Institutional Money, Ausgabe 4 | 2023

te Verbesserungen in der Prognoseleistung von anspruchs- vollen Modellen für maschinelles Lernen wie „Linear Forest“ im Vergleich zu Basismodellen wie etwa „Industry Fill“oder OLS (Ordinal-Least-Square-Methode; Methode der kleinsten Quadrate). Genauer gesagt ist Linear Forest bei der Prognose der gesamten Scope-3-Emissionen auf Kategorie- ebene und auf aggregierter Ebene etwas besser als Basis- modelle – der MAE wird um zwei bis sechs Prozent verrin- gert – und liefert in den meisten Fällen eine mehr oder weniger gleichwertige Prognosegenauigkeit wie ein schritt- weises Regressionsmodell einzelner Kategorien. Bei Letzte- rem erfolgt die Auswahl der prädiktiven Variablen durch ein automatisches Verfahren. Darüber hinaus variiert die Bedeu- tung der Prädiktoren erheblich je nach Kategorie. Insgesamt deuten die Ergebnisse der Kapitalmarktforscher darauf hin, dass Wissenschaftler und Investoren bei der Verwendung von Scope-3-Emissionen von Dritten auf mögliche Pro- gnosefehler achten sollten.Die Ergebnisse fordern außerdem eine transparentere Offenlegung seitens externer Daten- anbieter in Bezug auf Schätzmethoden und Prognoseper- formance. Zusammenfassung Scope-3-Daten variieren stark zwischen den bereinigten Da- ten von ISS einerseits und den eingemeldeten Datensätzen bei Bloomberg sowie Refinitiv Eikon andererseits. Bei den beiden Letzteren überrascht wiederum, dass es zwischen Bloomberg und Refinitiv trotzdem 32 Prozent unterschied- liche Datenpunkte gibt, obwohl ja beide Datensätze auf von Unternehmen gemeldeten Daten ohne weitere Anpassun- gen basieren. Obwohl die Emissions-Rankings bei den drei Datenanbietern konsistenter sind als die Rangordnung der absoluten Emissionswerte, fallen nur 22 Prozent der Emis- sionsdaten der ISS in dasselbe Ranking-Dezil wie die ande- ren beiden Datensätze. Die naive Verwendung speziell von ISS-Daten kann große Auswirkungen auf die Formalisie- rung von Desinvestitionsstrategien oder CO 2 -armen Indizes haben, geben die sechs Kapitalmarktforscher zu bedenken. Wie der vorliegende Befund zeigt, machen es sich die ein- meldenden Unternehmen offenbar mangels verbindlicher Standards vielfach zu einfach und melden vor allem Daten aus jenen Emissionskategorien, die einfacher zu berechnen sind, obwohl diese Kategorien nur einen relativ geringen Anteil an den gesamten Scope-3-Emissionen entlang der Wertschöpfungskette ausmachen. Da die Autoren den rela- tiven Beitrag jeder Emissionskategorie zumGesamtwert von Scope 3 betrachten, argumentieren sie, dass die Offenlegung von Daten aus den relevantesten Scope-3-Emissionskatego- rien überaus hilfreich wäre, gestehen aber zu, dass diese zwi- schen den Branchen stark variieren.Daher sollten Unterneh- men entsprechende Tests durchführen, um sicherzustellen, dass sie die „richtigen“operationalen Abgrenzungen festlegen. Die verstärkte Meldung von Scope-3-Daten aus wichtigen Emissionskategorien wäre auch die Basis für eine höhere Prognosegenauigkeit von Modellen, die auf den gesamten CO 2 -Fußabdruck abzielen. In der vorliegenden Studie wurde auch die Vorhersage- genauigkeit verschiedener Basismodelle mit jener von Machine-Learning-Modellen (Elastic Net, XGBoost,Random Forest, Linear Boost und Linear Forest) verglichen. Aggrega- tionen von Scope-3-Daten auf Kategorieebene erweisen sich als effektiver als eine Aggregierung von Scope-3-Gesamt- emissionsdaten. Zur Überraschung der Autoren sind die Verbesserungen der Vorhersagegenauigkeit minimal, selbst wenn man die fortschrittlichsten Techniken des maschinel- len Lernens verwendet. Anzumerken ist, dass jedoch nicht bekannt ist, inwieweit potenzielle Verzerrungen in den ge- meldeten Datensätzen – also in den Trainingsdatensätzen für die KI – zu diesem Ergebnis beigetragen haben. Vorschläge Insgesamt unterstreichen die Ergebnisse die Notwendigkeit einer Verbesserung bei der Offenlegung von Scope-3-Emis- sionen. Zunächst sollten verbindliche Festlegungen zur Mel- depflicht getroffen werden, und es sollte weitere Leitlinien geben, wie die Berechnungen zu erfolgen haben. Zweitens sollten Unternehmen ihre operativen Berichtsgrenzen erwei- tern, um Kategorien miteinzubeziehen, die für ihr Unter- nehmen am relevantesten sind. Drittens ist es für Unterneh- men auch wichtig, Primärdaten von Partnern in der Wert- schöpfungskette zu beziehen, da Sekundärdaten, insbeson- dere Emissionsschätzungen, großen Unsicherheiten unter- liegen. Wissenschaftler und Asset Manager genauso wie institutionelle Investoren sollten vorsichtig agieren und die potenziellen Fehler in den veröffentlichten Emissionsdaten sowie die Einschränkungen verschiedener Prognosemodelle bei ihren Handlungen berücksichtigen. Keine Aussage treffen die Autoren, wie man diesen zwei- fellos großen bürokratischen Aufwand bei kleineren Unter- nehmen, die ja oft in den Lieferketten eine Rolle spielen, handhaben soll. Gerade deren Daten sind es, die die großen börsennotierten Konzerne für ihre Scope-3-Emissonen benötigen. Oft sind diese Zulieferer in den Emerging Mar- kets angesiedelt, was das Problem nicht gerade vereinfacht und etwaige Rechtsdurchsetzungen erschwert, so es nicht zu einer globalen Lösung kommt. Doch eine solche braucht Zeit. Und viele Investoren scheinen diese Verzögerungen nicht hinnehmen zu wollen und müssen daher mit den rudimentären Daten und Modellen arbeiten, die der Markt derzeit hergibt. DR. KURT BECKER 112 N o . 4/2023 | institutional-money.com THEORIE & PRAXIS | Nachhaltigkeitsmanagement FOTO: © UNIVERSITY OF OTAGO » Von hohem Aufwand begleitete wesentliche Scope-3-Kategorie-Emissionen werden seltener gemeldet. « Renzhu Zhang, Postdoc an der University von Otago, Neuseeland

RkJQdWJsaXNoZXIy ODI5NTI=