Institutional Money, Ausgabe 4 | 2023

hier der Staat selbst beteiligt ist. Ebenfalls ausgeschlossen sind Firmen, die einen extrem hohen Anteil in Kernkraft ha- ben. Die Abbildung des adaptierten EuroStoxx geschieht dann überwiegend passiv.“ Er erwartet, dass das Nachhaltig- keitskonzept langfristig auch auf den Fixed-Income-Bereich übertragen wird, aber bisher sei das noch nicht der Fall. Die Länder erarbeiten jeweils ihr eigenes Nachhaltigkeits- konzept.Das des Pensionsfonds des Landes NRW beschreibt Dr. Ulf Steenken wie folgt: „Bei der Anlageentscheidung ist der ESG-Integration in den Bereichen Umwelt, Soziales und Governance Rechnung zu tragen. Im Bereich Energie besteht seit Juni 2017 ein Ausschluss von Kernenergie. Seit 2023 sind Förderung oder Herstellung fossiler Energie nach Maßgabe von auf den Umsatz des Unternehmens bezo- genen Schwellenwerten in den nachhaltigen Aktienindizes sowie beim Neuerwerb von Unternehmensanleihen ausge- schlossen.“ Steenken ist Referatsleiter für Versicherungsauf- sicht im Ministerium der Finanzen des Landes Nordrhein- Westfalen und neben seiner Aufsichtstätigkeit auch Mitglied im Anlageausschuss des Pensionsfonds des Landes Nord- rhein-Westfalen.Manchmal tun sich mehrere Länder zusam- men. Im März 2023 haben Nordrhein-Westfalen, Hessen, Baden-Württemberg und Brandenburg verkündet, ein ge- meinsames ESG-Konzept entwickelt zu haben.Das Quartett nutzt bereits seit 2019 gemeinsam entwickelte nachhaltige Aktienindizes und hat darin zusammen rund elf Milliarden Euro investiert. „Die vier Länder haben sich jetzt eine Paris- Aligned-Benchmark maßschneidern lassen. Darin sind so- wohl die 17 UN-Nachhaltigkeitsziele als auch die EU-Taxo- nomie integriert, indemUnternehmen, die diese Ziele stark beeinträchtigen, ausgeschlossen werden“, so Kleinkauf. Kummer kritisiert die vielen kleinteiligen Töpfe: „Auch wenn einige Länder zusammenarbeiten, macht es wenig Sinn, 16 Länderpensionsfonds zu haben mit 16 unterschied- lichen Strategien und 16 Systemen. Das Gute an der Kapi- talanlage ist ja ihre Skalierbarkeit“, gibt er zu bedenken. Eine weitere Problematik stellt sich dar: Von großen Ver- mögenstöpfen geht immer ein gewisses Versuchungspoten- zial aus, denn es besteht die Gefahr, dass Regierungen die Vorsorgevermögen plündern möchten, wenn es im Haus- halt eng wird. Negativbeispiele dafür gibt es nicht nur bei den üblichen Verdächtigen wie Argentinien oder Russland, sondern auch in Deutschland. So löste das Land Bremen im Doppelhaushalt 2020/2021 seine Versorgungsrücklage auf, und Thüringen schlachtete seinen Pensionsfonds, um den Landeshaushalt 2022 zu sanieren. Im August 2023 wurde bekannt, dass NRW die Zinserträge seines Pensionsfonds in den laufenden Haushalt umlenken möchte. Kummer sieht solche Aktionen mit Sorge: „Grundsätz- lich besteht hier eine politische Zugriffsmöglichkeit. Ein Beschluss des Landtags reicht aus. Industrieunternehmen können nicht einfach so ihre Pensionsrückstellungen auf- lösen. Das wäre sofort bilanzwirksam. Diesen Effekt gibt es bei öffentlichen Haushalten nicht.“ Eine rechtsfähige Stif- tung als Rechtsform wie beim Kenfo wäre ihm daher für die Pensionstöpfe sympathischer. Kleinkauf sieht das gelassener: „Es ist in Deutschland ja nicht so, dass permanent in diese Töpfe gegriffen würde. Gesetzlich ist auch nicht vorgesehen, dass man die Gelder direkt entnehmen kann. Es muss zumindest ein Gesetzes- entwurf durch den Landtag gehen, um etwas aus den Töp- fen zu entnehmen.“ Er nennt ein Positivbeispiel: „Sachsen hat in die Statuten seiner Versorgungsrücklage eine Zweck- bindungsklausel hineingeschrieben. Der Freistaat geht von allen Bundesländern auch am konsequentesten vor, was die Ausfinanzierung der künftigen Versorgung seiner Beamten betrifft.“ Er verweist auf die Tatsache, dass Sachsen führend ist bei dem Betrag, der im Schnitt pro Beamten beziehungs- weise Versorgungsempfänger im Sondervermögen liegt: „In Sachsen sind das im Schnitt 172.400 Euro pro Kopf. Versorgungstöpfe für Beamte in Deutschland Die größten dieser Töpfe für Ruhestandsgelder hat der Bund Aktuelles Bund bzw. Volumen Bundesland Name des Topfes (Mrd. Euro) Bund Versorgungsrücklage des Bundes 18,6 Bund Versorgungsfonds des Bundes 11,04 Bund Sondervermögen „Versorgungsfonds der 9,7 Bundesagentur für Arbeit“ Bund Versorgungsrücklage BaFin 0,92 Baden- Versorgungsrücklage des Landes 8,78 Württemberg Baden-Württemberg Bayern Versorgungsrücklage des Freistaates Bayern 3,35 Berlin Versorgungsrücklage des Landes Berlin 1,27 Brandenburg Versorgungsrücklage des Landes Brandenburg 0,93 Bremen Versorgungsrücklage des Landes Bremen 0,54 Hamburg Versorgungsrücklage der Freien und Hansestadt Hamburg 1,09 Hessen Versorgungsrücklage des Landes Hessen 4,1 Mecklenburg- Versorgungsrücklage des Landes 0,78 Vorpommern Mecklenburg-Vorpommern Niedersachsen Sondervermögen „Niedersächsische 0,7 Landesversorgungsrücklage“ Nordrhein- Sondervermögen „Fonds für die Versorgungsausgaben Westfalen des Landes Nordrhein-Westfalen“ 13,1 Rheinland- Finanzierungsfonds für die Beamtenversorgung 0,53 Pfalz des Landes Rheinland-Pfalz Saarland Versorgungsrücklage Saarland 0,21 Sachsen Versorgungsrücklage des Freistaates Sachsen 8,7 Sachsen- Sondervermögen „Versorgungsrücklage des Landes 1,29 Anhalt Sachsen-Anhalt“ Schleswig- Sondervermögen „Versorgungsrücklage des 0,89 Holstein Landes Schleswig-Holstein“ Thüringen Sondervermögen „Thüringer Pensionsfonds“ 0,29 Summe 86,81 Die Versorgungsrücklagen für Beamte in Deutschland belaufen sich auf über 85 Milliarden Euro. International gibt es weitere Rücklagen für die Versorgung von Beam- ten: Beispielsweise für die EZB, das Europäische Patentamt, die NATO, etc. Quelle: Stiftung Marktwirtschaft: „Versorgungsausgaben schnüren die Länder ein“, Jan. 2023. Stefan Walter: „Staatliche Rückstellungen für die Beamtenversorgung“, Zeitschrift für Versicherungswesen 10/2022. N o . 4/2023 | institutional-money.com 217 Öffentliche Pensionstöpfe | PRODUKTE & STRATEGIEN

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