Institutional Money, Ausgabe 4 | 2023

D ie deutsche Regierung verfolgt das Ziel, den Strom aus erneuerbaren Energien bis 2030 zu ver- doppeln, wobei mangels Alternativen vor allem die Windkraft eine zentrale Rolle spielt.Mit dem „Wind-an- Land-Gesetz“, das am 1. Februar 2023 in Kraft getreten ist, will sie den Ausbau der Windenergie in Deutschland schneller voranbringen. Was bedeutet dies aber für Investo- ren und Bestandshalter? Für die Eigentümer von Windkraft- anlagen sind mit dem Gesetz erst einmal Vorteile verbun- den: Planungs- und Genehmigungsverfahren sollen be- schleunigt und die notwendigen Flächen leichter bereit- gestellt werden. Diese Bonbons gelten allerdings nur für ein begrenztes Zeitfenster. Daher stehen die Betreiber vorhan- dener Windkraftanlagen aktuell vor der Frage: Weiterlaufen lassen oder ertüchtigen? Bei der Beantwortung dieser Frage ist ins Kalkül zu zie- hen, dass Betreiber aufgrund der auslaufenden EEG-Förde- rung künftig mit schwankenden Strompreisen rechnen müssen und dass bei den in die Jahre gekommenen Wind- rädern die technischen Risiken zunehmen. „Die derzeitigen gesetzlichen Erleichterungen für Repowering in Deutsch- land sind interessant, aber gelten nur bis 2030. Da muss man schon rasch ins Handeln kommen, denn sieben Jahre sind schnell vorbei“, meint Andreas Ochsenkühn, der beim Asset Manager KGAL das Portfolio Management für Sus- tainable Infrastructure leitet. „Wir sind gerade dabei, unseren gesamten Bestand auf Repowering-Potenzial hin zu durch- forsten, und haben dabei einiges Potenzial entdeckt.“ Für Bestandshalter scheint Repowering also eine Überle- gung wert zu sein. „Vorteilhaft ist, dass Sie schon genehmigte Flächen verwenden können und die Netzanschlüsse bereits da sind. Und weil an der Stelle schon mal eine Anlage war, ist anzunehmen, dass die Widerstände aus der Nachbar- schaft nicht mehr so hoch sind“, erklärt Yves-Maurice Radwan. Er ist Bereichsleiter Green Deal Infrastructure bei Commerz Real und war davor Projektmanager beim Stromanbieter Innogy. Diese Situation reduziere dann auch die Realisierungszeiten. „An dieser Stelle wurde ja schon mal ein Windpark genehmigt, sodass sich die Behörden bereits mit dem Standort und der Thematik vor Ort befasst haben. Eigentlich müssen sie nur noch schauen, welche neuen Auf- lagen zu beachten sind“, meint Radwan und erklärt, über welche Zeiträume wir sprechen. „Wenn wir heute einen neuen Windpark genehmigen lassen wollen, rechnen wir mit einer Genehmigungsdauer von fünf bis sechs Jahren. In der Vergangenheit dauerte es auch schon mal neun bis zehn Jahre. Beim Repowering eines bestehenden Standorts kann sich die Genehmigungszeit auf 2,5 bis drei Jahre reduzieren“, verweist er auf echte Beschleunigung beim Wieder-fit- Machen eines bestehenden Standorts. Die Zeit ist jetzt günstig Zusätzlicher Rückenwind ergibt sich aus der EU-Notfallver- ordnung, die vor einem guten Jahr erlassen wurde.Dadurch sollen die Genehmigungsverfahren verkürzt werden – für Repowering-Anlagen auf sechs Monate. „Man wird sehen, ob es in der Praxis tatsächlich so schnell geht“, ist sich Och- senkühn offenbar nicht ganz sicher, ob das so klappen wird. Doch der EU-Gesetzgeber will Gas geben und legt eifrig nach: Auf der einen Seite ist man bestrebt, die EU-Ziele zum Ausbau der erneuerbaren Energien bis 2030 zu errei- chen, und auf der anderen will man vermeiden, dass wich- tiges Know-how ins Ausland abfließt, so wie es vor etlichen Jahren mit der Solartechnologie geschehen ist. Entsprechend veröffentlichte die EU am 24. Oktober einen weiteren EU-Windkraft-Aktionsplan, der darauf aus- Die ersten Windkraftanlagen kommen in die Jahre und müssen ausgetauscht werden. Das sorgt für neuen Investitionsbedarf. Die Gesetzgeber in der EU und in den Mitgliedsstaaten bemühen sich derzeit um regulatorischen Rückenwind und wollen Genehmigungsverfahren verkürzen. Repowering -Potenziale 206 N o . 4/2023 | institutional-money.com PRODUKTE & STRATEGIEN | Energieinvestments FOTO: © SAMUEL ZELLER Repowering ist relevant, wenn die Anlagen ihr kalku- liertes Lebensende erreicht haben. » Ohne Repowering wird es nicht möglich sein, die Energiewende zu bewerkstelligen. Aber es ist schon ein Spezialistenthema. « Yves-Maurice Radwan, Green Deal Infrastructure, Commerz Real

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