, sagt Kurt Jovy, Head of Product Manage- ment und Director bei Universal-Investment. Die Master- KVG administriert rund 37 Milliarden Euro im Immobi- lienbereich und hat einen guten Überblick über die Trends in den einzelnen Segmenten. „Ein Stadtquartier bringt auf einem Grundstück verschiedene Assetklassen zusammen. Daraus leitet sich eine gewisse Krisenfestigkeit ab“, sagt Rainer Algermissen, der bei KPMG Law den Bereich Immobilienberatung leitet. „Wohnnutzung gilt als sehr resi- lient. Hier gibt es generell keine langen Leerstände, wie sie sich bei Gewerbeimmobilien durch die unterschiedlichen Nutzeranforderungen ergeben können. Der Einzelhandel unterliegt konjunkturellen Zyklen. In einem Quartier kön- nen sich Schwankungen in den Erträgen aus den unter- schiedlichen Nutzungen gegenseitig auffangen“, erklärt Algermissen, aber er möchte diesen Gedanken noch weiter- führen. „Die verschiedenen Nutzungen in einem Quartier funktionieren oft gerade durch die Vielfalt gut.Während an reinen Bürostandorten Flächen bereits leer stehen mögen, gibt es in einem Quartier häufig deshalb noch Nachfrage, weil sich dort zum Beispiel in kurzer Distanz auch Wohn- und Hotelnutzungen, Restaurants, Kitas, E-Tankstellen und Fahrradwerkstätten finden.“ Insofern kann eine geschickte Kombination von Nutzungsarten die Attraktivität in einem Quartier noch steigern. Soziale Interaktion „Derzeit sind Quartiersentwicklungen eine gute Sache, um Investoren hinter demOfen hervorzulocken“,meint Jovy, „in der Vergangenheit hat man gern einzelne Grundstücke ent- wickelt. Heute investiert man lieber in Quartiere, weil hier die Diversifikation größer ist. Die vielen unterschiedlichen Mieter sorgen für eine Risikostreuung, wodurch das Invest- ment sicherer wird.“ Als weiteren Pluspunkt sieht Jovy an, dass Quartiere visibel sind und – sofern sie gelungen sind – beliebte urbane Anziehungspunkte darstellen. „In einem unserer Fonds befindet sich die Macherei in München. Da- rin sind sechs Bürogebäude, ein Hotel, ein Fitnesscenter, ein Supermarkt und verschiedene Lokale. Wir sind sehr zufrie- den mit diesem Investment. In der Macherei trifft man sich zufällig, es werden Kontakte geknüpft, und bei quartiers- eigenen Veranstaltungen wird munter gefeiert.“ Er verweist darauf, dass bei der ESG-Thematik zunehmend der soziale Aspekt an Bedeutung gewinnt, „und die Interaktion in Quartieren stellt eine wichtige soziale Komponente dar. Da- her legen wir Wert auf ein gutes Quartiermanagement, das sich als Ansprechpartner für Mieter,Nachbarschaft, Besucher und die Öffentlichkeit versteht.“Wenn er von den Aufgaben Der Quartier-Fonds ist der gemischte Fonds des Immobilieninvestors. Statt in Kategorien wie Wohnen, Arbeiten oder Hotel getrennt zu investieren, engagiert man sich in einem – so die Hoffnung – aussichtsreichen Stadtgebiet. Die Mischung macht’s 250 N o . 4/2023 | institutional-money.com PRODUKTE & STRATEGIEN | Immo-Quartierfonds FOTO: © BEOS AG Viele Kommunen ver- kaufen alte Industrie- brachen und wollen einen neuen städti- schen Anziehungs- punkt schaffen. » Unsere Überzeugung ist, dass die sich ergänzende Nutzung eines Quartiers mehr ist als die Summe aller Einzelteile. « Jan Plückhahn, Head Real Estate bei Swiss Life Asset Managers in Deutschland und Vorstand der BEOS AG

RkJQdWJsaXNoZXIy ODI5NTI=