Institutional Money, Ausgabe 4 | 2023

schon vor vielen Jahren patentieren ließ. Am Ende steht das sogenannte ABCD-Portfolio: Es basiert auf der Whitelist, wobei das gesamte autoritäre Engagement niedriger oder gleich demCD-Portfolio ausfällt.Der Backtest, der sich über den Zeitraum von August 2008 bis November 2022 erstreckt, zeigt, dass das CD-Portfolio – also jenes ohne die Maximie- rung der Diversification Ratio – eine bessere Sharpe und In- formation Ratio aufweist als der Mutterindex. Das relative Exposure zu autoritären Staaten ist nur ungefähr ein Sieben- tel des Exposures des Mutterindex. Das ABCD-Portfolio ist hingegen deutlich renditeschwächer und hat weniger Vola- tilität als das CD-Portfolio, seine Sharpe Ratio ist aber schwä- cher als die des Mutterindex und des CD-Portfolios. Dazu kommt eine negative Information Ratio, die nur etwas bes- ser ausfällt als die des Mutterindex (siehe Tabelle „Backtest“). Es sicherlich ein interessanter Ansatz, politische Risiken, be- vor sie sich manifestieren, zu erkennen und die Portfolio- gestaltung systematisiert darauf auszurichten. Exposure zu autoritären Staaten soll minimiert und nur in Firmen aus Ländern investiert werden, die sich demokratisch und bür- gerrechtsmäßig qualifizieren und möglichst wenig finanziel- le Verbindungen zu nicht qualifizierten Ländern unterhal- ten. Zur Gänze wird man den Risikofaktor der Tyrannei nicht aus einem Portfolio eliminieren können, sind doch Firmen aus demokratischen Ländern Autokratien fast im- mer – zumindest – indirekt etwa durch Rohstoffimporte aus diesen Regionen ausgesetzt. Der neue Ansatz von Tobam entspricht fraglos dem Zeitgeist und findet sich in drei Live- Indizes, nämlich dem Tobam LBRTY All World Equity Index, dem Tobam All World ex USA Equity Index und dem Tobam LBRTY Emerging Markets Equity Index wie- der. Alle drei Indizes werden mit einem Startdatum von September 2008 an in einer Vor-Kosten-Brutto-Version (Gross Total Return Index) und einer Nach-Kosten-Netto- Version (Net Total Return Index) veröffentlicht und veran- schaulichen die potenziellen Vorteile des Ansatzes über die letzten 15 Jahre. Die aktuelle Indexpalette umfasst dieselben Universen wie die drei in Luxemburg registrierten UCITS- Fonds, in denen die LBTRY-Strategie abgebildet wird. Alle drei Fonds entsprechen Artikel 9 der EU-Offenlegungs- verordnung. Man muss auch bedenken, dass damit von dem lange Zeit üblichen und erst kürzlich aufgegebenen Ansatz des „Wandels durch Handel“ abgegangen wird. Zudem könnte man einwenden, dass die Einschätzungen der Staaten bezüg- lich ihrer autoritären Züge sehr stark von westlichen Werten geprägt sind, die so in einem großen Teil der Welt wie den BRICS-plus-Staaten, die immer mehr an Einfluss gewinnen, wohl nicht akzeptiert werden. Dass die USA eine sehr gute Einschätzung erfahren, kann man schon allein aufgrund ihres außenpolitischen Handelns (Guantanamo, Libyen, Irak, Jemen etc.) berechtigt in Zweifel ziehen. Auch die Ver- engung des Meinungskorridors in Deutschland einschließ- lich der Auslagerung von Internetzensur an subventionierte private Gruppen, damit der Staat selbst keine Zensur durch- führen muss, findet nicht den gebührenden Niederschlag. Ein weiterer Kritikpunkt ist, dass ganz langfristig betrach- tet die Performance der autoritären Staaten mit jener des Westens nicht nur mithalten kann, sondern ihr sogar leicht überlegen ist: Relative Ergebnisse sind bekanntlich immer auch eine Frage des betrachteten Zeitraums. Das illustriert die Grafik „Autoritär versus demokratisch“ am Beispiel des Vergleichs der Performance des Shanghai Stock Exchange Composite Index mit dem MSCI World Net Total Return, dem S&P 500 und demNasdaq 100 Index. Vom Jahresende 1990 bis zum Stichtag 3.November 2023 beträgt die annua- lisierte Performance des chinesischen Festland-Aktienbaro- meters 11,72 Prozent in Renminbi, während die Weltbench- mark auf 7,61 Prozent und der S&P 500 auf 10,36 Prozent pro Jahr an Performance in US-Dollar kommen. Dies alles wird allerdings vom Nasdaq 100 getoppt, der annualisiert imposante 14,71 Prozent erreicht. DR. KURT BECKER Autoritär versus demokratisch Wer hier performancemäßig die Nase vorn hat – am Beispiel Chinas in der Langfristbetrachtung Auch wenn China zuletzt schwächelte, so sieht die Langfristperformance doch anders aus: Hier liegt der Shanghai Composite (in Renminbi) seit Beginn seiner Bloomberg-Historie Ende 1990 vor dem MSCI World NTR und dem S&P 500 Index bis zum 3. November 2023. Nur der Nasdaq 100 Index lief noch besser. Quelle: Bloomberg 1991 1993 1995 1997 1999 2001 2003 2005 2007 2009 2011 2013 2015 2017 2019 2021 2023 0 2000 4.000 6.000 8.000 10.000 MSCI World Net Total Return USD Index Nasdaq 100 Stock Index S&P 500 Index Shanghai Stock Exchange Composite Index Performance 190 N o . 4/2023 | institutional-money.com PRODUKTE & STRATEGIEN | LBRTY-Strategie

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