Institutional Money, Ausgabe 4 | 2023

D er CO 2 -Fußabdruck von Unternehmen zählt zu den zentralen Kenngrößen, wenn es darum geht, finanzielle Übergangsrisiken von Unternehmen in Richtung einer klimaneutralen Zukunft zu erfassen. Grundsätzlich ist das ein simpler Wert, der die Höhe der Treibhausgasemissionen (THG) erfasst, die mit den Ge- schäftsaktivitäten oder Produkten eines Unternehmens ver- bunden sind. CO 2 -Fußabdrücke werden von Wissenschaft- lern und Praktikern aus der Industrie gleichermaßen gegen- über anderen Risikokennzahlen für den Klimawandel be- Abschätzungen der indirekten Treibhausgasemissionen innerhalb von Wertschöpfungsketten (Scope 3) vorzunehmen, ist weder für Unternehmen noch für Datenanbieter leicht. KI-basierte Prognosen könnten hier helfen. Schwierige CO 2 -Messung Scope-1-, Scope-2- und Scope-3-Emissionen enträtselt D er GHG Protocol Corporate Standard kategorisiert Treibhausgasemissionen, die mit dem Corporate Carbon Footprint eines Unternehmens in Verbindung stehen, als Scope-1-, -2- und -3-Emissionen. Diese Gel- tungsbereiche betreffen jedoch nicht den Product Carbon Footprint (PCF); dieser beschreibt die Gesamt- menge an Treibhausgasemissionen, die ein Produkt oder eine Dienstleistung über verschiedene Phasen des Lebenszyklus verursacht. Das Scope-Konzept selbst stammt aus dem Projekt- management und bezieht sich auf alle Prozesse und Ressourcen, die zur Fertigstellung eines Projekts er- forderlich sind. Dem GHG Protocol zufolge dient diese Kategorisierung im Wesentlichen dazu, Quellen von direkten und indirekten Emissionen zu unterscheiden und sicherzustellen, dass zwei oder mehr Unter- nehmen nicht Emissionen im selben Geltungsbereich erfassen. Wie also unterscheiden sich Scope-1-, -2- und -3-Emissionen? Scope 1 – direkte Emissionen Scope-1-Emissionen sind Emissionen aus Quellen, die direkt von Unternehmen verantwortet oder kontrol- liert werden. Dazu gehören Emissionen aus Energie- trägern am Standort des Unternehmens wie Erdgas und Brennstoffe, Kühlmittel sowie Emissionen durch den Betrieb von Heizkesseln und Öfen. Sie werden von Unternehmen verantwortet oder kontrolliert. Unter Scope 1 fallen auch Emissionen des eigenen Fuhrparks (z. B. Autos, Lieferwagen, Lkw, Helikopter für Kranken- häuser usw.). Im Gegensatz zu direkten Emissionen definiert das GHG Protocol indirekte Emissionen als Folge der Geschäftstätigkeit von Unternehmen, die jedoch aus Quellen stammen, die einem anderen Unternehmen gehören oder von diesem kontrolliert werden. Dazu gehören die sogenannten Scope-2- und 3-Emissionen. Das GHG Protocol trifft jedoch eine eindeutige Unterscheidung zwischen diesen beiden Geltungsbereichen. Scope 2 – indirekte Emissionen aus eingekaufter Energie Scope-2-Emissionen sind indirekte Treibhausgasemis- sionen aus eingekaufter Energie wie Strom, Wasser- dampf, Fernwärme oder -kälte, die außerhalb der eigenen Systemgrenzen von Unternehmen erzeugt, aber von ihnen verbraucht werden. Wird beispielswei- se Strom, der von einem Versorgungsunternehmen erworben wird, außerhalb erzeugt, gelten die dadurch entstehenden Emissionen als indirekte Emissionen. Wenn Unternehmen selbst Energie aus Quellen erzeugen, die von ihnen verantwortet oder kontrolliert werden, gelten die damit verbundenen Emissionen als direkte Scope-1-Emissionen. Dasselbe gilt für Unter- nehmen wie Stromversorger oder -anbieter, die über eigene Anlagen zur Stromerzeugung verfügen und den erzeugten Strom vollständig in das lokale Strom- netz einspeisen. Die Treibhausgasemissionen aus die- sen Anlagen werden unter den Scope-1-Emissionen er- fasst. Zusammenfassend lässt sich sagen, dass der Geltungsbereich Scope 2 nur indirekte Emissionen umfasst, die durch die Erzeugung von eingekaufter Energie entstehen. Sonstige Emissionen aus der Pro- duktion und Verarbeitung vorgelagerter Brennstoffe oder der Verteilung von Energie in einem Netzwerk werden unter Scope 3 erfasst. Scope 3 – indirekte Emissionen innerhalb der Wertschöpfungskette Scope 3 umfasst alle indirekten Emissionen, die ent- lang der Wertschöpfungskette von Unternehmen ent- stehen. Um eindeutig zwischen den Geltungsberei- chen Scope 2 und 3 zu unterscheiden, beschreibt die US Environmental Protection Agency (EPA) Scope-3- Emissionen als „das Ergebnis von Aktivitäten aus Anlagen, die nicht im Besitz Ihres Unternehmens sind oder von ihm kontrolliert werden, aber Ihr Unterneh- men diese Aktivitäten innerhalb der eigenen Wert- schöpfungskette unmittelbar beeinflusst“. Obwohl diese Emissionen nicht von Unternehmen kontrolliert werden, können sie durchaus den größten Anteil der Treibhausgasemissionen von Unternehmen ausmachen. Auf Grundlage der finanziellen Transak- tionen des berichtenden Unternehmens unterscheidet das GHG Protocol bei den Scope-3-Emissionen zwi- schen vor- und nachgelagerten Emissionen: Vorgelagerte Emissionen umfassen die indirekten Treibhausgasemissionen innerhalb der Wertschöp- fungskette eines Unternehmens, die in Verbindung mit eingekauften Waren und Dienstleistungen stehen. Nachgelagerte Emissionen sind die indirekten Treib- hausgasemissionen innerhalb der Wertschöpfungsket- te eines Unternehmens, die in Verbindung mit dessen verkauften Waren und Dienstleistungen stehen und entstehen, nachdem sie den Besitz oder die Kontrolle des betreffenden Unternehmens verlassen haben. 102 N o . 4/2023 | institutional-money.com THEORIE & PRAXIS | Nachhaltigkeitsmanagement

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