Institutional Money, Ausgabe 4 | 2023

Veräußerungsgewinnen von Parks. Daneben haben die Anrainer generell den Vorteil günstiger Energie, die vor Ort erzeugt wird. Technologischer Fortschritt Trivial ist das Repowern von Windkraftanlagen nicht, aber es kann tatsächlich die Energiewende weitertreiben. Schließ- lich sind die neuen Anlagen deutlich leistungsstärker als die alten. „Früher hatten wir bei An-Land-Anlagen eine Naben- höhe von 80 bis 100 Metern; heute sind wir eher bei einer Höhe von 150 Metern und mehr. Das ist vorteilhaft, weil man weiter oben in stabilere Windverhältnisse kommt“, so Radwan.Mit mehr Höhe und größeren Rotorblättern steigt die Leistung, und auch die Softwaresteuerung ist mittler- weile besser, sodass der Stromertrag um ein Vielfaches gestei- gert werden kann. „Alte Anlagen bringen 1,5 bis zwei Megawatt pro Turbine. Moderne erzeugen etwa das Vier- fache, nämlich sechs bis sieben Megawatt, und das sogar schon an Land“, verweist Radwan auf die möglichen Ertrags- steigerungen. Der technologische Fortschritt stellt die Investoren aber auch vor Herausforderungen: „Bei Windkraftanlagen sehen wir aktuell sehr schnelle Innovationszyklen.Heute wird eine Anlage nicht mehr vier bis sechs Jahre lang in Serie produ- ziert, sondern etwa alle zwölf Monate kommt das nächste Turbinenmodell auf den Markt, das natürlich auch seine Kinderkrankheiten hat. Früher waren die Innovationszyklen langsamer; da hatten die Anlagen einen Track Record und waren entsprechend ausgereift“, meint Radwan. Er verweist darauf, dass es schwieriger ist, eine Investitionsentscheidung zu treffen, wenn man davon ausgehen muss, dass die nächs- te Anlagengeneration voraussichtlich schon in wenigen Monaten auf den Markt kommen wird. Bevor es jedoch ans Repowern der in die Jahre gekom- menen Windkraftanlagen geht, müssen die alten Anlagen zurückgebaut werden. Dazu sind die Betreiber nach der Nutzungsdauer vertraglich verpflichtet. Unter Nachhaltig- keitsaspekten stellt sich hier die Frage, welche Teile der Altanlagen recycelbar sind. „Etwa 85 bis 90 Prozent einer Anlage sind recycelbar: Alles, was aus Stahl, Kupfer oder Aluminium ist, sowieso, und der Turm und das Fundament aus Beton werden geschreddert und beispielsweise als Stra- ßenunterbau verwendet“, erklärt Radwan. Die Rotorblätter stellen derzeit noch ein Problem dar. „Sie sind aus Verbund- material, und die meisten landen auf Deponien oder wer- den thermisch verwertet“, so Radwan. Recycling der Rotorblätter noch am Anfang Der Dachverband WindEurope erwartet bis 2025 jährlich 25.000 Tonnen Rotorblattabfall und fordert daher ein De- ponieverbot für Rotorblätter ab 2025. In Deutschland und einigen anderen Mitgliedsstaaten gibt es das bereits.Die Mit- glieder von WindEurope verpflichteten sich, keine Rotor- blätter mehr außerhalb Europas zu entsorgen. So soll Druck auf die eigene Branche entstehen, wettbewerbsfähige Lösun- gen voranzutreiben. Tatsächlich tut sich hier etwas: Letztes Jahr hat der Windturbinenbauer Siemens Gamesa das erste wiederverwertbare Rotorblatt unter dem Namen „Recycle- Blade“ auf den Markt gebracht, das auch schon im Juli 2022 vom Energieversorger RWE im deutschen Offshore-Projekt Kaskasi installiert wurde. Zwar kommen auch hier Verbund- werkstoffe aus Harz, Glasfasern, Kunststoffen, Holz und Metallen zum Einsatz, aber durch die Verwendung eines neuartigen Harzes lässt sich das Verbundmaterial später wie- der trennen. Das geschieht am Ende der Lebensdauer des Rotorblatts unter Erhitzen und mithilfe einer milden Säure- lösung. „Die voneinander gelösten Stoffe können zurück- gewonnen und für eine weitere Verwendung vorbereitet werden, z. B. in der Automobilindustrie oder in Konsumgü- tern wie Koffern und Flachbildschirmgehäusen“, schreibt Siemens Gamesa in einer Produktbeschreibung. Auch wenn es erste Schritte gibt, steht man mit dem Re- cycling der Rotorblätter noch am Anfang. „Jetzt kommen viele Altanlagen auf den Markt, und das Rotorblattrecycling ist noch nicht vollständig gelöst“, bedauert Radwan. Rückbau oder Upcycling Weil der Rückbau und das Recycling Kosten verursachen, reden Bestandshalter gern mit Marktteilnehmern, die für sie die Rückbauverpflichtung übernehmen. Erst nach dem Rückbau kann eine neue Anlage errichtet werden. „Sie brau- chen dazu eine neue Genehmigung unter Einbeziehung aller beteiligten Behörden. Dabei ergeben sich die gleichen Problemstellungen wie bei einer ganz neuen Anlage, aber viele lassen sich schneller lösen“, erklärt Radwan. „In Aus- nahmefällen kann es aber auch dazu kommen, dass keine Genehmigung erteilt wird.“ Umut Ertan hat hier einen Lösungsansatz. Der Venture- Capital-Investor und Vielfach-Gründer ist Leadinvestor beim Greentech-Unternehmen Kitekraft. Er will den Betreibern den Rückbau ihrer alten Anlagen ersparen und auf dem vorhandenen Turm statt der alten rotierenden Windkraftan- lage eine fliegende Windturbine installieren. „Solche Kite- kraft-Anlagen üben weniger Zugkräfte auf den Turm und das Fundament aus als rotierende Anlagen, sodass alte Instal- lationen noch viele Jahre länger genutzt werden können“, erklärt Ertan (siehe Kasten nächste Seite). Bisher entscheiden sich die Betreiber eher zwischen dem kompletten Rückbau der Anlagen und einer Ertüchtigung. 210 N o . 4/2023 | institutional-money.com PRODUKTE & STRATEGIEN | Energieinvestments FOTO: © RAINER SPITZENBERG » Wir sind dabei, unseren gesamten Bestand auf Repowering-Potenzial hin zu durchforsten, und haben dabei einiges Potenzial entdeckt. « Andreas Ochsenkühn, Leiter Portfolio Management für Sustainable Infrastructure bei KGAL

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