Institutional Money, Ausgabe 4 | 2023

umweltbezogener CSR und dem Schiefergasboom beein- flussen. Sie ersetzen die landkreisbezogenen Fixeffekte durch firmenspezifische Fixeffekte und schätzen die Regressionen erneut. Die entsprechenden Koeffizienten der Schiefer- boomvariablen sind positiv und statistisch relevant. „Die Ergebnisse deuten darauf hin, dass die nicht beobachtbaren, zeitlich konstanten und firmeneigenen Merkmale die Hauptergebnisse wahrscheinlich nicht beeinflussen“, so die Autoren. Entwicklung des Firmenwerts In einer weiteren Verfeinerung schließen die Studienautoren Unternehmen in den Branchen Öl, Bauwesen, Finanzwesen und Immobilien aus, „da sie direkt von der Entwicklung der Schiefergasbrunnen profitierten. Die Daten deuten darauf hin, dass Branchen im Zusammenhang mit Schiefergas nicht zu erhöhten Umweltaktivitäten beitragen“, so die Schlussfolgerung der Studie. Für die Finanzmärkte inter- essant ist natürlich auch, ob der Anstieg der CSR den Wert der betreffenden Unternehmen erhöht. Zu diesem Zweck berechnen die Autoren die Veränderungen von Tobin’s Q vom Jahr t–1 bis Jahr t+n, wobei Jahr t das Jahr ist, in dem der regionale Shale-Boom begonnen hat. Die Autoren konstruieren einen Indikator, der bei 1 liegt, wenn die um- weltbezogene CSR des Unternehmens von Jahr t–1 bis Jahr t+3 steigt, und ansonsten null beträgt. Anschließend stellen sie Tobin’s Q anhand des konstruierten Indikators mit jähr- lichen Fixeffekten ein. Unternehmen mit verbesserten Um- weltbewertungen nach Shale-Booms weisen eine signifikan- te Steigerung des Unternehmenswerts auf. So beträgt der Koeffizient für die Zunahme der umweltbezogenen CSR 0,498. Dieses Ergebnis deutet darauf hin, dass Unternehmen, die die umweltbezogene CSR im Vergleich zu herkömmlichen Firmen erhöhen, ein um 49,8 Prozentpunkte höheres Tobin’s Q ausweisen, was wiederum 25,3 Prozent des durch- schnittlichen Tobin’s Q im Jahr t–1 entspricht. Die Vorteile aus der gesteigerten umweltbezogenen CSR haben sich über zehn Jahre hinweg gehalten. Der Effekt erreicht bis zum Jahr t+10 132,5 Prozentpunkte. Die Ergebnisse legen nahe, dass Unternehmen, die ihre Umweltbewertungen verbessern, nach dem Anstieg von Umweltfragen in einer Region „eher eine Steigerung ihres Unternehmenswerts erfahren“, so die Autoren. Einordnung Folgt man dieser Argumentation, so reagieren Unterneh- men tatsächlich auf stetige Veränderungen von Klimarisiken. Das nicht unbedingt aus altruistischen Motiven, sondern nicht zuletzt weil der Fokus von Aufsicht und Öffentlichkeit im vorliegenden Untersuchungsgegenstand aufgrund der steigenden Umweltrisiken höher ist. Stimmen diese Ergeb- nisse, könnte es sein, dass die Märkte die Reaktion von Un- ternehmen auf Klimarisiken zu Recht relativ optimistisch einschätzen. Das wären doppelt gute Nachrichten: Erstens steigt damit die Hoffnung, dass Unternehmen auf den Kli- mawandel reagieren. Zweitens stünden zumindest aus die- sen Risikoquellen die von Rebonato befürchteten groben Marktkorrekturen nicht im Raum. Als Caveat muss gelten, dass der zeitliche Horizont der Shale-Gas-Studie beschränkt ist. Auf der anderen Seite räumt auch Rebonato ein, dass seine Schlussfolgerungen zum Zusammenhang zwischen Marktpreisen und Klima- risiken nicht vollständig belastbar sind. Diese beiden Ein- schränkungen legen wiederum einen letzten Schluss nahe, nämlich dass die Forschung zum aktuellen Status des Kli- mawandels mit seinen Auswirkungen auf die Märkte trotz aller Virulenz immer noch in den Kinderschuhen steckt. HANS WEITMAYR Unerwartet: Klimarisiko erhöht CSR und Unternehmenswert Wie sich Tobin’s Q im Verlauf eines Schiefergasbooms und bei steigenden CSR-Scores im Durchschnitt entwickelt hat Jahr t-1 bis Jahr t-1 bis Jahr t-1 bis Jahr t-1 bis Jahr t-1 bis Jahr t+3 Jahr t+4 Jahr t+5 Jahr t+7 Jahr t+10 Anstieg des CSR 0,498* 0,481*** 0,432*** 0,914*** 1,325*** (0,069) (0,002) (0,008) (0,001) (0,003) Jahresfixe Effekte ja ja ja ja ja Anzahl der Beobachtungen 105 99 93 83 54 Adjustiertes R 2 0,033 -0,006 -0,042 -0,046 -0,019 Erfasst wurde der Firmenwert in Form des Tobin’s Q. Als Ausgangspunkt wurde das Jahr vor Beginn eines Schiefergasbooms herangezo- gen. Das Resultat: Unternehmen, die in einer Boomregion angesiedelt sind, gewinnen kontinuierlich an Wert. Je länger der Boom andauert, desto stärker ist der Effekt. ***/**/*: 99/95/90 Prozent Signifikanz Quelle: „Shale gas booms and environmental CSR“ 124 N o . 4/2023 | institutional-money.com THEORIE & PRAXIS | CSR und Shale Gas » Möglicherweise sind die Märkte am Steuer eingeschlafen. Das könnte zu substanziellen Preiskorrekturen an den Märkten führen. « Riccardo Rebonato, EDHEC

RkJQdWJsaXNoZXIy ODI5NTI=