Institutional Money, Ausgabe 4 | 2023

A ngesichts der jährlich neu erzielten Rekordtempe- raturen stellt sich die Frage, ob die damit verbun- denen Risiken von Markt, Wirtschaft und Gesell- schaft korrekt eingeschätzt werden und in weiterer Folge an- gemessen auf den Klimawandel reagiert wird. In der Gesell- schaft und vor allem unter den jüngeren Generationen scheint sich tendenziell der Eindruck zu verfestigen, dass die Auswirkungen des Klimawandel nicht ernst genug genom- men beziehungsweise unterschätzt werden. Auch Riccardo Rebonato stößt mit seinem EDHEC-Risk Climate Impact Institute Working Paper „Asleep at the Wheel? The Risk of Sudden Price Adjustments for Climate Risk“ins selbe Horn. Konkret stellt er sich die Frage, wieso es noch nicht gelun- gen ist, ein eindeutiges Klima-Beta zu identifizieren und in weiterer Folge einen statistisch signifikanten Klimaindex zu konstruieren, der den Risikofaktor „Klima“korrekt abbildet. Rebonato zählt einige Versuche der jüngeren Vergangenheit auf, diese Problematik zu lösen. Laut dem EDHEC-Öko- nom sind all diese Ansätze aber entweder statistisch nicht besonders belastbar oder funktionieren nur in speziellen Kombinationen und Konstellationen. Vermisster Klimarisikofaktor „Wenn sich die Auswirkungen des Klimas auf die Preise deutlich und klar zeigen würden, wäre das auf die eine oder andere Weise eindeutig erkannt worden. In Wirklichkeit deuten die schwachen und oft widersprüchlichen Ergebnis- se jedoch darauf hin, dass die Preise höchstens schwach von klimabezogenen Informationen beeinflusst werden. Wie kann das der Fall sein?“, fragt Rebonato und stellt in weiterer Folge fünf Thesen auf, die wiederum eine Erklärung für das Fehlen einer echten Klimarisikoprämie liefern könnten: 1. Der Markt ist effizient und hat bereits alle relevanten Informationen eingepreist. 2. Der Markt ist effizient, er erwartet jedoch, dass die klima- bedingte Beeinträchtigung des Cashflows für alle Sekto- ren gering ist, auch wenn keine signifikante Klimamaß- nahme ergriffen wird. 3. Der Markt ist effizient, er erwartet jedoch, dass die klima- bedingte Beeinträchtigung des Cashflows gering ist, weil er glaubt, dass das Klimarisiko effektiv gemanagt wird, also die Temperaturerhöhung im Rahmen Ziels des Pari- ser Abkommens bleibt, das bei einer globalen Tempera- turerhöhung von 1,5– bis 2,0–Grad liegt. 4. Der Markt ist effizient und geht davon aus, dass die Klimaschäden erheblich sein werden, aber dass diese Schä- den erst in so ferner Zukunft auftreten, dass sie de facto auf nahezu null abgezinst werden. 5. Der Markt „ist am Steuer eingeschlafen“, was bedeuten würde, dass die Preise die Erwartungen und Unsicher- heiten hinsichtlich der Klimaergebnisse nicht korrekt widerspiegeln. Final kommt Rebonato angesichts der von ihm ausgewer- teten Klimarisiken zu dem Schluss, dass die Thesen 3 und 5 die wahrscheinlichsten sind. Da es sich hierbei aus der Sicht des Italieners aber um Fehlannahmen handelt, stellt er „sub- stanzielle Preiskorrekturen an den Märkten“ in den Raum. Nachdem der Forscher aber selbst einräumt, dass diese Annahme weiterer Beweisführung bedarf, darf die Frage gestellt werden: Was, wenn er irrt? Könnte es sein, dass der Markt den Thesen 1 und insbesondere 4 folgt – und damit richtigliegt? Annäherung an Klimarisiken Genau in diese Richtung geht nämlich die Arbeit „Shale gas booms and environmental CSR“von Changhwan Choi, der an der University of International Business and Economics in Peking wirkt, sowie von Chune Young Chung von der Chung-Ang University in Seoul. Die Autoren untersuchen die Entwicklung von CSR-(Corporate Social Responsibility)- Scores unmittelbar nach dem Ausbruch eines Shale-Gas- beziehungsweise Schiefergasbooms. Um die Entwicklung der CSR zu messen, bedienen sich die Autoren der MSCI-KLD-Datenbank (KLD), die um- fassende Daten zu CSR-Bewertungen auf Unternehmens- ebene bereitstellt, einschließlich der Umweltleistung. Unter Reagieren Unternehmen und Investoren auf die langfristigen Herausforderungen des Klimawandels oder „schlafen sie am Steuer ein“, wie es EDHEC-Ökonom Riccardo Rebonato in den Raum stellt. Eine Studie zu Shale Gas macht leise Hoffnung. Und sie reagieren doch 120 N o . 4/2023 | institutional-money.com THEORIE & PRAXIS | CSR und Shale Gas

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