Institutional Money, Ausgabe 4 | 2023

Steuern und der Klimapolitik auf einzelne Unternehmen. Allerdings beschränken sich die Analysen der Emissionen auf Unternehmensebene durch externe Stakeholder in der Regel auf Scope-1- und Scope-2-Emissionen. Der Anteil der Scope-3-Emissionsdaten meldenden Unternehmen scheint langsam, aber stetig anzusteigen (siehe Grafik „Entwicklung der Scope-3-Abdeckung“). Es ist also über die Jahre ein stetiger Anstieg der Stichpro- bengröße aller drei Datenanbieter mit Ausnahme von ISS zu beobachten, die im Jahr 2018 eine beträchtliche Expan- sion verzeichneten. Im Durchschnitt berichten 57 bis 60 Prozent jener Unternehmen, die dort auch Scope-1- und -2- Daten melden, Bloomberg und Refinitiv Eikon über ihre Scope-3-Emissionen.Dieser Anteil bleibt überraschenderwei- se über den gesamten Untersuchungszeitraum annähernd konstant. Für ISS beträgt der Anteil der Unternehmen, die Scope 3 melden, ja immer 100 Prozent, da ISS fehlende Scope-3-Daten für alle Firmen, die diese nicht melden, schätzt (siehe Grafik „Relativer Stillstand“). Drei Problemkreise Erstens gibt es keine Regulierung und einen Mangel an klaren Leitlinien. Trotz der jüngsten Signale gibt es keine ver- bindlichen Regeln zur Offenlegung von Scope-3-Emissio- nen. Darüber hinaus schweigen verwandte Standards/Rah- menwerke für die Nachhaltigkeitsberichterstattung wie die Global Reporting Initiative, das Sustainability Accounting Standards Board und das International Integrated Reporting entweder zur Scope-3-Emissionsberichterstattung oder geben keine detaillierten Empfehlungen dazu, wie Scope 3 ordnungsgemäß offengelegt werden sollte. Da die Messung und Offenlegung von Scope 3 inkonsistent und unsystema- tisch ist, bleiben Qualität und Genauigkeit der freiwilligen Offenlegungen der Unternehmen im Dunkeln. Angesichts der Komplexität bei der Berechnung von Scope 3 – insbe- sondere deshalb, weil es außer dem Treibhausgasprotokoll keine geeigneten Leitlinien gibt – sind umfangreiche Daten- erfassungsbemühungen erforderlich, weswegen es nicht ver- wundert, dass nur wenige Unternehmen bereit sind, Scope- 3-Emissionen möglichst umfangreich offenzulegen. Zweitens sind die Unvollständigkeit und der Ausschluss so mancher geschäftlichen Aktivität zu bemängeln. Unter- nehmen sind nicht verpflichtet, die vollständige Zusammen- setzung der Scope-3-Emissionen offenzulegen. Daher kann die Verwendung aggregierter Scope-3-Emissionsdaten irre- führend sein. Während Unternehmen sich möglicherweise dafür entscheiden, nur Bereiche zu melden, in denen sie eine gute Klimaleistung erbringen oder die leichter zu mes- sen sind, könnten wesentliche andere Bereiche aus den 15 verschiedenen Scope-3-Kategorien absichtlich ignoriert wer- den. Beispielsweise könnten Firmen, die sich dafür entschei- den, erworbene Waren und Dienstleistungen zu melden, einen sehr unterschiedlichen Wert der Lieferkettenemissio- nen im Vergleich zu jenen Unternehmen melden, die nur mit Geschäftsreisen verbundene Emissionen melden. Es ist daher nicht sinnvoll, Emissionsdaten mit vielen fehlenden Werten zu aggregieren, wenn es den Unternehmen freisteht, zu entscheiden, welche Kategorien sie melden und inner- halb welcher Grenzen sie berichten möchten. Anstatt Äpfel mit Birnen zu vergleichen, sollte man sich entweder die Scope-3-Daten der Unternehmen auf Kategorieebene anse- hen oder fehlende Werte, das heißt die nicht gemeldeten Scope-3-Kategorien, durch geschätzte Werte ersetzen, bevor Querschnittsvergleiche durchgeführt werden. Drittens ist der Problemkreis der Messabweichung sowie der Berichtsinkonsistenz hervorzuheben.Unternehmen kön- nen unterschiedliche operative Grenzen für dieselbe Scope- 3-Emissionskategorie festlegen oder unterschiedliche Werte über verschiedene Kommunikationskanäle melden. Letzte- res können jährliche Einreichungen oder Nachhaltigkeits- berichte sein oder erfolgen über Initiativen Dritter wie das Carbon Disclosure Project (CDP) – und/oder ein Unterneh- men aktualisiert gelegentlich rückwirkend seine gemeldeten Emissionen. Diese unterschiedlichen Vorgangsweisen er- schweren es externen Datenanbietern wie Bloomberg und Refinitiv, einen Konsens zu erzielen und konsistente Scope- 3-Werte bereitzustellen. Genauer gesagt können externe Datenanbieter Scope-3-Emissionsdaten aus verschiedenen Entwicklung der Scope-3-Abdeckung ISS ist weit voran, weil man Daten der Nichtmelder schätzt. Darstellung der Entwicklung der Datenabdeckung der drei Scope-3-Emissionsdaten- sätze von Bloomberg, Refinitiv Eikon und ISS in den Jahren 2013 bis 2019. Die Stich- probengröße steigt bei allen drei Anbietern stetig an. ISS verwendet proprietäre Modelle, um fehlende Werte für nicht meldende Firmen zu ergänzen, und verfügt daher über die größte Abdeckung unter den drei Anbietern. Quelle: Studie 0 1.000 2.000 3.000 4.000 5.000 6.000 I 2019 I 2018 I 2017 I 2016 I 2015 I 2014 I 2013 ISS Refinitiv Eikon Bloomberg Anzahl an Firmen 104 N o . 4/2023 | institutional-money.com THEORIE & PRAXIS | Nachhaltigkeitsmanagement FOTO: © GLOBAL BUSINESS SCHOOL NETWORK » Datendiskrepanzen erschweren es Investoren beträchtlich, die tatsächliche Höhe des Klimarisikos zu identifizieren. « Ivan Diaz-Rainey, Ass. Prof. of Finance und Director der CEFGroup am Department of Accountancy and Finance, University of Otago

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