Institutional Money, Ausgabe 4 | 2023

dass es einen nicht zu vernachlässigenden Unterschied gibt zwischen den Fundamentaldaten eines Unternehmens und dem Wert seines Aktienkurses. Man kann natürlich lange darüber diskutieren, warum gerade jetzt die Zeit für ein Value-Investment gekommen sein soll. Worüber sich aus meiner Sicht aber nicht diskutieren lässt, ist die Tatsache, dass am Ende die von Unternehmen erzielten Cashflows über Wohl und Wehe ihres Aktienkurses entscheiden. Und aufgrund der Tatsache, dass rund die Hälfte unserer Kunden im Bereich von Pensionskassen, Versorgungswerken, aber auch Stiftungen sowie kirchlichen Organisationen und Ver- sicherungen beheimatet sind, wissen wir, dass gerade institu- tionelle Investoren an Lösungen interessiert sind, die eine solche Sicht auf die Märkte durchaus zu schätzen wissen. Dyrk Vieten: Worüber sich wohl auch kaum streiten lassen dürfte: Neben den sogenannten „Glorreichen Sieben“ im Technologiesektor und über die bekannten Wachstumsin- dustrien hinaus gibt es sehr viele Geschäftsmodelle, die nicht nur notwendig für unser tägliches Leben sind, sondern auch beachtliche Erträge abwerfen. Viele dieser Geschäftsmodelle sind gerade in den letzten Jahren viel zu stark in den Hin- tergrund getreten.AmEnde hängt das Wohl undWehe einer Gesellschaft von einer funktionierenden Infrastruktur ab. Wir alle müssen wahrscheinlich irgendwann über eine Brücke fahren, die sich dann hoffentlich zu jeder Zeit als stabil und sicher erweist. Alltägliche Dinge müssen über Straßen und Schienen sowie über den Luft- und den Was- serweg transportiert werden. Und selbst für das Funktionie- ren unserer nicht mehr wegzudenkenden Handys braucht es entsprechende Funkmasten, Netzwerke und Server. Harald Sporleder: Und wir sollten nicht verkennen, dass wir uns inzwischen in einer Phase befinden, die sich für längere Zeit als vorteilhaft für den Value-Ansatz erweisen dürfte. Dass wertorientiertes Investieren in der Phase zwischen 2007 und Ende 2021, als die Zinsen nur die Richtung nach unten kannten, in Mitleidenschaft gezogen wurde, kann eigentlich niemanden verwundern.Denn dadurch konnte das Growth- Segment sein zum Teil – zugegeben – enormes Wachstum am Ende zu nahezu null Kosten finanzieren.Nach zwei Jah- ren einer zuvor nie erlebten Phase eines enorm schnellen und ebenso enorm starken Zinsanstiegs aufgrund einer im- mens hohen Inflation befinden wir uns aber inzwischen in einer vollkommen neuen Lage. Deutlich gestiegene Finan- zierungskosten haben die Rahmenbedingungen für viele immer noch vergleichsweise hoch bewertete Growth-Aktien erheblich verändert. Das hat zu einer Downside für das Wachstumssegment geführt, weil viele Unternehmen nicht in der Lage sein werden, die zu ihrer Finanzierung notwen- digen Cashflows zu generieren, was zu einer Gefahr für die nach wie vor zu hohen Bewertungen werden kann. Wobei sich die Situation angesichts inzwischen wieder deutlich gesunkener Inflationsdaten doch offensichtlich entspannen dürfte. Harald Sporleder: Auch wenn viele Marktteilnehmer inzwi- schen schon wieder von sinkenden Zinsen schwärmen, sig- nalisieren die Zentralbanken mit Stichworten wie „Higher for longer“, dass die Raten der Finanzierungskosten von Un- ternehmen noch für geraume Zeit deutlich höher bleiben dürften. Von einem Nullzinsniveau sind wir noch weit ent- fernt. Davon wollen wir durch ein Investment in ertragsstar- ke Unternehmen mit einem gesunden und nachhaltig profi- tablen Geschäftsmodell profitieren, indemwir insbesondere die laut unseren hauseigenen Modellen möglichst niedrig bewerteten Aktien auswählen, die aber eine hohe Zukunfts- fähigkeit und eine gute Ertragsentwicklung erwarten lassen. Wie muss man sich diesen Auswahlprozess vorstellen? Dyrk Vieten: Im Prinzip als eine über viele Jahre bewährte Kombination von Mensch und Maschine. Konkret ist damit ein enorm umfangreiches quantitatives Screening gemeint, das aber immer einer eingehenden Überprüfung durch Menschen, in dem Fall unser von Harald Sporleder gelei- tetes Investmentteam, standhalten muss. Geht es etwas konkreter? 242 N o . 4/2023 | institutional-money.com THEORIE & PRAXIS | Dyrk Vieten & Harald Sporleder | Amauris Invest FOTO: © ANDREAS ENDERMANN » Neben den sogenannten ›Glorreichen Sieben‹ im Technologiesektor und über die bekannten Wachstums- industrien hinaus gibt es sehr viele Geschäftsmodelle, die beachtliche Erträge abwerfen. « Dyrk Vieten, CEO, Amauris Invest

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