Institutional Money, Ausgabe 4 | 2023

Faktorzoos einen neuen Schwellenwert für statistische Sig- nifikanz von „t größer drei“einführte, können die drei neue- ren Faktormodelle HXZ, SY und DHS die Fehlbewertung innerhalb der Gruppe mit hohem ETF-Besitz effektiv erklä- ren. Drittens zeigen die Autoren den sich abschwächenden Effekt des ETF-Besitzanteils auf Anomaliefehlbewertungen durch Querschnittsregressionen nach Fama und MacBeth. Dabei werden die Renditen eines Monats auf den ETF- Besitzstand des Vormonats, das Nettomaß und die Wechsel- beziehung (Interaktion) zwischen ETF-Besitzstand und Net- tomaß unter Einbindung der Kontrollvariablen regressiert. Es stellt sich heraus, dass der Interaktionsterm stark negativ und durchgehend statistisch signifikant ist. Das impliziert, dass bei Aktien mit höherem ETF-Besitzstand die typischen Anomalievariablen keine Vorhersagekraft mehr für zukünf- tige Aktienrenditen besitzen. Viertens untersuchen die Autoren den potenziellen Mechanismus, durch den ETF-Fehlbewertungen von Aktien abgemildert werden. Die Analyse zeigt, dass Aktien, die zur Gruppe mit hohem ETF-Besitzanteil gehören, eine deutlich kürzere Reaktionszeit betreffend Kursreaktionen auf rele- vante Nachrichten aufweisen als jene, die der Gruppe der Aktien mit geringem ETF-Besitzanteil zuzurechnen sind. Dies deutet darauf hin, dass sich durch ETFs Makroinforma- tionen einfacher leichter auf einzelne Aktien übertragen, so- dass die betroffenen Aktienkurse diese Makroinformationen besser widerspiegeln. Infolgedessen gehen bei Aktien mit großem ETF-Besitzstand Fehlbewertungen zurück. Aktive ETFs spielen also eine wichtige Rolle bei der Abschwächung der durch Anomaliestrategien generierten Renditen. Letzt- lich tragen ETFs dazu bei, dass allgemeine Fehlbewertungen auf demMarkt verringert werden. Fünftens untersucht das Autorenquartett die Tage mit hoher Nachrichtenfrequenz – etwa jene, an denen Gewinn- mitteilungen bekanntgegeben werden. Man will untersu- chen, ob ETFs die Prognostizierbarkeit von Aktienrenditen bei öffentlichen Informationsankündigungen beeinflussen. Joseph Engelberg, R.David McLean und Jeffrey Pontiff stell- ten ja in „Anomalies and News“2018 fest, dass an diesen in- formationsstarken Tagen Aktienrenditen auf der Basis von Anomalien besser prognostizierbar sind – eine Tatsache, die damit vereinbar ist, dass Investoren ihre mit einem Bias ver- sehenen Erwartungen nach Bekanntgabe neuer Informatio- nen korrigieren. Darauf aufbauend testen die Autoren, ob ETFs mit einem Bias versehene Erwartungen im Vorfeld der Information abmildern oder die Beschaffung von Infor- mation für die zugrunde liegenden Wertpapiere ex ante för- dern. Es stellt sich heraus, dass ETFs zum Zeitpunkt der Pu- blikation der relevanten Information die Prognostizierbar- keit der Aktienrenditen aufgrund von Anomaliemerkmalen verringern. Konkret zeigt sich, dass bei einer Erhöhung des ETFs-Besitzes vom 25. Perzentil auf das 75. Perzentil die ab- normalen Renditen an den Tagen der Gewinn- oder ande- rer wichtiger Mitteilungen um 82,1 Prozent sinken. Zu guter Letzt – also sechstens – zeigen die Autoren un- ter Verwendung des Experiments der Russell-Index-Zusam- mensetzung, dass es einen kausalen Effekt des ETF-Besitzan- teils auf die Profitabilität von Anomalien gibt. Russell 1000 und 2000 werden jedes Jahr im Juni nach bestimmten me- chanischen Regeln neu zusammengestellt. Die 3.000 Top- aktien werden auf Basis ihrer Marktkapitalisierung im Mai gerankt und bei den Top 1.000 wird dann der Schnitt (Cut- off) gemacht, um diese beiden Indizes zu bilden. Aktien mit einer Marktkapitalisierung um diesen Cut-off-Punkt können so betrachtet werden, dass sie rein zufällig in dem einen oder dem anderen Index Mitglied werden. Diesen Zufall nutzen die Autoren, indem sie Aktien um das Grenzwert- Ranking von 1.000 herum auswählen und die Russell-Index- Mitglieder als Instrument für den ETF-Besitz nutzen. Dabei entdecken sie einen erheblichen Abschwächungseffekt des ETF-Besitzes auf abnormale Renditen, was auf einen Kausal- zusammenhang zwischen ETF-Besitzanteil und systemati- schen Fehlbewertungen schließen lässt. Insgesamt deuten die Ergebnisse darauf hin, dass ETFs das Potenzial haben, Fehlbewertungen sowohl auf Marktebene als auch für ein- zelne Aktien zu beseitigen. Jedoch ist es bei vielen Aktien noch nicht so weit. Laut der Studie weisen Aktien mit ge- ringem ETF-Besitzanteil höhere Renditen, höhere Sharpe Ratios und hochsignifikante Alphas im Vergleich zu Aktien mit hohem ETF-Besitzanteil auf. Für aktive Aktienfonds- manager eröffnet dies entsprechende Alphachancen. Dies sollte man als institutioneller Investor im Auge behalten. DR. KURT BECKER 156 N o . 4/2023 | institutional-money.com THEORIE & PRAXIS | ETF-Einfluss FOTO: © OLIN BUSINESS SCHOOL (2), RUTGERS BUSINESS SCHOOL » Unser Russell-Index-Experiment zeigt, dass ein höherer ETF-Besitzanteil abnormale Renditen verringert. « Songrun He, PhD-Student in Finance an der Olin Business School der Washington University in St. Louis, USA » ETFs tragen erwiesenermaßen zu einer erhöhten Markteffizienz am US-Aktienmarkt bei. « Sophia Zhengzi Li, Assistant Professor of Finance an der Rutgers Business School in Newark, New Jersey, USA » ETF beschleunigen die systematische Auswertung von Information und deren Niederschlag in Aktienkursen. « Guofu Zhou, Frederick Bierman und James E. Spears Professor für Finanzen an der Olin Business School, Washington University

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