Institutional Money, Ausgabe 4 | 2023

Die Renditen von repowerten Anlagen können interessant sein. „Von der Logik her müssen sie zwischen einem Brown- field-Investment und einem echten Entwicklungsprojekt lie- gen, weil man mit der Entwicklungsarbeit schon einiges an Vorsprung hat“,meint Ochsenkühn. Allerdings sei angesichts der volatilen Zinsentwicklung derzeit auch hier einiges im Umbruch. Für ein Brownfield-Investment hält er aktuell Renditen von fünf bis sechs Prozent für angemessen, und für ein Entwicklungsprojekt von neun bis zehn. „Für eine repowerte Anlage sollte die Rendite dann irgendwo dazwi- schen liegen“, wird Ochsenkühn konkret. Radwan hat ähn- liche Vorstellungen: „Wir haben keinen umfassenden Über- blick über die aktuell angebotenen Repowering-Fonds. Aber die Renditen sollten im hohen einstelligen Prozentbereich liegen.“ Der Markt bildet sich langsam Derzeit werden Investoren nicht viele Repowering-Fonds an- geboten. „Noch sind lediglich vereinzelt Angebote am Markt. Aber das könnte sich angesichts des Rückenwinds durch die Politik und den allgemeinen Zeitgeist, der Rich- tung erneuerbare Energie weht, bald ändern. Auch wir loten das Potenzial des Repowerings aus und bauen ein Team für den Bereich Flächensicherung und Repowering auf“, so Ochsenkühn. Commerz Real hat keinen reinen Windkraft- fonds im Angebot, sondern kombiniert Wind stets mit Solar, auch aus Gründen der Risikostreuung. „Windkraftan- lagen sind in unseren institutionellen Produkten und unse- rem Fonds KlimaVest jeweils Teil eines größeren Renewable- Portfolios; eine spezialisierte Strategie für Repowering haben wir nicht“, sagt Radwan, aber für die Zukunft will er das nicht ausschließen. Repowering werde ein zunehmend spannendes Thema. „Ohne Repowering wird es nicht mög- lich sein, die Energiewende zu bewerkstelligen. Aber es ist schon ein Spezialistenthema, das viel Know-how und Tiefe in der Wertschöpfung erfordert. Das ist kein Thema für BWLer, sondern eher für Techniker.“ Auch HIRA will das Repowering-Geschäft ausweiten. „Perspektivisch wollen wir unser Geschäft für institutionelle Investoren weiter ausbauen. Dazu werden wir Spezialfonds in Luxemburg oder Deutschland auflegen“, verrät Lüken. Künftig dürfen Investoren also mit mehreren Gelegenheiten rechnen, in Repowering-Projekte zu investieren. ANKE DEMBOWSKI Second-Life-Use mit Kitekraftanlagen Mit fliegenden Windturbinen lassen sich in die Jahre gekommene Windkraftanlagen weiter nutzen. Somit können sich Betreiber die Kosten für den Rückbau sparen. U mut Ertan ist Venture-Capital-Investor und Gründer. Mit seinem Family Office Schweizer Kapital ist er als Leadinvestor am Greentech-Un- ternehmen Kitekraft beteiligt. Sein Gedanke ist, dass künftig Kites an den alten Windmühlen- türmen befestigt werden und dort in zirka 150 Meter Höhe fliegen und Strom produzieren. „Jetzt ist die Zeit, in der die Genehmigungs- dauer vieler Windkraftanlagen ausläuft“, beob- achtet Ertan. Einem Antrag für eine Neuanlage werde aber nicht immer stattgegeben, denn neue Windkraftanlagen sind ganz anders dimen- sioniert. „Die größeren Anlagen haben mehr Emissionen, sodass sie beispielsweise nicht mehr in der Nähe von Wohnbebauung geneh- migt werden. Der Rückbau der alten Anlagen ist kostspielig und kompliziert, und natürlich benö- tigt so ein Rückbau viel Energie. Das betrifft ja nicht nur die Rotorblätter“, verweist er auf die Herausforderungen, die Betreiber der in die Jahre gekommenen Anlagen jetzt haben. Mit seinem Greentech-Unternehmen Kitekraft bietet er den Bestandshaltern an, ihnen die Rückbauverpflichtung zu großen Teilen abzuneh- men. „Upcycling“ oder „Second-Life-Use“ nennt er das. „Die gebrauchten Windtürme sind nicht stark genug, um die viel größer dimensionierten neuen Rotorblätter zu tragen. Ich sehe aber gute Nutzungsmöglichkeiten für fliegende Wind- turbinen. Die üben weniger Zugkräfte auf den Turm und das Fundament aus als rotierende Anlagen“, erklärt Ertan. Mit seinen Kitekraft- Anlagen kann er den Turm, die Gondel inklusive Rotor und Transformatoren der alten Installatio- nen weiter nutzen, und auch die Wartungsinfra- struktur und der Netzanschluss werden vor Ort weiter genutzt. Die derzeit noch als problema- tisch angesehenen Rotorblätter müssten aller- dings entsorgt werden. Der Kite wird dann an der Turmspitze ange- bracht und nutzt die Auf- und Abwinde, um Strom zu erzeugen. In der Praxis startet die flie- gende Windkraftanlage mittels Rotoren wie eine Drohne, die über ein 100 Meter langes Seil mit der Station verbunden ist. Wenn etwa ein 30- Grad-Winkel erreicht ist, fliegt die mit Alumi- niumflügeln ausgestattete Anlage von selbst. Zeitgleich wechseln die Rotoren den Modus und produzieren nun Strom. „Die Anlage startet und landet computergesteuert von selbst und ist auch in der Lage, autonom auf Änderungen beim Wind, beispielsweise negative oder positive Böen, zu reagieren. Unsere Kitekraft-Anlagen können bis 2025 eine Dimension von 100 Kilo- watt und mehr erreichen. Mit kleineren Anlagen arbeiten wir heute bereits im Echtbetrieb“, be- richtet Ertan über die Anlage, die in Oberbiberg in der Nähe von München in Betrieb ist. „Der Weiterbetrieb alter Windkraftanlagen mit Kitekraft-Anlagen ist nicht nur wirtschaftlich, sondern auch ökologisch sinnvoll. Wir sind be- reits mit einigen Partnern wegen Kooperationen im Austausch“, erklärt Ertan. » Ich sehe gute Nutzungsmöglichkeiten für fliegende Windturbinen. Die üben weniger Zugkräfte auf den Turm und das Fundament aus als rotierende Anlagen. « Umut Ertan, Venture-Capital-Investor und Gründer, Leadinvestor am Greentech-Unternehmen Kitekraft 212 N o . 4/2023 | institutional-money.com PRODUKTE & STRATEGIEN | Energieinvestments FOTO: © TIM FLAVOR Die Prozesse beim Repowering gehen schneller als bei der Neugenehmigung eines Windparks.

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