Institutional Money, Ausgabe 4 | 2023

verschiedene Faktoren wie Immobilienpreise im Verhältnis zu Einkommen und Mieten, Leerstandsquoten und andere ökonomische Indikatoren, um das Risiko von Überbewer- tungen auf dem Immobilienmarkt zu bewerten. Die Schweizer sehen den Immobilienmarkt jedenfalls ähnlich divers wie die deutsche Investoren-Community. So meint Matthias Holzheu, Senior Real Estate Economist Chief Investment Office GWM, dass „niedrige Finanzie- rungskosten in den letzten zehn Jahren das Lebenselixier der globalen Immobilienmärkte waren und die Häuserpreise in schwindelerregende Höhen getrieben haben. Doch das plötzliche Ende des Niedrigzinsumfelds hat das Kartenhaus erschüttert.“ Im Durchschnitt aller Städte haben die infla- tionsbereinigten Häuserpreise im letzten Jahr den stärksten Rückgang seit der globalen Finanzkrise 2008 verzeichnet. Städte, die in den letzten drei Jahren mindestens einmal in die Risikozone für Blasen eingestuft wurden, verzeichneten einen noch stärkeren durchschnittlichen Preisverfall. Laut den Ergebnissen der UBS-Studie unterschieden sich die Auswirkungen höherer Zinssätze jedoch deutlich von Stadt zu Stadt: Wenn die Wohnungsfinanzierung bereits an der Grenze der Bezahlbarkeit mit niedrigen Zinssätzen lag, führten höhere Zinssätze fast zwangsläufig zu einem Ein- bruch der lokalen Nachfrage. Wenn ein Markt durch eine signifikante Entkoppelung der Kaufpreise von den Mieten gekennzeichnet war, verlagerte der Anstieg der Hypotheken- zinsen die Nachfrage zurück auf den Mietmarkt. Steigende Finanzierungskosten In Wohnungsmärkten, die hauptsächlich kurzfristig finan- ziert wurden, spürten Eigentümerhaushalte wiederum die höheren Finanzierungskosten unmittelbar und waren ge- zwungen, bei Verkäufen niedrigere Preise zu akzeptieren. „Dort, wo Buy-to-Let während der Niedrigzinsphase beliebt geworden war, verstärkten Notverkäufe aufgrund höherer Zinssätze und schwindender Rentabilität die Korrektur“, schlussfolgert Claudio Saputelli, Head Swiss & Global Real Estate Chief Investment Office GWM, und meint: „In Städ- ten, in denen mehrere dieser Faktoren gleichzeitig zusam- mentrafen – wie zum Beispiel in Toronto, Frankfurt und Stockholm –, fand eine Neupreisbildung umso schneller und drastischer statt.“ Das globale Fazit (Anm.: siehe Charts auf den ersten drei Sei- ten des Artikels) der Studie: Die meisten analysierten Stadt- zentren haben in den letzten vier Quartalen einen tatsächli- chen Rückgang der Hauspreise verzeichnet. In Städten, die in den letzten drei Jahren einem Blasenrisiko ausgesetzt wa- ren, ist der Immobilienpreis imDurchschnitt um zehn Pro- zent gesunken. Die Inflation hat einen entscheidenden Bei- trag zur Reduzierung von Ungleichgewichten geleistet.Wäh- rend steigende Zinssätze Druck auf die Hauspreise ausüben, unterstützt die Inflation das Einkommens- und Mietwachs- tum. Letzteres hat sich in den meisten Städten außerhalb der USA beschleunigt und den höchstenWert seit fast einem Jahrzehnt erreicht. Die Risikobewertungen sind in den letz- ten Quartalen in den meisten Städten stark gesunken. Noch kein Turnaround Hohe Ungleichgewichte bestehen in Zürich und Tokio nach wie vor: Relativ niedrige Hypothekenzinsen und Infla- tionsraten haben dort keine Marktstörungen verursacht.Die begehrtesten Ziele in den letzten Jahren sind laut UBS Singapur, Dubai und Miami. In diesen Hotspots der inter- nationalen Nachfrage sticht das Wachstum der Miet- und Verkaufspreise deutlich heraus. Die Preise liegen bis zu 40 Prozent höher und die Mieten 50 Prozent höher als vor zwei Jahren. Die finanzielle Erschwinglichkeit von Wohn- Fallende Preise bei Wohnimmobilien Grosso modo ist der Preisdruck im globalen Immobilienmarkt zurückgegangen. In jedem von der UBS untersuchten urbanen Immobilienmarkt hat der Preisdruck nachgelassen oder ist zumindest gleich geblieben. In sieben Fällen – darunter Frankfurt und München – verließen die entsprechenden Märkte damit das unmittelbare Szenario einer Immobilienblase. Quelle: Studie 20 10 0 –10 –20 Dubai Miami Tokio New York Madrid Singapur Zürich São Paulo Genf Tel Aviv Mailand Boston Los Angeles Hongkong Paris Warschau Sydney Vancouver San Francisco München London Amsterdam Toronto Frankfurt Stockholm 2022 Vergangene 4 Quartale Vergangene 5 Jahre 2023 Risikoampel 142 N o . 4/2023 | institutional-money.com THEORIE & PRAXIS | Immobilienmarkt FOTO: © BALZ MARTI » In Städten, in denen – wie in Frankfurt – mehrere Faktoren gleichzeitig zusammen- trafen, fand eine Neupreisbildung umso schneller und drastischer statt. « Claudio Saputelli, Head Swiss & Global RE CI Office GWM

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